Epilog

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Die Tage nach der Arena wurden zu Wochen und die Wochen wurden zu Monaten und schließlich zu Jahren. 

Heute ist es genau 10 Jahre her, dass Sienna in den Hungerspielen starb und er zum Sieger gekrönt wurde. Es war das schlimmste für ihn gewesen seine Trauer soweit zu unterdrücken, dass er die öffentlichen Arbeiten erledigen konnte. Aber irgendwie hatte er es geschafft. Er hat die ganzen Interviews durchgehalten, immer wieder betont wie sehr er Sienna mochte, aber wie sehr er sich freut gewonnen zu haben. Hector kann sich gar nicht mehr daran erinnern wie oft er gesagt hat: "Es ist mir eine Ehre, dass ich die Hungerspiele gewonnen habe" und dabei in die Kamera gegrinst hat. Und es kein einziges Mal ernst gemeint hat. Das alles war noch zum aushalten, aber die Siegesfeier war das schlimmste das er  bis zu diesem Zeitpunkt je durchmachen musste. Die Kameraleute aus dem Kapitol entscheiden sich jedes Jahr für ein besonderes Thema bei dem Abschlussfilm, den der Siegertribut von seinem Thron aus ansehen muss und in diesem Jahr haben sie sich für ihre Liebesgeschichte entschieden, es wurden Szenen eingeblendet von denen er gar nicht wusste das sie je aufgenommen wurden, Szenen aus der Arena in denen sie sich sicher waren, dass sie ganz alleine waren. Aber vor allem wurde der Werdegang gezeigt, wie sie von Fremden zu Freunden wurden, dann zu Liebhabern und schließlich zu Tributen. Er konnte nie wegschauen, jedes einzelne Detail sah er sich genau an und von der ersten Sekunde an wusste er Siennas Opfer zu schätzen. Als der Film zu ihrem ersten Kuss kam konnte er die Tränen nichtmehr zurückhalten, er konnte sich noch so gut an diesen Moment erinnern, die ganze Unsicherheit und Freude war noch so frisch und doch von seiner Trauer überschattet. Dann zeigten sie seinen Kampf gegen die Kapitolsmutation die aussah wie Sienna, gefolgt von Siennas Tod. Und schließlich sah man noch wie Hector sie in den Greifarm legte und sie für immer verschwand. Das Kapitol liebte die Geschichte, sie konnten gar nicht genug davon bekommen und wollten an seinem Leid teilhaben. Einige waren sicher dabei die wussten wie es sich anfühlt wenn an einen geliebten Menschen verliert und haben sich zurückgehalten, aber der größte Teil der Bevölkerung forderte immer mehr Informationen und war unglaublich enttäuscht als er ihnen erklärte dass es nicht mehr Informationen gäbe. Alles was zwischen Sienna und ihm passiert ist sei auf den Materialien zu sehen gewesen. Und er fühlte sich keine Sekunde schlecht für die Lüge, immerhin geht sie nicht alles etwas an.

Hector dachte damals dass die formellen Veranstaltungen im Kapitol die schlimmsten waren und war heilfroh sie endlich hinter sich zu haben. Aber der eigentliche Horror begann erst als er die einzelnen Distrikte besuchen musste und den Familien gegenüberstand die erst vor kurzem ein Kind verloren hatten. Viele hatte er selbst getötet um auf diesem Podest stehen zu können und die vorgefertigte Rede herunterleiern konnte. Aber er schaffte es nicht diese Rede über "Panem heute, Panem morgen, Panem für immer" in Distrikt 7 aufzusagen als er Siennas kleinen Geschwistern gegenüberstand. Die Kinder standen eng an Kayla gedrängt, die die beiden kleinsten auf den Armen trug und leise weinte. Er brachte es einfach nicht fertig die Abgedroschene übliche Rede zu halten, also holte er tief Luft, straffte seine Schultern und fing an zu reden. "Ich kann euch gar nicht sagen wie viel mir Siennas Opfer bedeutet, genauso wenig kann ich euch sagen wie sehr ich sie vermisse und wie sehr ich mir wünsche dass sie hier mit mir zusammen steht. Sie ist, war, das wundervollste Mädchen das ich je treffen durfte und ich bin für jede Sekunde dankbar die ich mit ihr teilen durfte. Ich weis dass es in der Arena nicht immer danach ausgesehen hat, manchmal haben wir für verschiedene Teams gekämpft oder uns gestritten, aber ganz tief im Inneren haben wir immer beide gewusst wie wir fühlen. Für mich war es Liebe auf den ersten Blick, sie hat mich vom ersten Moment an um den Finger gewickelt, als sie so siegessicher in die Kameras gelächelt hat. Sie hat mir meinen Atem genommen als ich sie das erste mal live sah. Wenn sie jetzt hier wäre würde sie mir bestimmt in die Schulter boxen und sich über meine 'romantische Seite' lustig machen, glauben sie mir, ich kann den Schlag schon fast spüren. Genauso wie ich spüren kann dass sie irgendwo da oben ist und über uns wacht. Vor allem natürlich über ihre kleine Geschwister und über  dich, Kayla, aber ich hoffe dass sie auch hin und wieder mal nach mir sieht und aufpasst. Sie hat mir das Leben gerettet aber mir auch gleichzeitig den Lebensmut genommen. In den ersten Tagen nach den Spielen konnte ich mich gar nicht richtig über meinen Sieg freuen, sosehr wollte ich dass sie gewinnt. Ich hatte sogar schon eine ganze rede vorgefertigt wie ich sie dazu überreden könnte mich zu töten und nach Hause zurückzukehren, aber soweit ist es leider nicht gekommen. Ich will das ihr wisst, dass sie wirklich heimkommen wollte und dies auch immer wieder gezeigt hat. nach aussen hat es vielleicht so ausgesehen als ob sie mich beschützt aber sie hat immer nur versucht wohlauf zu euch zurückkehren zu können. Eines Nachts in der Arena dachte sie dass ich schon schlafe und hat mir unter Tränen zugeflüstert wie sehr sie selbstlos sein wollte und mich gewinnen lassen wollte, aber dass sie es einfach nicht übers Herz bringen würde ihre Geschwister im Stich zu lassen. Das hat mich sehr berührt, denn genau wie sie alle wusste ich nie wohin diese Beziehung führen sollte, ich wusste, dass wir nur eine kurze Zeit haben würden, wir beide waren uns darüber im klaren, aber ich wusste nicht wie sehr wir uns ineinander verlieben würden. An manchen Tagen, wenn ich sie besonders vermisse, also zur Zeit an jedem Tag, wünsche ich mir kurz sie nie kennengelernt zuhaben. Aber dann fällt mir wieder eine Weisheit meines Großvaters ein, die er mir erklärt hat als ich Großmutter nach ihrem Tod vergessen wollte um den Schmerz abzustellen. 'Hector,"hat er gesagt, ' stell dir doch mal eine Kindheit ohne sie vor, ohne dass dir jemand einen Kuchen backt, auf dich aufpasst wenn deine Eltern keine Zeit haben, ohne jemanden der dich so liebt wie nur eine Großmutter dich lieben kann. Auch wenn du nur eine kurze Zeit mit ihr hattest, so ist eine kurze Zeit immer noch besser als gar keine Zeit mit ihr'. Und es stimmt tatsächlich, auch wenn es mir jetzt mehr wehtut als ich jemals in Worte fassen könnte, weis ich ganz genau dass ich diesen Schmerz immer wieder in Kauf nehmen würde um auch nur einen Tag mit ihr verbringen zu können, denn ein Tag ist besser als kein Tag. Ich will mich an dieser Stelle bei allen ihren Geschwistern und Freunden stellvertretend für ihr Leben und somit auch meines bedanken, das ist eine Schuld die ich ihr niemals mehr zurückzahlen kann, aber ich verspreche euch dass ich sie niemals vergessen werde!". Hectors Blick schweift durch die Menge, bis er wieder bei Kayla und den Kindern landet. Er sieht dass Kayla unter Tränen lacht und nickt. Er hatte genau das richtige gesagt und wusste dass sie es den Kindern sagen würde wenn diese alt genug wären. 


"Daddy! Daddy! Hör auf zu träumen! Wir wollten doch in den Wald gehen!", Hector stöhnt gequält auf als seine kleine Tochter auf seinen Bauch springt. Kichernd hüpft sie auf der Couch herum und ihre blonden Locken fliegen nur so in der Luft herum. "Ist ja schon gut, Liebling, wir gehen sofort los!", beschwichtigt er seinen kleinen Wildfang. Dann steht er plötzlich auf, schnappt sich sein Kind und wirbelt sie in die Luft. Sofort fängt sie an wie verrückt zu quietschen und wieder zu kichern. Er setzt sie auf seine Schultern und macht sich auf den Weg nach draussen. "Sienna? Hast du die Kette die ich dir gegeben habe noch?", fragt er prüfend und betet dass sie die Kette nicht verloren hat. Es war die Kette die Sienna Deer ihm in der Arena geschenkt hat, bevor sie gestorben ist. "Natürlich, Daddy. Wie könnte ich je die Kette von Tante Sienna verlieren?", antwortet sie fast schon anklagend. Mit dieser Erkenntnis tritt er vor sein Haus.

 Es ist nichts besonderes, sein pompöses Haus im Viertel der Sieger steht schon seit 5 Jahren leer. Er wollte seine Ruhe haben und hat sich sofort zu diesem Haus hingezogen gefühlt. Es hat zwei Stockwerke und liegt inmitten einer wundervollen Lichtung, die an ein kleines Waldstück grenzt. Weit weg vom Trubel der Stadt, und seit ein neuer Tribut vor 5 Jahren die Spiele gewonnen hat, muss er nichtmehr mit in das Kapitol. Also hat er sich mitsamt seiner Familie hierher zurückgezogen. "Liebling? Bist du sicher dass du noch Gartenarbeit machen solltest?", fragt er seine Frau Melissa besorgt. Sie kniet in ihrem großen umzäunten Gemüsegarten und pflanzt Salate und Gurken ein. Sie hat Schwierigkeiten den Boden mit ihren Armen zu erreichen, weil ihr Bauch so groß geworden ist mit den Zwillingen. Als sie ihn hört, hält sie inne und sieht lächelnd zu ihrer Familie auf. Dann steht sie langsam, beide Hände in die Hüften gestemmt auf und wischt sich die erdigen Hände an ihrer Jeans ab. "Das kann ich auch machen wenn wir von unserem Spaziergang zurückkommen", fügt Hector noch hinzu und streckt eine Hand nach ihr aus. Melissa bricht in schallendes Gelächter aus und freut sich schon ihren Ehemann nachher beim Gärtnern zuzusehen. " Du hast recht, ich gehe lieber mit euch mit.", sie erreicht die beiden und sofort schließt sich Hectors große, starke Hand um ihre kleine erdige. "Daddy, wann gehen wir den endlich?", quengelt Sienna und  Hector jetzt sie wieder auf den Boden. " Lauf schonmal vor, aber bleib immer in Sichtweite!", ordnet Melissa mütterlich an und streichelt ihrer Tochter noch einmal über die Haare bevor diese losstürmt. Dann wendet sich Melissa Hector zu. "Es war heute oder?", mitfühlend drückt sie seine Hand. "Ja, ich hatte gehofft es würde mit der Zeit leichter werden aber es tut noch genauso weh wie früher", gibt Hector zu und sieht seiner Frau in die Augen. Sie nickt verständnisvoll. "Es wird nie leichter wenn man einen geliebten Menschen verliert." Hector weiß das sehr zu schätzen, egal über was, er kann Melissa alles erzählen und sie gibt ihm anschließend einen guten Rat. "Melissa, ich liebe dich über alles! Und ich will dass du weißt dass Sienna meine erste große Liebe war , aber dass du die Liebe meines Lebens bist! Bitte denke nie dass ich weniger für dich empfinde weil ich sie nicht vergessen kann". Melissa nimmt auch noch seine andere Hand in die ihre und blickt zu ihm hoch. "Hector, ich habe dich geheiratet weil ich dich liebe, mit allen deine Schwächen und Stärken. Und vor allem weil du ein wundervoller Mann bist! Ich hätte nichts anderes von dir erwartet!", gesteht sie und streckt sich um ihn zu küssen. Dann folgen sie ihrer Tochter über die Blumenwiese in den Wald.



------The End-----


An dieser Stelle will ich mich bei allen Lesern bedanken! Danke dass ihr bis hierher gelesen habt! Danke dass ihr Sonette Kommentare hinterlassen habt und auch für die Kapitel gevoted habt! Es hat mir immer wahnsinnig viel bedeutet und ich habe mich immer sehr gefreut. Ich hab in diesem Buch viel persönliche Sachen aufgearbeitet und ich denke dass die Leute die mich persönlich kennen wissen wovon ich spreche. Ja ich hab extra eingebaut, weils mir einfach genug bedeutet hat um es in dem Buch hier zu veröffentlichen!




Liebe Grüße, eure Julia

P.S: ich hoffe diesmal wird des ganze Kapitel gespeichert und veröffentlicht und ned nur des halbe...


Die 67. HungerspieleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt