Wir gingen gemeinsam aus dem Haus und Kyle führte mich durch den Wald. Ich versuchte herauszufinden, wo wir waren, aber ich hatte mich in dem Wald noch nie gut ausgekannt und das obwohl unser Haus mitten im Wald lag. Ich kannte nur zwei Wege. Ein Weg, wie man von unserem Haus nach draußen kam und ein anderer Weg, wie man von unserem Haus zu dem Emerald Lake kam. Sonst mied ich den Wald so gut ich konnte, da meine angebliche Mutter immer gesagt hatte, dass der Wald gefährlich sein würde.
Ich gab es auf herauszufinden wo wir waren, stattdessen versuchte ich mir den Weg zu merken, den wir gingen, das gab ich aber auch schnell wieder auf, da sowieso alles gleich aussah. Kyle hatte anscheinend kein Problem mit der Orientierung. Er ging zielstrebig durch den Wald und machte einen sicheren Eindruck.
„Wie lange noch?“, quengelte ich, da wir sicherlich schon fast eine stunde gegangen waren. „Nicht lange“, antwortete Kyle knapp. „Warum bist du eigentlich immer so angespannt?“, fragte ich ihn. Ich hatte sowieso nichts zu tun, da konnte ich auch ein Gespräch mit ihm anfangen, dachte ich mir. „Fragte diejenige, die kein Spaß versteht“, murmelte er laut genug, dass ich es hörte. „Ich versteh' Spaß!“, rief ich empört. Kyle schnaubte belustigt und meinte: „Ich bitte dich, wenn du dir eine Komödie ansehen würdest, würdest du sicherlich weinen.“ Ich sah ihn genervt an, woraufhin er sagte: „Siehst du! Das war auch ein Witz gewesen und du hast noch nicht einmal gelächelt.“ „Weil es ein beleidigender Witz war. Das finde ich nicht lustig“, verteidigte ich mich. „Ja, weil du eben kein Humor hast“ wiederholte er seine Aussage von vorher. „Ich habe Humor“, antwortete ich. „Willst du diese Diskussion jetzt ernsthaft weiterführen?“, fragte er und sah mich an. „Ja“
Er verdrehte die Augen und verschnellerte seinen Schritt, sodass ich Mühe hatte mitzuhalten. Irgendwann blieb er vor einem großen Gebüsch stehen, sodass ich fast gegen ihn lief. Ich stoppte noch im letzten Moment und stellte mich neben ihm. „Hinter diesem Gebüsch“, sagte er „wartet eine Wolfsarmee, die dich zerfleischen wird.“ Meine Augen wurden groß und ich fing, bei dem Gedanken an zu Zittern. Er sah meine Reaktion und meinte: „das war wieder ein Witz gewesen.“ „Du Idiot“, rief ich und schlug ihn auf seinen Arm. Er lachte bloß, was mich noch mehr aufregte. „Ich hab doch gesagt, dass du kein Humor hast“, sagte er. Ich sah ihn böse an und er redete weiter. „Jedenfalls brauchst du keine Angst du haben. Hinter dem Gebüsch sind zwar Wölfe, aber die werden dich nicht zerfleischen wollen, na ja manche vielleicht doch...“ „Ist das jetzt wieder einer deiner unlustigen Witze?“, fragte ich ihn genervt. „Nein, es könnte da wirklich einige Wölfe geben, die nicht unbedingt begeistert von dir sind“, sagte er ernst, woraufhin ich nervös schluckte.
„Wie kommen wir den auf die andere Seite des Gebüsches? Gehen wir durch das Gebüsch?“, fragte ich ihn um das Thema zu wechseln. „Da kannst du gerne machen, aber ich bevorzuge die einfachere Variante“ sagte er und ging nach rechts um, um das Gebüsch zu gehen. In dem Moment hätte ich mich am liebsten selbst geohrfeigt, weil ich so eine blödsinnige Frage gestellt hatte. Ich folgte ihm und war überrascht, als ich sah was sich hinter dem Gebüsch verborgen hatte. Ich wusste nicht mit was ich gerechnet hatte, aber sicherlich nicht mit einer großen Lichtung auf der unzählige kleine Häuser waren. In der Mitte gab es eine freie Fläche und dann ein Weg, welcher zu einem etwas größeren Haus führte. Hier und da waren Menschen, von denen ich mir sicher war, dass sie eigentlich Werwölfe waren. Es kam mir so vor, als würden sie Kyle und mich beobachten, sie aber versuchten ihre Blicke zu verstecken.
„Wo sind wir hier?“, fragte ich an Kyle gerichtet. „Das“, er zeigte auf die Lichtung „ist dein Rudel, dein zu hause.“ Ich sah nochmal die Lichtung an, als mir ein Gedanke kam. Ich blickte wieder Kyle an und fragte: „Heißt das, hier sind auch meine Eltern, meine richtigen Eltern?“ Er nickte als Antwort. Er ging auf die freie Fläche in der Mitte zu und bedeutete mir, ihm zu folgen, was ich dann auch tat. Ich spürte die Blicke der anderen immer noch auf mir, jedoch versuchte ich diese so gut wie möglich zu ignorieren. Kyle blieb erst stehen, als wir vor dem größten Haus ankamen. Er klopfte an die Tür und stellte sich neben mich. Die Tür wurde geöffnet und eine wunderschöne Frau mit roten Haaren und grünen Augen stand vor uns. Sie sah zuerst Kyle an und dann mich. Ihr Augen wurden groß und sie hielt sich die Hand vor dem Mund, so als wäre sie erstaunt mich zu sehen. „Jake“ rief sie und ein hochgewachsener Mann mit braunen Haaren und braunen Augen erschien hinter ihr. „Wir haben unsere Tochter wieder“, flüsterte die Frau und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Das waren also meine richtigen Eltern, dachte ich. Meine Eltern, die mich einfach zu einer Fremden Person weggeschickt hatten.
„Warum hast du sie schon jetzt hergebracht? Sie ist doch noch nicht 18“, fragte der Mann an Kyle gerichtet. „Sie hat sich frühzeitig in einem Werwolf verwandelt.“ Die Frau sah mich immer noch an. Auf einmal schloss sie mich in die Arme und ich hörte ein Schluchzen ihrerseits. Ich wusste nicht was ich tun sollte, weshalb ich einfach nichts tat. „Anelia, lass ihr noch etwas Zeit“, hörte ich Jake hinter ihr sagen. Die Frau, Anelia, löste sich von mir und wischte sich über die Augen. „Natürlich, du hast sicher ganz viele Fragen! Kommt rein“, sagte sie lächelnd und machte uns Platz. Kyle und ich gingen zu einem Raum, welcher aussah wie das Wohnzimmer, und setzte uns auf ein Sofa. Jake und Anelia setzten sich gegenüber von uns. Ich fummelte nervös an meinen Finger, da ich nicht wusste, was ich sagen oder tun sollte.
„Ich glaub ich sollte euch alleine lassen“, meinte Kyle und stand auf. „Nein!“, rief ich und hielt ihn an seinem Arm fest. Er war der einzige den ich hier einigermaßen kannte und ohne ihn würde ich mich nur noch unsicherer fühlen. „Bleib hier“, sagte ich und sah ihn bittend an. Kyle sah mich eine Weile an und setzte sich letztendlich neben mich. Ich ließ seinen Arm nicht mehr los, da er mir damit irgendwie Halt gab.
Nach einer Weile des Schweigens fragte Jake an mich gewandt: „Was willst du erfahren?“
DU LIEST GERADE
Emerald wolve
WilkołakiWährend eines starken Sturmes wurde die 16 Jährige Mila Kingston fast von einem Baum erschlagen. Dank einer unbekannten Person wurde sie gerettet. Wer diese Person war und welch ein Schicksal Mila bevorstand, erfuhr sie noch früh genug.