Kapitel 17~Kyles Verwandlung

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Ich legte mich hin und starrte zum See. „Ach komm, jetzt sei doch nicht beleidigt“, meinte er, legte sich neben mich und tippte mit seiner Schnauze gegen meine. „Ich hab mir keine Sorgen um dich gemacht“, antwortete ich in Gedanken und wiederholte somit meine letzte Aussage. Ich hatte mir Sorgen um ihn gemacht, aber das würde ich ihm gegenüber nie zugeben. „Natürlich.“ hörte ich ihn belustigt im meinem Kopf. „Genauso wenig wie du dir nach dem Kampf um mich gemacht hattest.“ Bei der Erwähnung des Kampfes hob ich ruckartig den Kopf und sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. Ich hörte ein seufzen seinerseits, da er anscheinend bemerkt hatte, dass er mich nur daran erinnert hatte, wie ich von allen Seiten belogen wurde.

„Fang bitte nicht schon wieder damit an“, flehte er, bevor ich auch nur die Chance hatte eine Frage in meinen Gedanken zu formulieren. „Wirst du mir etwa immer noch nicht die Wahrheit sagen? Denkst du nicht, nachdem wie du mich angelogen hast, bist du mir das schuldig?“, fragte ich ihn vorwurfsvoll. Er seufzte erneut und senkte den Kopf.

Ich wollte wieder etwas fragen, da hob er den Kopf plötzlich und ich hörte ihn in meinen Gedanken sprechen: „Es war wahrscheinlich wirklich nicht richtig von mir dich anzulügen... Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung wie du dich im Moment fühlst, da ich im Rudel aufgewachsen bin, wie jeder Andere auch, außer du. Ich habe mich, vor zwei Jahren, mit 16 Jahren das erste Mal verwandelt, also auch nicht wie üblich mit 18 Jahren. Ich wurde damals von einem Wolf angegriffen und Jake, dein Vater, hatte mich gerettet. Er hatte mir das Leben gerettet, so wie ich dir beim Sturm das Leben gerettet hatte und nur bei so einer Situation verwandelt man sich früher. Ich war Jake etwas schuldig und deshalb hat er mich zu dir geschickt, damit ich auf dich aufpasse.“ Ich war überrascht, dass er mir nun etwas von ihm erzählt hatte, das der Wahrheit entsprach. Trotzdem konnte ich nichts gegen meine Neugier, weshalb ich fragte: „Welcher Wolf hatte dich angegriffen?“

Ich bereute ihn überhaupt danach gefragt zu haben, da er eine lange Weile nichts sagte. Doch dann vernahm ich seine Stimme erneut in meinem Kopf: „Es war Drake, mein Bruder. Wir waren an dem Tag mit einem anderen Wolf von unserem Rudel gemeinsam auf der Jagd. Wir hatten uns aufgeteilt. Irgendwann hatte ich ein Jaulen gehört. Bis ich beim Geräusch ankam, war der Wolf schon tot und neben ihm stand Drake, mit blutverschmierter Schnauze und Pfoten.“ „Warum hat es das getan?“ „Er war schon immer neidisch auf ihn gewesen, da er bei so gut wie allen Dingen besser war, als Drake, aber ich hätte niemals gedacht, dass er zu so etwas fähig sein würde... Ich war geschockt und wütend. Ich wollte zum Rudel laufen und ihm davon berichten, aber Drake ging auf mich los, er wollte mich auch töten. Er war sogar kurz davor gewesen, ich hatte keine Chance gegen ihn gehabt, da er ja ein Wolf war und somit stärker und schneller. Bevor er zum tödlichen Schlag ansetzten konnte, kam dein Vater und hat ihn verscheucht. Deswegen wurde er vom Rudel verbannt und streift nun durch den Wald, darauf wartend das zu Ende zu führen, was dein Vater verhindert hatte.“

Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Mit so etwas hatte ich wirklich nicht gerechnet. Man hatte Drake ansehen können, dass er keine guten Absichten hegte, aber das er dazu fähig war, einen Wolf von seinem eigenen Rudel zu töten und noch dazu seinen eigenen Bruder töten wollte, das hatte ich niemals gedacht.

Ein Blick auf Kyle verriet mir, dass er damit auch noch nicht klar kam. Er hatte den Blick zum Boden gesenkt und sah erniedrigt aus. Ohne darüber nach zu denken strich ich tröstend mit meiner Schnauze gegen seine. Er schloss die Augen und so verweilten wir eine Weile.

Wir dachten nichts, sondern lagen einfach nur da, nebeneinander und ich mit meiner Schnauze an ihn gelehnt. Mein Ärger gegenüber ihm war verflogen. Er hatte mir die Wahrheit gesagt, seit langem hat mir mal jemand die Wahrheit gesagt. Er hatte mir von sich erzählt und ich war froh, dass er mir soweit vertraute, dass er mir erzählt hatte was passiert war.

Er hatte mich nichts über mich erzählte, keine meiner vielen Fragen gegenüber meiner Situation beantwortet, aber das hatte in dem Moment ganz vergessen. Ich wusste nicht ob er geplant hatte mich mit seiner Geschichte abzulenken oder ob er gar nicht daran gedacht hatte.

Mir weiter darüber Gedanken machen konnte ich nicht, da mir die Augen zufielen und ich in einen leichten Schlaf fiel.

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Ich öffnete die Augen und sah geradewegs in den mit Sternen besetzten Nachthimmel. Ich sah an mir runter und stellte fest, dass ich wieder ein Mensch war.

Als mir wieder einfiel, wie ich eingeschlafen war, drehte ich meinen Kopf zu Kyle, an dessen Schulter ich angelehnt lag. Er war auch wieder ein Mensch und grinste mich an. Ich stand schnell auf, da mir in dem Moment die Situation peinlich wurde. Ich wurde rot und versuchte dies zu verbergen in dem ich mein Kopf neigte und meine Hose vom Dreck abklopfte.

Ich hörte wie Kyle leise lachte, da ihm meine Reaktion natürlich nicht entgangen war. Der bedrückende Moment, als er mir von sich erzählt hatte, war wie verschwunden und Kyle war wieder ganz der Alte.

Emerald wolveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt