49. Entführt

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Mein Kopf pochte, als ich vorsichtig die Augen öffnete. Es war relativ dunkel dort, wo ich war. Wo war ich eigentlich?

Ich sah mich um. Überall standen kaputte oder sehr alte Gegenstände, es war staubig, sodass ich niesen musste. Außer einer kleinen Laterne in der Mitte des Raumes brannte kein Licht. Vielleicht war das ein Keller.

Wo war Brian?

Ich wollte aufstehen, aber der stechende Schmerz in meinem Kopf hinderte mich daran. Achtsam tastete ich die Stelle ab, sie war verbunden.

Ich stützte mich auf meine Hände und merkte, dass ich auf einer Decke saß.

Mein Handy war nicht mehr in meiner Hosentasche, anscheinend hatte Brian es mir weggenommen, als ich bewusstlos war. Mist.

Wie lange war ich eigentlich schon hier? Ich hatte keine Ahnung. Es könnten Minuten oder Stunden, vielleicht sogar Tage vergangen sein.

Ich war sehr müde und mein Kopf fühlte sich an wie aus Blei, klares Denken fiel mir schwer.

Ob man mich im Camp suchte?

Ganz langsam löste sich der Nebel in meinem Kopf auf.

„Jenny", das Licht ging an und ich sah Brian, der auf einer Leiter stand, „schön, dass du wach bist." Er lachte.

„Warum bin ich hier?", fragte ich wütend.

„Jenny, ich bin kein Monster, ich habe dich hierhergebracht und mich um deine Wunde gekümmert. Wie geht es dir eigentlich?" Sein Gesichtsausdruck wechselte zwischen spöttisch und besorgt.

„Du warst es also, der in Tummlers Büro eingebrochen ist, um Maes ehemalige Zimmernummer herauszufinden, und dann hast du das Zimmer der Mädchen verunstaltet", überlegte ich laut.

„Ja... ich hatte keine Ahnung, dass sie ein Tagebuch geführt hat, bis ich einmal am Klo war und die Spülung geklemmt hat. Ich hab dann einen Teil gefunden und wusste, dass ich auch alle anderen suchen musste. Also hab ich einfach alle unsere Lieblingsplätze abgeklappert, aber ihr beide seid mir in den Weg gekommen.

Die Scheune musste ich anzünden, weil ich dachte, dass euch das von dort abschrecken würde und ich ungestört suchen konnte, aber es hat zum Gegenteil geführt, ihr habt Maes Tagebuch auch entdeckt. Es ging euch nichts an und ihr hattet kein Recht, es zu lesen und zu behalten. Aber ihr beide habt die Hinweise hinten eher entdeckt als ich, deshalb hattet ihr einen Vorsprung. Warum hat diese Göre nur alles niedergeschrieben?" Er kam auf mich zu, seine Hände zu Fäusten geballt.

„Erwartet mich dasselbe Schicksal wie Mae?" Meine Stimme zitterte nicht, obwohl ich Angst hatte.

Er blieb stehen. „Jenny", meinte er sanft, jedoch mit einem Anflug von Wut in der Stimme, „seitdem sind sieben Jahre vergangen. Ich bin nicht stolz darauf, was ich damals getan habe, aber ich habe mich geändert. Ich bin nicht mehr derselbe Mensch wie damals."

„Ach ja?", ich lachte auf, obwohl es nichts Lustiges daran gab, „glaubst du, ich hätte dich anhand Maes Tagebuch erkannt, wenn du nicht mehr derselbe Mensch wärst?"

Das ließ ihn für eine Weile verstummen. Er dachte nach.

„Ich kann nicht zulassen, dass du es jemandem erzählst. Wie ich sehe, geht es dir gut, also kann ich mich ungestört aus dem Staub machen. Bis sie dich finden, bin ich längst weg", er grinste.

„Wie spät ist es?", fragte ich. Es interessierte mich wirklich, aber ich wollte auch Zeit gewinnen.

„Kurz nach sieben. Keine Sorge, sie suchen dich schon. Ich sollte eigentlich einen Suchtrupp leiten, aber ich muss dich ja nicht suchen", meinte er grinsend, dachte nach und fügte hinzu, „ich sollte gehen, ich habe sowieso schon zu viel Zeit verschwendet." Er ging vor zu einem Hocker, hob ein zerrissenes und dreckiges Papier- Maes Tagebucheintrag- auf und steckte es ein. Er sah meinen Blick und kommentierte, „Ja, du kleines Miststück hast es zerrissen, als du hingefallen bist, und ich habe es noch nicht gelesen. Das werde ich unterwegs tun. Und jetzt, tschüss." Brian wollte gehen, als ich eine weitere Frage stellte.

„Hast du sie denn überhaupt geliebt?"

Er blieb abrupt stehen und drehte sich um. Seine Augen kamen mir glasig vor. Waren da wirklich Tränen?

Brian blinzelte schnell und schimpfte, „Du Miststück willst Zeit gewinnen, stimmt's?", er schüttelte den Kopf, lachte und verschwand.

Ich fand es dumm von ihm, mich einfach so hier sitzen zu lassen. Er hatte nicht zugesperrt. Glaubte er wirklich, ich war zu dumm, zur Treppe zu gehen und zu flüchten?

Ich wollte aufstehen und merkte, dass die Kopfschmerzen vorher nicht das einzige waren, was mich am Aufstehen gehindert hatte. Er hatte meine Beine an der Wand angebunden.

Scheiße. Was sollte ich jetzt tun?

Ich schrie, hörte aber ziemlich bald damit auf, denn es kam mir sinnlos vor. Mich hört eh keiner.

Als nächstes versuchte ich, mich zu befreien, aber Brians Knoten war unglaublich fest. Er hatte mich an irgendeinem Ring, der leider ziemlich fest in der Wand steckte, angebunden.

Ich war machtlos. Konnte mich kaum bewegen und auch sonst nichts tun. Mir blieb nur warten übrig. Aber wer wusste, wie lange sie brauchen würden, um mich zu finden?

Plötzlich hörte ich eine Vibration. Mein Handy! schoss es mir durch den Kopf. Tatsächlich, es lag am Boden, bloß einige Meter von mir entfernt. Ich versuchte dorthin zu krabbeln, aber die Schnur war zu kurz. Zwischen meinen Fingern und meinem Handy waren nur Zentimeter. Ich kam nicht heran.

Ich streckte mich soweit ich konnte, und irgendwann berührte ich das Handy und zog es zu mir. Justin rief an. Mit zittrigen Fingern hob ich ab.

„Jenny!", rief er überglücklich, „Scheiße, wo bist du?"

„Brian", stammelte ich. Ich konnte mein Glück nicht fassen. Alle Wut auf Justin war vergessen. „Brian hat mich in so einen Keller gebracht, keine Ahnung wohin genau."

„Okay... ich bin so froh dich zu hören! Dieser Mistkerl...wo ist er?"

„Er ist abgehauen. Ich habe den letzten Teil von Maes Tagebuch gefunden. Mae wollte nicht, dass Brian ihn liest, und ich wollte ihn davon abhalten. Aber er hat mich entführt."

„Weißt du, in welche Richtung ihr gegangen seid?"

„Nein, ich war bewusstlos, als er mich hierher getragen hat", antwortete ich. Noch war ich nicht gerettet, zuerst musste Justin mich erst einmal finden.

„Hat dieser Mistkerl dir etwas angetan?", man konnte Justins Wut deutlich heraushören.

„Nein, nein, er hat mich nur an die Wand gebunden. Ich wollte mich befreien, aber der Knoten ist zu fest", meinte ich.

Er antwortete nicht.

„Justin?", rief ich in den Hörer, „bitte leg nicht auf, ich hab Angst!"

„Ich bin da...bin da. Bin nur gerade auf dem Weg zu Yvonne, vielleicht weiß sie ja in welchem Keller du gerade steckst."

Er erzählte mir auf meine Bitte den weiteren Verlauf der Schnitzeljagd, dass irgendwelche Schummler gewonnen hatten und dass nach dem Ende des Spiels aufgefallen war, dass ich fehlte. Brian hatte sich darauf freiwillig bereiterklärt, mich zu suchen, wobei er sich wahrscheinlich vom Rest der Gruppe getrennt hatte und zu mir gegangen war.

Er fing an, mit Yvonne zu reden, wobei er mich anscheinend in eine Hosentasche steckte, denn ich hörte ihre Stimmen kaum und verstand nicht, was sie sagten.

Während Justins Handy in seiner Hosentasche lag wurde der Anruf unterbrochen. Mein Akku war leer. Ich war wieder alleine.

Bald finden sie mich, bald... tröstete ich mich selbst und legte meinen Kopf auf meine angewinkelten Beine. 

xxHi! Wie fandet ihr das Kapitel? Ich bin schon fertig mit dem Buch, der letzte Teil kommt nächste Woche. Bis bald! -Youtulipxx



Bad Boy-Bad Love?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt