Kapitel 40~M.

481 19 11
                                    

Die Bäume zogen an mir vorbei, als ich durch den Wald sprintete. Die Stimmen der Tiere verzogen sich in der Luft und ich nahm sie kaum noch wahr. Das einzige was ich hörte war das Trippeln meiner Pfoten. Ich genoss dieses Gefühl, einfach frei zu sein. Ohne Sorgen und Probleme. Das war meine Bestimmung.

Ich erreichte den See, den ich unbewusst angesteuert hatte. Ich drosselte mein Tempo und blieb direkt vor dem schimmernden Wasser stehen. Ein Geräusch zog meine Aufmerksamkeit auf sich und ich sah nach rechts zu einem Baum, auf dem etwas rotes zu sein schien.

Mila Kingston-30.6.2013

Ein lautes Jaulen ertönte und ich zuckte zusammen.

Meine Augen öffneten sich schlagartig und ich starrte an die weiße Decke über mir. Mein Herz pochte doppelt so schnell wie sonst und die Bilder meines Traumes durchfluteten noch immer mein Gedächtnis. Ein merkwürdiger Traum, in einer merkwürdigen Nacht, nach einem merkwürdigen Tag. Ich sah mich im Zimmer um und sah wie Marie friedlich auf der Gästematratze schlief.

Sie kam mir so bekannt vor, obwohl ich sie nicht kannte. Wahrscheinlich kam dieses Gefühl von den kurzen Erinnerungen, die ich nach dem Sturm hatte. Vielleicht war ich auch einfach nur ein bisschen verwirrt und konnte nicht klar denken.

Ich stand leise vom Bett auf und machte mich auf den Weg zur Küche, damit ich etwas trinken und meinen Kopf frei kriegen konnte. Ich tiegerte die Treppe hinunter und passierte das Wohnzimmer bis zur Küche, wo ich mir dann ein Glas mit Wasser füllte. Ich trank einen Schluck und schaute aus dem Fenster, welches über der Arbeitsplatte war. In der Nacht hatte wohl ein großer Fuchs einen kleinen Spaziergang über unser Grundstück gemacht, denn ich konnte Pfotenabdrücke erkennen. Ich beobachtete einen kleinen Spatz, der fröhlich im Garten sang, als ich plötzlich Stimmen hörte die aus meinem Zimmer zu kommen schienen.

Ich ging verwundert wieder zu meinem Zimmer und lugte beim Türrahmen hervor. Ich erkannte Marie mit einem mir unbekannten Jungen, bei dem mir aber sofort eine unglaubliche Wut und Enttäuschung aufkam. Der Fremde blickte Marie leicht wütend aber auch ein bisschen peinlich berührt an, als diese ihn anschrie : "Was hast du getan?"

"Ich dachte es wäre besseer so. Er wollte ihr etwas tun! Ich musste ihn umbringen", meinte er ganz gelassen und auch etwas verwundert über Maries Wutausbruch.

Dieser Fremde hatte jemanden umgebracht? Ein Mörder stand dort in meinem Zimmer und Marie wusste davon? "Du hattest kein Recht dazu! Er war mein Vater", flüsterte Marie nun schon fast und schluchzte leise auf.

Dann herrschte Stille und ich musste etwas tun. Ich trat in mein Zimmer und fragte an Marie gerichtet: "Wer ist das?" Als der Junge seine Augen auf meine richtete, spürte ich einen Stich in meinem Herzen, der sich richtig tief einbohrte. Bevor Marie mir antworten konnte, sprach der Fremde schon: "Mila, was soll das?"

"Woher weißt du meinen Namen?", fragte ich ihn empört und leicht beängstigt über seine Reaktion. Er musterte mich und sah dann Marie an, woraufhin sich sein Gesicht in Unglaube und Wut wandelte: "Nein", schrie er und raufte sich bestürzt seine Haare. "Sag mir bitte, dass das nicht wahr ist. Marie, sag mir, dass das nicht real ist."

Marie sah ihn mitleidig an, ihre Stimme war aber abweisend als sie sagte: "Ich denke du gehst jetzt besser."

Er nickte leicht und wandte sich dann noch einmal an mich :"Es tut mir so leid, jetzt bist du so wie ich." Ich sah ihn verdutzt an und anwortete: "Ich bin keine Mörderin." 

Er warf mir noch einen betroffenen Blick zu und ging dann an mir vorbei, wobei seine Hand meine leicht streifte und ich sofort spürte ich wieder diesen Stich. Als er weg war fragte ich Marie aus, aber sie sagte nur, dass er etwas neben der Spur sei und ich mir über ihn nicht weiter Gedanken machen sollte. "Ich muss mal an die frische Luft. Ich brauche ein bisschen Zeit zum Nachdenken", warf ich dann in den Raum und wartete auf ein Nicken von Marie, bevor ich den Raum verließ.

Ich trat an die frische Luft und schlug den Weg in den Wald ein, ohne darüber nachgedacht zu haben. Die klare Luft benebelte meinen Kopf jedoch nur noch mehr, denn irgendwie schien ich meine Beine nicht kontrollieren zu können.

Ich wusste nicht wie lange ich schon gegangen war, als sich die Bäume lichteten und den Blick auf einen See freigaben. Den See aus meinem Traum. Der leichte grün Schimmer, welcher auf dem ruhigen Wasser lag sah so harmonisch und sinnlich aus. Ich trat näher an das Wasser, wobei ich neben einem Baum stehen blieb.

Ich erinnerte mich nochmal an den Traum und blickte schlagartig nach rechts. Dort sah ich rote Farbe, die jemand verschmiert hatte, ich konnte nur einen Buchstaben erkennen: M.

Plötzlich trat jemand neben mich und ohne dass ich zu dieser Person schaute, wusste ich wer es war.

Ihre weichen Haare berührten meine Schultern. "Was hat das zu bedeuten?", fragte ich sie leise.

Marie strich mit ihrer Hand über den Baum und antwortete traurig: "Es ist ein Ende."



Ende




Emerald wolveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt