Kapitel 37

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Der Hovercraft hatte die Leichen abgeholt.

Die Leichen.

Denn viel mehr waren Sie jetzt nicht.

Zumindest für das Publikum, die Kapitolbewohner.

Für mich waren sie Troian und Luke. Zwei Mittribute. Zwei Verbündete. Zwei Freunde.

Ich hatte Sie hinter mir gelassen und versucht nicht mehr zurück zu schauen, aber als die Propeller des Hovercraft zu hören waren und der heftige Wind den sie verströmten für eine kühle Abwechslung sorgten drehte Ich mich dennoch um.

Zwei Greifarme wurden wie Krallen heruntergelassen und öffneten sich gierig um ihre Beute - meine Freunde - zu holen, sie so gut es ging wieder her zu richten, in eine Holzkiste zu legten und sie wieder zurück in ihren Distrikt zu ihren Verwandten schicken. Damit diese das, was von ihnen noch übrig war beerdigen konnten.

Und wir hatten uns gestritten. Jetzt waren sie tot. Alle beide.

Zuerst holten sie Troian und dann Luke. Ihre Körper baumelten kraftlos in den Krallen des Hovercrafts und verschwanden dann in seinem Inneren.

Ich hatte gewartet bis sie außer Hör- und Sichtweite waren, mich umgedreht und war einfach losgelaufen. Seid dem hatte ich nicht mehr aufgehört.

Die Nacht hindurch war Ich gelaufen und hatte nur kurz Rast gemacht um das Wasser aufzufüllen. Im gehen hatte ich dann mein Hemd ausgewrungen, oder es zumindest versucht, denn das Blut war eigentlich schon komplett getrocknet und steif geworden. Die Armschienen hatte ich auch abgenommen, sie saßen zwar geschmeidig an den Armen, doch bis jetzt waren sie eher hinderlich als nützlich gewesen und so oft hatte ich sie auch noch nicht verwenden können, also hatte ich sie einfach fallen lassen. Sie waren doch mehr hinderlich als nützlich.

Und dann war da noch mein Fuß.

Ich humpelte.

Mein Knöchel tat weh - sehr weh - und richtig laufen konnte ich nicht mehr. Es war hoffentlich nichts gebrochen, denn ich musste vorwärts kommen und würden die Karrieros mich jetzt erwischen dann war ich mehr als nur mausetot.

Bei jeden Schritt musste ich vor Schmerz die Zähne zusammen beißen. Lange konnte ich das nicht mehr aushalten.

Also musste ich wohl oder übel noch einmal anhalten.

Ich nahm den Sack von meinen Schultern, suchte zwei der stabiler aussehenden Dolche zusammen und riss den Stoffbeutel auseinander, band die beiden Messer als Schiene um meinen Fuß und befestigte mit dem Rest des Beutels die Wasserflaschen an meinem Hosenbund.

Alles was übrig blieb wurde zurück gelassen.

Ich musste weiter, immer weiter.

Auch meine Umgebung veränderte sich. Der Boden wurde sandiger und das Vorankommen wurde immer schwerer. Die Sträucher wurden zunehmend weniger und kleiner, bis sie irgendwann ganz verschwanden. Ich wusste nicht wie lange ich mich schon so vor mich herschleppte, aber es war immer noch Nacht.

Dieser scheiß Mond mit seinem gruseligen silbernen Licht starrte immer noch auf uns herab, er wollte einfach nicht untergehen, dabei konnte ich ihn nicht mehr sehen. Wie lange lief ich? Zwei Stunden? Drei? Es kam mir allerdings vor wie eine halbe Ewigkeit.

Ich lief und lief.

Im Morgengrauen erreichte ich die Wüste.

Sie war plötzlich da.

Vor mir ragten Dünen empor. Der Sand war orangen und der Horizont flimmerte vor Hitze. In der Arena war es schon unerträglich heiß und eigentlich hatte ich keine Lust in noch heißeres Gebiet vor zu dringen, aber es half nichts. Ich musste.

Finnick Odair - The Hunger Games (Die Tribute von Panem)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt