Kapitel 34

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Jeder saß allein in seiner Ecke.

Luke und Troian unterhielten sich leise. Nachdem ich nach oben gekommen war und sie aufgehört hatte wie eine Irre zu lachen, schenkten weder sie noch Luke mir ihre Aufmerksamkeit und zeigten mir die kalte Schulter. Das war gar nicht gut.

Draußen stieg die Sonne immer höher. Es wurde Mittag und immer heißer auch hier hinter den Blättern des hohen Tropenbaumes. Es war so unglaublich schwül, das ich nicht einmal mehr wusste wie sich Kälte anfühlte. Glaubte ich zumindest.

Ich saß zusammengekauert da, klammerte mich an den glatten dicken Stamm des tropischen Baumes und versuchte mein Herz zu beruhigen.

Der Mittag verging, keine Kanone war zu hören. Es wurde dunkel.

Keiner von uns hatte was gesagt als ich meinen Kopf durch das Blätterwerk gesteckt hatte, sie hatten sich abgewandt nachdem Troian wieder zu Luft gekommen war und das war's. Jetzt tuschelten sie leise und sahen nicht einmal herüber. Überlegten sie vielleicht wie sie mich loswerden konnten? Wurde ich ihnen zu gefährlich?

Obwohl man sich eigentlich nicht vor mir fürchten musste. Was hatte ich schon angerichtet? Ich hatte es geschafft beinahe zu ertrinken, die Karrieros zwei mal auf mich aufmerksam zu machen und wäre Luke nicht mein Verbündeter gewesen wäre ich jetzt schon wieder tot. An Chad's mit Widerhaken besetzten Speer wollte ich nicht einmal denken. Oder Lynn's Fuß Aktion.

Apropos Tod.

Da er jederzeit vor der Tür stehen konnte und ich eigentlich nur darauf wartete das er klingeln würde wusste ich nicht was ich von mir halten sollte. Äußerlich ja, das war etwas anderes. Jeden Morgen wenn ich aufwachte, oder ich wusste mich sah keiner setzte ich meine allseits bewehrte geheimnisvolles-Lächeln-Taktik ein mit der ich hoffentlich ein paar Sponsoren eintreiben würde.

Denn ich brauchte dringend welche, von Tag zu Tag wurden die Geschenke teurer und teurer (wie viel die Medizin jetzt wohl kosten würde?) und die Arena nur noch gefährlicher. Und was hatte ich schon spektakuläres getan? Da waren wir wieder am Anfang meiner Überlegungen.

Aber wenn ich mal die Augen schloss, so wie in diesem Moment, und in mich hinein horchte, dann - aber auch nur dann - merkte ich was wirklich mit mir los war. Das war gar nicht so einfach festzustellen. Wie auch, wenn man Tag ein Tag aus mit dem Tod, Chaos, Stress, Streit und der ständig und überall lauernden Gefahr konfrontiert wurde?

Als mir das erste mal bewusst wurde was wirklich mit mir los war, wenn ich nicht gerade starb oder sonst irgendwie am hyperventilieren war machte mir das Angst. Jeder hat seine innere Uhr, das Innerste auf das man immer hören konnte, egal was gerade los war, denn es hatte immer Recht.

Um so erschreckender war es nichts zu spüren.

Einfach nichts.

Das konnte man nicht beschreiben, vielleicht hohl, leer? Allein, stumpf? Dunkel und farblos? Es war irgendwie alles zusammen.

Ich kauerte in meiner Holzkuhle, hatte Angst und rieb mir die Schulter. Dieses herumsitzen und nichts tun behagte mir nicht. Am liebsten würde ich lieber wieder durch den Dschungel laufen, denn hier oben gab es keinen Ausweg, falls etwas passieren sollte. Seid dem ich die Salbe aufgetragen hatte war es schon merklich besser geworden. Die Wunde die nicht annähernd so tief war wie ich sie aus der Nacht in Erinnerung gehabt hatte war erstaunlich gut und schnell verheilt. Keine ganze Nacht hatte es gedauert bis nicht einmal mehr Kruste zu sehen war.

Jetzt war da nur noch eine knubbelige rote Narbe die sich quer über meine Schulter zog und bei jeder Bewegung ziepte und nur manchmal noch drohte aufzureißen.

Finnick Odair - The Hunger Games (Die Tribute von Panem)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt