Kapitel 39~Gemischte Gefühle

357 21 0
                                    

"Mila!", rief eine Frau, als ich aus dem Haus ging. Tränen liefen der Frau übers Gesicht, als sie mich in ihre Arme schloss. Unbeholfen stand ich da und wusste nicht, was ich tun sollte. Wer war diese Frau?

"Anelia? Sie- sie kann sich nicht mehr erinnern", sagte das Mädchen, Marie, neben mir. Woran konnte ich mich nicht mehr erinnern? Ich war total verwirrt. Die Frau ließ mich wieder los und ich sah mich um. Wir waren auf einer großen Lichtung in Mitten eines Waldes. Schöne Häuser waren hier aufgebaut und hier und da waren anderen Menschen. Nichts davon schien mir vertraut. Wie bin ich überhaupt hier her gelangt? 

"Wieso kann sie sich nicht mehr erinnern? Jake kann sich doch auch noch erinnern!", stieß die Frau zwischen zwei Schluchzern hervor. "Sie ist erst vor wenigen Wochen gewandelt, während Jake schon so lange damit gelebt hat... Ich denke das ist der Grund", erklärte Marie und die Frau schien zu verstehen, auch wenn sie nicht begeistert wirkte. "Ich hab doch schon Jake verloren. Ich kann überhaupt nicht mehr mit ihm reden! Ich kann nicht auch noch sie verlieren." 

Sie sah mich aus ihren grünen Augen an und unendliche Trauer war in ihnen zu sehen. Sie sah total fertig aus und sie tat mir leid. Auch wenn ich sie nicht kannte, empfand ich sofort Sympathie für sie. Sowie ich auch sofort Marie vertraute, obwohl ich sie heute das erste Mal gesehen hatte. 

"Wird sie sich denn irgendwann erinnern?", fragte Anelia und sah Marie flehend an. Marie wirkte unsicher und antwortete: "Ich weiß es nicht... Aber wäre es denn so schlimm, wenn es nicht der Fall wäre?" Sie beugte sich zu Anelia und sprach leise, wie als wollte sie, dass ich es nicht verstand. Dennoch hörte ich einen Namen heraus. Kyle. Etwas regte sich in mir, als ich diesen Namen hörte. Ich spürte wie mir warm ums Herz wurde, aber gleich darauf spürte ich einen Stich. Ich wusste nicht weshalb ich solche gemischten Gefühle hatte. Zuneigung und Trauer. 

"Kann mir vielleicht einer erklären was das alles zu bedeuten hat?", fragte ich. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen, da ich vollkommen verwirrt war. "An was kannst du dich denn noch erinnern?", fragte Marie und sah mich besorgt an. Ich überlegte und versuchte angestrengt mich an etwas zu erinnern. 

"Da war ein Sturm und ich bin grade von der Schule gekommen. Ich kann mich nur noch erinnern wie ich mich auf den Weg nach hause gemacht habe. Bin ich in Ohnmacht gefallen oder so?", fragte ich und versuchte mich an mehr zu erinnern, aber da war nichts mehr. Marie blickte unschlüssig zu Anelia, woraufhin diese antwortete: "Ja, das bist du. Wir haben dich gefunden und hier her gebracht. Du bist einpaar Mal aufgewacht und hast geredet, aber anscheinend kannst du dich nicht mehr daran erinnern" Sie schluckte schwer und schaute dann weg. "Und wer ist dieser Kyle?", fragte ich. Beide sahen mich überrascht an und dann fügte ich schnell hinzu: "Ihr habt doch eben etwas über ihn gesagt." Marie wirkte enttäuscht, antwortete aber dennoch: "Er war es, der dich gefunden hat und hier her gebracht hat." "Kann ich zu ihm? Ich möchte mich bedanken!", erwiderte ich, ohne wirklich darüber nachgedacht zu haben. 

Marie schüttelte ihren Kopf und meinte: "Er musste wieder gehen, weil er noch etwas erledigen wollte. Aber ich richte es ihm aus, wenn du willst." Ich gab mich damit zufrieden, auch wenn ich ihn unbedingt sehen wollte, warum auch immer... Jedenfalls wollte ich jetzt nach Hause, meine Mutter machte sich bestimmt schon Sorgen. Das sagte ich ihnen auch und sie bestanden darauf mich dorthin zu begleiten. 

"Bist du und deine Mutter hier neu hingezogen? Ich habe euch hier noch nie gesehen", fragte ich an Marie gewandt. Anelia, die vor uns ging, hatte uns über die die Schulter mit einem komischen Blick angesehen, aber ich wusste nicht wieso. Marie blickte ebenfalls zu Anelia und meinte dann: "Ja, meine Tante und ich sind vor ein paar Tagen hierher gezogen." Danach herrschte eine bedrückende Stille. Es war als würde Marie gerne noch etwas sagen, es aber aus einen Grund nicht tat. Mir fiel wieder ein, was sie, gleich nachdem ich aufgewacht war, gesagt hatte. "Was meintest du eigentlich vorhin damit, dass ich dich am Anfang nicht gemocht hatte und dann wolltest du mit mir befreundet sein, aber dass ich dann alles vergessen hatte. Ich kenne dich doch überhaupt nicht." 

Sie atmete tief ein und antwortete dann: "Wie Anelia schon gesagt hat, bist du ein paar Mal aufgewacht und da warst du erstmal überrascht und konntest mich irgendwie nicht leiden. Und ich kenne hier ja noch niemanden, deshalb hatte ich einfach gehofft wir könnten Freunde sein." "Klar können wir Freunde sein", antwortete ich sofort und bereute es überhaupt nicht so schnell geantwortet zu haben. Sie lächelte mich an, auch wenn dieses Lächeln ihre Augen nicht ganz erreichte. Sie und Anelia schienen wegen etwas sehr traurig zu sein, aber ich wollte lieber nicht danach fragen, das war dann doch zu privat. Vielleicht hatten sie ja einen geliebten Menschen verloren. Sie haben doch von jemanden, der Jake hieß, geredet. Möglicherweise war mit ihm etwas...

Ich hörte auf mir darüber Gedanken zu machen, als wir vor meinem Haus stehen blieben. Wir klopfen und wenig später öffnete meine Mutter die Tür. Ich fiel ihr sofort in die Arme und sagte, dass ich sie unglaublich vermisst hatte. Ich hatte sie zwar seit einigen Stunden erst nicht mehr gesehen, aber es fühlte sich an, wie Wochen. Sie schien zuerst etwas überrascht, schloss dann aber auch ihre Arme um mich. Nach einer Weile löste ich mich wieder und fragte, ob sie sich viele Sorgen gemacht hätte, nachdem ich beim Sturm nicht nach Hause gekommen war. 

Sie blickte mich verwirrt an und schaute kurz hinter mir zu Anelia und Marie. Dann fiel ihr Blick wieder auf mich und sie meinte: "Ich habe mir Sorgen gemacht, aber jetzt bist du ja wieder da. Geh doch in dein Zimmer und ruh dich etwas aus." Ich nickte und tat genau das. Hinter mir hörte ich noch wie meine Mutter die beiden rein bat und wie sie sich dann leise miteinander unterhielten.

Ich ging währenddessen in mein Zimmer und setzte mich auf mein Bett. Wenig später gesellte sich Marie zu mir und verkündete: "Deine Mutter hat vorgeschlagen, dass ich heute hier übernachten kann, weil ich mich ja um dich gekümmert habe und sie dachte, dass du etwas Gesellschaft vertragen kannst. Wenn das für dich kein Problem ist." Ein Lächeln erschien auf meinen Lippen. "Ja, das wäre super! Wir könnten ja einen Film ansehen. So wie es Freunde machen." 

Sie lächelte daraufhin und diesmal erreichte das Lächeln auch ihre Augen.



Emerald wolveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt