Wir saßen in einem Halbkreis um Brian. Um uns herum plauderten die anderen Grüppchen, wir jedoch warteten still darauf, wann Brian endlich beginnen würde.
„Alles geschah in England, an einem kalten Herbsttag. Ich spazierte in einem meiner Lieblingsorte, ganz weit weg von der Stadt. Ich genoss das Rauschen des blauen Meeres und den atemberaubenden Blick darauf, den die Klippen boten. Heute war fast niemand hier, weil der Himmel grau war und ein starker Wind heulte. Ich dachte, dass das besser für mich sei, denn so konnte ich die Ruhe genießen. Anfangs stimmte das auch so, aber allmählich vermisste ich die sonst so friedliche Atmosphäre. Die Wellen unten peitschten gegen die Klippen, der Wind schien mich wegwehen zu wollen, und auch der Himmel wurde immer dunkler. Ich versuchte das alles nicht zu beachten und konzentrierte mich stattdessen auf meine Beine.
Irgendwann kam ich bei einer Bank an, an der ein alter Mann saß. Er war seltsam gekleidet, sehr dunkel und altmodisch, seine Augen waren geschlossen, seine Hände auf seinem Bauch gefaltet. Ich dachte, er schliefe, also drehte ich mich einfach den Klippen zu und beobachtete das vom Wind aufgewühlte Wasser.
„Junge", hörte ich plötzlich eine krächzende Stimme hinter mir und drehte mich um. Der Alte sah mich mit grauen, beinahe farblosen Augen an. Ich stellte erschrocken fest, dass die Gegend um uns herum schwarz-weiß aussah, so wie in einem alten Film.
„Junge, hörst du sie?", fragte der Mann.
„Was meinen Sie?"
„Sie. Hörst du sie?", fragte er erneut.
„Nein, tut mir leid", meinte ich kurz und wollte mich zum Gehen abwenden. Ich hatte keine Lust auf die Spinnerei des Alten.
„Warte. Falls du sie doch hören solltest, lauf, Junge. Lauf ganz weit weg. Sie ist böse."
„Wer ist sie? Wen meinen Sie?", fragte ich. Dieser Typ nervte mich. Ich drehte mich ein letztes Mal zu ihm um, aber er war weg. In der Ferne hinter der Bank, auf der er gesessen war, entdeckte ich einen Friedhof. „Ich sollte gehen", dachte ich, und versuchte, meinen Herzschlag zu verlangsamen.
Während ich denselben Weg nahm, den ich gekommen war, hörte ich eine Stimme in meinem Kopf. Zuerst dachte ich, ich würde sie mir einbilden, aber sie war da. Eine zarte und schöne Frauenstimme. Ich blieb stehen und lauschte gespannt. Sie sang ein wundervolles Lied, und plötzlich wusste ich, dass sie gefunden werden wollte. Von mir. „Was für eine Frau wohl hinter dieser süßen Stimme steckt", fragte ich mich und ging in die von ihr angewiesene Richtung. Sie führte mich zum Friedhof, und je näher ich ihr zu sein schien, desto ungeduldiger wurde sie. Sie hetzte mich, wollte dass ich schneller kam, und ich rannte. An unzähligen Grabmälern vorbei, wich Bäumen und Sträuchern aus, eilte zu ihr, bis vor mir ein alter Baum mit einem dicken Baumstamm stand. Ich wusste, sie war dort. Ich fühlte es.
Unter diesem Baum befand sich ein weiterer Grabstein, dessen Inschrift ich las. Mark Govrent, anscheinend ein Tourist, war hier begraben, an diesem Ort, weil man ihn hier gefunden hatte. Er war jedoch kein Selbstmörder, wie die meisten, die hier lagen.
Das Foto erblickte ich erst, als ich schon unter dem Baum stand. Ich kannte das Gesicht, nur in einer älteren Version.
Und als ich kalte Finger in meinem Gesicht spürte, verstand ich. Leider war es schon viel zu spät. Ihre Krallen bohrten sich in mein Gesicht und ich fühlte das Blut, das meine Wangen herunterströmte." Brian verbeugte sich und setzte sich auf seinen Platz. Einige klatschten, Justin und Sophie knutschten und ich saß da und dachte nach. Die Geschichte war gar nicht wirklich gruselig gewesen, aber Brian hatte sie sehr gut erzählt, seine Stimme war überzeugend gewesen.
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Bad Boy-Bad Love?
Teen FictionWas macht man, wenn aus einem ganz normalen Leben plötzlich ein Chaos wird? Und wie wehrt man sich gegen gnadenlose Herzensbrecher? Ist es möglich, jemanden abgrundtief zu hassen und gleichzeitig unsterblich in diese Person verliebt zu sein? Und was...