Kapitel 61

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Keith sah kurz zu Moore und Bruce. "Passt auf die beiden auf. Benutzt die Waffen, wenn sie sich von der Stelle bewegen, klar?" Er erwartete gar nicht erst die Antwort, sondern lief bereits zur anscheinend großen Entdeckung. Als er bei seinem Kollegen ankam, fiel ihm nichts ungewöhnliches auf. Sein Kollege deutete auf eine Tür in der Wand, die einem Märchen entsprungen zu sein schien. Sie schien flach und glatt zu sein, doch bei näherem Betrachten konnte man ein filigran gearbeitetes Muster erkennen. Zahnräder griffen auf eine dermaßen weiche Art und Weise ineinander, dass sie fast wie dünne Linien wirkten. Keith konnte den Linien ein Stück mit den Augen folgen, doch irgendwann wurden sie so fein, dass sie ein scheinbar unlösbares Gewirr bildeten. "Och ne", murmelte Keith. "Jetzt ist der Kerl da hinten nicht nur n Freak, jetzt mag der auch noch Rätsel." Er seufzte. "Sag das Pokern mit den Jungs ab, wir werden hier noch ein wenig länger brauchen, wie es aussieht." Sein Kollege grinste kurz. "Aye. Wird erledigt." Keith richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das hauchzarte Gewirr aus Linien auf der Tür und versuchte, ein Muster zu erkennen. "Chef?" Er sah auf. Sein Kollege musterte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen. "Muss man in solche Türen nicht immer seinen Finger legen, um sie zu öffnen?" Über Keiths Gesicht huschte ein Lächeln. "Da hat sich Ihre Sucht nach Wimmelbildspielen ja bezahlt gemacht, wie es scheint - zumindest, wenn Sie richtig liegen." Ein leises Lachen ertönte aus Richtung des Kollegen. Vorsichtig fuhr Keith die Linien auf der märchenhaften Tür nach, bis sein Finger in einer unscheinbaren Senke hängen blieb. Behutsam drückte er zu. Die Zahnräder fingen an, sich zu drehen und den Linien etwas schlangenartiges zu verleihen. Ein leises Klacken verriet, dass die Tür nun offen war. Ohne fremde Beihilfe schwang sie in Richtung des Raumes auf und gab den Blick auf ein verstörendes Bild preis. Nicht etwa die mit Holzbretter verrammelten Fenster oder die fast heruntergebrannten Kerzen, die die einzige Lichtquelle zu sein schienen, nein, die waren nicht ansatzweise so schlimm wie das, das sich in der Mitte des Raumes und so in immer gleichem Abstand zu Louies Freundin Caitlin befand. Keith atmete tief durch. Sein Kollege neben ihm schnappte nach Luft. "Dieses kranke Arschloch", flüsterte er. Ein zustimmendes Nicken aus Richtung Keith. Er ging langsam auf Caitlin zu, ohne das Etwas in der Zimmermitte aus den Augen zu lassen.

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