Kapitel 36

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"Luke!", Ich stürzte neben ihm zu Boden.

Er lag angelehnt am glatten Stamm des Baumes und hielt sich die Brust. Seine Hand war dunkel vor Blut und roten Fäden tropften aus seinem Mund. Die Augen starrten glasig in Leere.

Er röchelte.

"Scheiße, alles okay?!", mit weit aufgerissenen Augen kniete Ich neben ihm, starrte auf das Loch in seiner Brust.

Natürlich war nichts okay.

Panisch, in der Hoffnung ihn irgendwie retten zu können und ohne den Hauch einer Ahnung riss Ich mir den Rucksack von den Schultern.

"Finnick -"

"Sei still, ich hab hier doch ...", unterbrach Ich ihn mit einem nervösen Zittern in der Stimme.

"Finnick -", versuchte er wieder.

Ich kramte.

Meine Hände zitterten und hatten Mühe den Knoten zu lösen. Fahrig fuhr ich mir mit der Hand durch die Haare. Endlich lies sich der Beutel öffnen und mit immer noch zitternden Fingern holte ich die kleine silberne Dose mit Mag's Salbe heraus.

"Finn-", "Hier guck mal", haspelte ich darauf los und versuchte den Deckel los zu schrauben. Luke neben mir hustete und spuckte einen Schwall rotes Blut aus. Er stöhnte leise auf vor Schmerz.

Ich bekam den Deckel nicht auf.

"Scheiße!", schrie ich frustriert, legte das silberne Ding in einer Kurzschlussreaktion auf den staubigen Erdboden und schlug, nachdem ich ihn endlich aus meinem Hosenbund genesselt hatte, mit einem der Dolche darauf ein.

Die Dose platze und ich schmiss mir den Dolch über die Schulter.

Eilig pulte ich die weiße Creme aus ihrem zerbeulten Behälter und wollte sie auf Lukes Wunde schmieren, immerhin hatte sie mir sehr gut geholfen und so viel tiefer konnte die Wunde nun wirklich nicht sein, denn es war ja ebenfalls Chad's Speer gewesen.

Doch auf das was ich zu Gesicht bekam war ich dann doch nicht vorbereitet. Luke's Brustkorb hob und senkte sich immer rascher und Schweiß trat auf seine Stirn. Als ich langsam seine feucht rot glänzenden Hände von seinem Buch nahm wurde mir schlecht.

Das Loch war größer als meine Faust. Dunkles, zähflüssiges Blut tropfte nicht nur, es floss schnell und beständig aus der Wunde, verteilte sich über seinem Oberkörper und bildete unter seinem Rücken eine Lache auf Blut, welches der Boden gierig aufsog.

Die Wunde war tief - sehr tief - und ich wusste einfach das er nicht mehr zu retten war. Das dunkle Blut was im Mondlicht jetzt bedrohlich und schwarz aussah, erinnerte mich an ein Tier das sich gierig an Luke festgesaut hatte und ihn langsam tötete.

Ich musste Schlucken, Luke bekam davon schon gar nichts mehr mit. Er fror und würde bald verbluten. Geistig befand er sich wohl schon gar nicht mehr hier in dieser Welt. Hoffentlich in einer besseren.

Immer noch tierisch am Zittern schmierte ich die Salbe auf die Wunde.

Meine Hände wurden rot vom klebrigen, heißen Blut und mir wurde schwindelig. Ich spürte die offene Wunde, fuhr mit den Fingern an dem Rand des Fleisches entlang und konnte nicht anders. Mit weit aufgerissenen Augen sah ich wie sich die Salbe im Blut auflöste, davon schwemmte. Das hatte ja gar nichts gebracht. Ich holte die Dose wieder hervor und kratze auch noch den Rest aus, schnitt mich prompt an der scharfen Kante und verteilte den Rest im Blut.

Zitternd versuchte ich die davonlaufende Salbe aufzuhalten. Das musste doch funktionieren! Als Luke mit seiner eisig kalten Hand mein Handgelenk umklammerte.

Finnick Odair - The Hunger Games (Die Tribute von Panem)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt