Kapitel 4

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Als ich die Augen wieder aufschlug, fühlte ich mich seltsam gequetscht.
Aber ich lag noch in der selben schmutzigen Seitengasse.

Langsam stand ich auf und sah mich um.
Wieso sah es hier so komisch aus?
Also es war die selbe Straße, aber ... wie sollte ich es beschreiben?
Andersherum?
Zudem war Alles nicht ganz klar zu erkennen. Ich sah zwar die Sachen, aber manchmal hatten sie zwei Umrisse. So als ... als ...
Als würde man in eine Glasspiegelung sehen!
Dann war mein 'andersherum' eigentlich Spiegelverkehrt!

Konnte das sein?
Es war unmöglich! Oder doch nicht?
Nein es war einfach unmöglich.
Sowas ging nicht!

Aber du hast doch immer darüber nachgedacht. Könnte es nicht doch möglich sein?
Überlegte eine kleine nervige Stimme in meinem Kopf.

Vielleicht ja doch?

Das ist doch Schwachsinn! Das war nur blöde Tagträumerei!

Stimmt. Ich musste auf den Boden der Tatsachen bleiben.
Vielleicht hatte ich mir ja vorhin den Kopf gestoßen?
Oder mit meinen Augen stimmte etwas nicht ....

Ich rieb mir die Augen, aber es änderte sich nichts.
Okay... was sollte ich jetzt tun?

Alles sah komisch aus.
Es war dunkel.
Der nächste bus würde wahrscheinlich erst in einer Stunde fahren.
Und ich war mitten im nirgendwo.

Als ich vorhin vor meinem Spiegelbild geflohen war, hatte ich natürlich nicht darauf geachtet wohin ich geflohen war.

So dämlich konnte auch nur ich sein.

Da ich keinen Plan hatte, was ich jetzt tun sollte, lief ich einfach durch die Gegend und versuchte mich an Fetzen, die ich vorhin aus meiner Umgebung wahrgenommen hatte, zu orientieren.
Aber da mein ganzes Bild Spiegelverkehrt war und manchmal auch verschwommene Konturen erschienen, war es fast unmöglich und ich verstrickte mich mit so Sachen wie :
Wenn ich vorhin rechts gegangen bin, muss ich dann jetzt links?
Aber wenn das jetzt eine Glasscheibe ist... HALT!
Du bist in keiner Glasscheibe drin, weil das unmöglich ist!
, immer mehr in meine Gedanken und war am Ende noch verwirrter als am Anfang. Langsam war ich am verzweifeln.

Wieviel Uhr war es überhaupt?
Es wurde immer dunkler und die Sicht immer schlechter.
Meine Mutter war heute abend mit ein paar Freundinnen ausgegangen und meiner Schwester würde es sowieso nicht auffallen wenn ich fehlte.

Na super!

Einen Moment mal!
War ich nicht auf meiner 'Flucht ' an einem Typen vorbeigekommen?
Das wars! Jetzt musste ich ihn nur noch finden.

Aber wieviel Zeit ist überhaupt vergangenen? Was wenn er hier in der nähe wohnte? Dann wäre er sicher weg...
Das wars. Ich komm hier nie raus...

Trotz meiner pessimistischen Einstellung lief ich in die (hoffentlich richtige) Richtung aus der ich gekommen war.
Es wurde zunehmend kälter, weshalb ich meine Jacke enger um mich zog.
Wieso hatte ich heute morgen nicht die dickere angezogen?

Die Straßen waren leer. Noch nicht mal ein Auto kam vorbei.
Verschwommen war sogar ein großer Vollmond erkennbar, der wenigstens ein bisschen Licht spendete.
Es musste jetzt bestimmt schon 18:00 Uhr sein oder sowas um den Dreh.

Die Mauerwerke der Häuser waren rissig, beschmiert oder beides zugleich.
Überall lagen Zigaretten-Stummeln neben den Mülleimern.

Freiwillig würde ich nicht in so einer Gegend herumlaufen. Nicht mal tagsüber.

Und das hast du dir alles eingebrockt, weil du Schiss vor einem verdammten Spiegelbild hattest!

In diese Gegend, in welcher ich gerade herumlief, war noch nicht mal mein Bus gefahren. Dort waren überall kleine Parks und Bäume die mit immer dem selben Abstand zwischen ihnen angepflanzt wurden, das wusste ich noch.
Doch das war weit verfehlt.

Gedankenverloren kickte ich eine Cola-Dose vor mir herum, als ich in jemanden hineinlief.

Erschrocken blickte ich auf und sah ein paar Dunkelbraune Augen, die mich entschuldigend ansahen.
"Tut mir leid... ich bin heute echt schusselig..." , sagten ein paar wunderschön geschwungene und volle Lippen zu mir.
Ich konnte ihn nur anstarren, wobei ich meinen Kopf in den Nacken legte.

Wie schon erwähnt hatte er dunkelbraune Augen die mit dunklen langen Wimpern umrandet waren.
Einen dunklen Wuschelkopf besaß er auch. Eine braune Locke fiel ihm in die Stirn und er schob sie lässig beiseite.
Genauso waren die Lippen ein Traum.
Ich wette er konnte gut küssen. Nicht so feucht und eklig. Sondern wirklich gut küssen.
Er besaß zudem hohe Wangenknochen und dazu einen markanten Kiefer.
Durch das schwarze T-shirt konnte man breite Schultern erkennen mit gut durchtrainierten Armen und Brust.

Wow
Das war wirklich der klischeehafteste Junge den ich je gesehen hatte. Aber er sah verdammt gut aus. Und irgendwie verspürte ich auch den Drang mich gegen seine Brust zu werfen und einfach wie ein Baby anfangen zu heulen.
Ich schäme mich für mich selbst ...

"Es tut mir wirklich leid. Du bist jetzt schon die zweite in die ich in dieser Stunde reingelaufen bin.
... Hey warte mal! Ich bin doch Grad zum zweiten mal in dich reingelaufen oder? ", fragte er mit einer tiefen freundlichen Stimme. Wobei mir sofort warm wurde.
Und jetzt fing er auch an zu lachen.
Ein tiefes, kehliges lachen. Es klang als würde es genau zu ihm gehören. Es klang einfach echt.
"Das nenn ich mal Schicksal!", lachte er weiter.

"Wa-Was... meinst du damit?", fragte ich als ich meine stimme wiederfand.

"Na... es kann doch kein Zufall sein, dass wir uns nun schon zum zweiten mal begegnen. Das ist bestimmt Schicksal."

"Naja ... also eigentlich war ich auch auf der suche nach dir..."

Jetzt sah er mich verwirrt an.

"Ich hab mich hier verlaufen und du warst die einzige Person der ich begegnet bin... deswegen wollte ich dich suchen", erläuterte ich leicht schüchtern und mein Herz schlug immer schneller.

Was wenn er mir nicht helfen wollte?

Er musterte mich von unten nach oben, wobei er die Augen leicht zusammen kniff und den Kopf schief legte.
Dann sah er mir in die Augen.

Meine Wimperntusche war bestimmt jetzt noch mehr verschmiert als heute morgen.

Aber er lächelte nur, strecke seine Hand aus und sagte:" Okay. Ich bin Jonathan Johnson, aber du kannst mich J.J. nennen. Das machen eh alle"
Er fing an zu grinsen, wobei er ein paar strahlend weiße Zähne offenbarte und sich in seiner linken Wange ein kleines Grübchen bildete.
Er ist so heiß.

Erleichtert streckte ich meine Hand aus und antwortete mit einem hoffentlich netten lächeln:" Marie ... also ich heiße Marie"

Er schüttelte meine Hand. Und in diesem Moment überkam mich ein überwältigendes Gefühl der Wärme und Sicherheit.
Aber er fühlte sich an wie aus Glas.
Mir fiel in diesem Moment auch wieder auf, dass alles immernoch komisch aussah.

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Heey! :-)

Ich weiß dass die letzten Kapitel nicht so spannend waren.
Hoffentlich ist das jetzt besser.
Danke fürs Lesen <3

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Leben Hinter GlasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt