„Ich zeige Clara das Foto", wisperte ich sauer.Mein Herz klopfte wild, und zwar nicht, weil ich gerade wie eine Wahnsinnige gerannt war. Ich hatte Angst, dass er es auch hören würde.
„Pah", stieß er höhnisch aus, „das wirst du nicht." Er legte eine Hand um meine Arme, sodass er mich halten konnte. Ich konnte mich unmöglich befreien, egal wie stark ich versuchte, ihn zu stoßen. Sein Griff war zu fest, der Arm zu trainiert. Sein Gesicht war meinem jetzt so nahe, dass sein Atem meine Haut kitzelte.
Mit der anderen Hand suchte er mich nach meinem Handy ab. Diese Nähe hatte etwas Bedrängendes an sich, gleichzeitig aber sehnte sich mein Körper nach weiteren Berührungen. Verdammt, was ist los mit mir?
Er hatte es gefunden. Beim durchstöbern meiner Galerie wurde sein Griff etwas lockerer, und ich nutzte meine Chance. Ich versuchte erst, ihm das Handy aus der Hand zu nehmen, dann zu schlagen, doch er war zu groß. Justin drückte mich erneut gegen die Wand.
Ich hatte keine Wahl, machtlos sah ich zu, wie er das Bild suchte und dann löschte.
„So, das war's dann wohl", meinte er lächelnd. Diesmal war es nicht das bezaubernde und freundliche Lächeln, sondern ein höhnisches, selbstzufriedenes. Tief verborgen steckte auch Hass darin.
„Zu dumm, dass du zurückgekommen bist. Es war echt geil, mit dir abzuhängen, aber du, dumme Göre, musst dich ja in fremde Angelegenheiten einmischen. Und jetzt lauf weiter", mit diesen Worten ließ er mich los. Ließ mich einfach stehen und ging selbst weg. Während sich mein Herzschlag langsam beruhigte, realisierte ich: Nun würde Justin auch in meiner Gegenwart Bad Boy sein. Die Freundschaft, die sich noch nicht einmal fertigentwickelt hatte, war zerstört. Verloren.
Ich erzählte alles Lina und Nathalie, fragte sie, ob ich es auch Clara sagen sollte. Ihre Meinungen darauf waren unterschiedlich.
„Mach dir keine Mühe, die ist so weit in die Wolken gestiegen mit ihrem Justin, dass sie auf niemanden hören wird", meinte Lina.
„Aber wenn du es nicht erzählst, lügst du sie an. Du solltest es zumindest versuchen!", überredete mich Nathalie. Ich beschloss, auf sie zu hören.
Clara saß in der Bibliothek.
„Hey, ich muss dir etwas ganz dringendes sagen", sprach ich sie an.
„Schieß los", antwortete sie ahnungslos, welches Thema es angehen würde.
„Also: Ich habe Justin gestern Nachhilfe gegeben und mein Heft vergessen. As ich zurückgekommen bin, hat er mit Stacey rumgemacht. Ich hatte ein Foto, aber Justin hat es gelöscht", erzählte ich. Claras Augen füllten sich mit Tränen.
Endlich, dachte ich, endlich hat sie es eingesehen.
„Du mieses Flittchen!", schrie sie plötzlich, „denkst du etwa, man merkt nicht, wie sehr du ihn haben willst?! Denkt du ich bin blind? Komm schon, jeder merkt, dass er dir in deiner hübschen kleinen Sammlung fehlt. Ein Bad Boy. Das ist es was du willst. Das i-Tüpfelchen deiner Kollektion! Aber weißt du was? Mir reicht's! Ich hab keinen Bock mehr auf dich!", fuhr sie mich an. Danach stieß sie mich zur Seite und rannte weg.
Nein, das darf doch nicht wahr sein.
Ich verließ die Bibliothek nachdenklich und traurig. Was sollte ich jetzt tun?
Lina und Nathalie hatten auch keinen Rat.
Beim Mittagessen saßen meine zwei Freundinnen und Clara an einem Esstisch, doch sobald ich dazukam, sprang Clara auf und ging davon. Sie mied mich.
Das, was sie mir vorgeworfen hatte, tat richtig weh. Als wäre ich irgend so eine Schlampe oder so.
Ich konnte nichts dafür, dass ich ein paar Verehrer hatte.
Mit diesen Gedanken ging ich die Stufen hinunter. Ich verließ das Schulgelände, als ich mir gerade die Kopfhörer in die Ohren steckte und meine Musik anschaltete. Leider war ein Hörer kaputt, es kam nur ein Knistern daraus, keine Musik, also konnte ich alles um mich herum hören. Im Moment wollte ich das überhaupt nicht.
„Rude" von „Magic!" lief gerade.
"Why you gotta be so rude?
Don't you know I'm human too"
Wie passend. Das sollte an Clara gehen.
Ich spazierte gemütlich nachhause. Eine Gruppe von älteren Jungs kam an mir vorbei und einige von ihnen pfiffen mir nach und drehten sich um.
Ich versuchte, sie zu ignorieren. Im Hintergrund meiner Musik hörte ich: „Heiß, das Mädchen", oder „Wow."
So hübsch war ich gar nicht. Ich hatte keine tolle Figur und bei weitem nicht das hübscheste Gesicht.
Warum pfiffen mir also ständig Jungs nach? Das war auch nicht immer so gewesen.
In der Unterstufe waren meine Haare noch hässlich gekräuselt, meine Hüfte und Oberschenkel zu dick (fanden zumindest viele Lästerschwestern), und meine Haut zu unrein. Obwohl ich nie viele Pickel gehabt hatte, bloß Mitesser und Rötungen auf der Nase.
Deshalb hatte mir kaum ein Junge Aufmerksamkeit geschenkt.
Jetzt trieb ich regelmäßig Sport, hatte eine perfekte Waschlotion gefunden, und meine Haare hatten begonnen, sich elegant zu wellen. Tja, das war die sehr spektakuläre Geschichte meines plötzlichen Erfolgs bei Jungs.
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Bad Boy-Bad Love?
Novela JuvenilWas macht man, wenn aus einem ganz normalen Leben plötzlich ein Chaos wird? Und wie wehrt man sich gegen gnadenlose Herzensbrecher? Ist es möglich, jemanden abgrundtief zu hassen und gleichzeitig unsterblich in diese Person verliebt zu sein? Und was...