Kapitel 23

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Asher grinste. Caitlin sah von Thomas zu ihm. Sie ahnte Schlimmes. "Na komm", schnurrte Thomas. Fast sanft schob er sie auf den Flur. "Zeigen wir dir doch mal meine Sammlung geliebter Puppen..." Sofort begann Caitlins Herz, hektisch zu klopfen. In ihren Ohren wirkte es laut. Sehr laut. Sie fürchtete fast, dass Thomas und Asher es hören konnten. Langsam zog Thomas sie den Flur entlang. Asher folgte in einem gewissen Abstand. Der Boden war mit einem dunkelroten, weichen Teppich ausgelegt und die Wände waren in einem hellbraunen Ton gehalten. Einige Bilder hingen an den Wänden, doch Caitlin achtete nijt darauf. Hätte sie es getan, wäre ihr aufgefallen, dass viele Frauen und Männer darauf abgebildet waren, alle in denselben protzigen Kleidern und denselben leeren Augen. Als Thomas Caitlin um eine Ecke führte, veränderte sich das Bild schlagartig. Unter Caitlins Füßen befand sich nur noch kalter, nackter und rissiger Steinboden und die Wände wirkten abgeblättert und spröde. Die Schritte der Gruppe hallten von den kahlen Wänden wieder und erzeugten ein unheimliches Echo. Langsam bewegten sie sich auf eine solide Eichentür mit einem großen Schloss daran zu. Thomas zog einen Schlüsselbund aus der Tasche und wählte aus hunderten von dicken Schlüsseln einen einzelnen, reichlich unscheinbaren aus. Den schob er ins Schloss und drehte ihn. Das Schloss sprang auf und Thomas warf es achtlos auf den Boden. Laut scheppernd kam es zum Stillstand. Asher stieß die schwere Tür auf und ein seltsam süßlicher Geruch schlug Caitlin entgegen. Thomas nahm beherzt einen tiefen Atemzug und stieß Caitlin unsanft hinein. "Genieße den Duft", wisperte er. "Immerhin wird das hier auch mal deine Zukunft sein, mein liebes Schätzchen..." Er schob sie in einen Raum, in dessen Mitte ein einzelner Tisch stand. Darauf befanden sich die verschiedensten Instrumente. Blutflecken waren auf dem Boden zu sehen, schon vor Jahren eingetrocknet. Sie bildeten bronzen schimmernde Kreise auf dem sonst so kahlen Boden. Vorhänge bedeckten die Wände. "Was ist das für ein Raum?", fragte Caitlin vorsichtig. Sofort huschte ein Grinsen über Ashers Gesicht. Auch Thomas wirkte erheitert. "Nun, wie gesagt wird das hier deine Zukunft sein." Er beugte sich vor und legte einen Finger an die Lippen. Verschwörerisch zwinkernd sah er Caitlin in die Augen. "Hat Andrew dir etwa nichts über mich erzählt?" Er lachte leise. "Ah. Er hat dir unsere Kontaktlinsen eingesetzt." Grinsend legte er den Kopf schief. "Du hast Angst", stellte er nüchtern und belustigt fest. Ashers Lachen ertönte im Hintergrund. Thomas lächelte schlicht. Langsam drehte er sich zu Asher um. Sein Lächeln wurde kalt. "Öffne die Vorhänge, mein Freund und Gehilfe." Asher zog an einer dicken, goldenen Kordel und die roten Samtvorhänge schwangen auf. Was nun zu sehen war, ließ Caitlin nach Luft schnappen. In engen, Deckenhohen Vitrinen standen mehrere hundert Männer und Frauen. Sie waren in schöne Kleider gekleidet worden und Schminke gaukelte einem das Image einer Puppe vor. Die Haut der Personen war blass, fast elfenbeinfarben. Einige hatten die Augen geschlossen, einige waren offen. Der Raum war größer als es zunächst schien. Die schaurigen Vitrinen erstreckten sich über mehrere Gänge. Thomas schob Caitlin zwischen mehreren Gängen hindurch bis zu einem Zwischenraum. In der Mitte waren weitere Vitrinen aufgebaut, aber etwas an ihnen war anders. Junge Frauen waren in ihnen aufgestellt worden. Eigentlich wirkten sie wie die anderen, bis auf eine Tatsache: Jede von ihnen hielt ein Kind im Arm. Unwillkürlich trat Caitlin einen Schritt näher. Sie erkannte das Gesicht einer dieser Frauen. Das war Rachel, ihre Schwester, von der sie seit drei Jahren nichts mehr gehört hatte, nachdem sie mit ihrem Freund durchgebrannt war. Mit ihrem Freund namens... Caitlin musterte Rachel und das Kind genauer. Das Kind hatte viel zu viel Ähnlichkeit mit... Erschrocken drehte sie sich um und sah Thomas an. Der grinste. "Erkennst du die da etwa? Weißt du, sie ist eine von denen, die ich selber gefangen habe. Aber wie den meisten ist mir die Reinheit meiner Schätzchen egal. Sie hat den kleinen Bastard da bekommen und war ab da nutzlos für mich... und ein kleines Kind kann ich nicht brauchen. Aber immerhin lassen sich Kinder ebenfalls gut verarbeiten." Er gluckste leise und wirkte selbstzufrieden. Caitlin fühlte sich wie betäubt. Thomas war eindeutig eine wahrhaft widerliche Person. Ihr Herz schlug schmerzhaft schnell. Sie wich ein paar Schritte zurück und stieß gegen Ashers Brustkorb. Der packte ihre Arme. Thomas sah sie lächelnd an. "Asher wird dich zurück auf dein Zimmer bringen. Außerdem wird er dir diesen Schlauch da wieder rausnehmen. Den kann ich nicht gebrauchen, wenn ich mit meinen Schätzchen gemütlich etwas essen will. Er stört nur..." Mit diesen Worten verließ er Asher und Caitlin. Asher stieß Caitlin durch die Gänge zurück zum Abschnitt mit dem Tisch. Er lächelte. "Verzeihung", grinste er und holte aus. Caitlin hörte, wie seine Hand durch die Luft pfiff, dann explodierte ein dumpfer Schmerz in ihrem Gesicht und um sie herum wurde es schwarz.

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