Kapitel 14

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Wir lagen auf der Coach.
Mein Rücken an seinem Bauch.
Mein Kopf an seine Brust gelehnt.
Seinem gleichmäßigen Herzschlag lauschend.
Seine Finger strichen langsam und sanft über meine Arme.
Ich bekam Gänsehaut.
Langsam atmete ich ein und wieder aus. Ich wünschte er hätte einen Geruch, den ich einziehen und mich, wenn ich wieder zurück musste, daran erinnern konnte.

Aber in dieser Welt gab es keinen Geruch. Alles roch neutral.
Ich seufzte.
"Hey. Was ist los?", fragte J.J. leise an meinem Ohr.
"Nichts, alles okay"
"Na gut", er gab mir einen sanften Kuss auf die Wange.
Gänsehaut überzog die Stelle.
Ich lächelte, nahm seine Hände und verschränkte somit seine Arme vor meinem Körper.
Ich schmiegte mich näher an ihn und genoss die Wärme, die von ihm ausstrahlte.

Trotzdessen,  dass alles hier aus Glas war, war es erstaunlich gemütlich auf J.J.'s Coach und seiner Brust. Und durch diese Gemütlichkeit, spürte ich meine Müdigkeit.
Seit einer Woche hatte ich nicht mehr richtig geschlafen, weil ich J.J. so vermisst hatte und jetzt, da ich ihn bei mir hatte und wusste, dass er mich auch vermisst hatte, übermannte sie mich. Erschöpft schloss ich die Augen.

Nur ganz kurz...

Als ich die Augen wieder öffnete,  war es dunkel. Ich lag immernoch in der gleichen Position auf J.J. und seine Brust hob und senkte sich gleichmäßig. Ein Arm noch immer um mich geschlungen. Die andere Hand strich gleichzeitig durch meine Haare.
Es war ein wundervolles, geborgenes Gefühl.
"J.J.?"
"Ja?" Er hielt kurz inne und strich dann weiter über meine Haare.
"Wieviel Uhr ist es?"
"So 22:00 Uhr vielleicht? "
"Oh shit! "
Schlagartig war ich hellwach. Ich saß kerzengerade auf dem Sofa.
Würde Mom sich sorgen machen?
Ich meine, ich bin aus dem Krankenhaus gerannt und hab eine Scheibe eingeschlagen!
Oder würde sie eher mit diesem Arzt rum...
Ich hatte eine Scheibe eingeschlagen!

"J.J.!! "
"Was ist denn plötzlich los mit dir?"
Er hatte sich nun auch aufgesetzt. Seine Stimme klang besorgt.
"Es ist doch alles okay..."
"Nein! Ich wollte dir doch noch etwas wichtiges erzählen! Und jetzt ist es schon so spät..."
Ich griff mir in die Haare und suchte fieberhaft nach einer Uhr. Mit der Hoffnung, dass es doch noch nicht so spät war und J.J. sich nur geirrt hatte.
Ein paar Sekunden später fand ich eine und es war sogar schon 22:30 Uhr!

"Hey. Jetzt beruhige dich doch erst mal", er begang sachte meine Schultern zu massieren," du kannst es mir doch auch später noch erzählen. Und danach kannst du heim gehen..."
Zum ende wurde seine Stimme immer leiser.
"Aber was soll ich meiner Mutter denn erzählen?"
"Eins nach dem anderen. Zuerst beruhigst du dich jetzt erst einmal. Dann erzählst du mir, warum du gerade wie so ein aufgescheuchtes Huhn aufgeschreckt bist und dann überlegen wir uns etwas für deine Mutter, ja?"

Gott, er war so hinreißend, verständnisvoll und süß. Womit hatte ich so etwas nur verdient?
Und er hatte wir gesagt.
Bei seinen Worten hatten mich wohlige Schauer durchzuckt.

Wir , wir , wir , wir , ...

Aber er hatte Recht. Was brachte es, wenn ich mich jetzt aufregen würde?
Ich seufzte ergeben und ließ mich wieder zurück in seine Arme sinken.
Er hielt mich fest, aber erdrückte mich nicht. Seine Fingerkuppen streichelten meinen Nacken.
Wohlige Schauer durchliefen meinen Körper und ich genoss jede Sekunde. Bald würde ich wieder gehen müssen und mich dieser Welt dort draußen stellen müssen, wo ich von meinen Freunden verleumdet wurde, meine Schwester mich ignorierte und meine Mutter ein Auge auf den Arzt geworfen hatte. (Wenn nicht sogar beide Augen...)

"Wir hatten einen Unfall..."
"Was?! "
Ich lachte leise
"Es ist alles in Ordnung,  aber die Scheiben waren zerbrochen... und ich hatte gedacht ich würde zu dir kommen, aber ich wurde nur bewusstlos.
Als ich im Krankenhaus wieder aufgewacht war, schien meine Mutter ein Auge auf den Arzt geworfen zu haben. Aber das war mir egal gewesen. In dem Moment. Denn ich wollte ja zu dir. Der Arzt hat dann so eine blöde Bemerkung gemacht, dass ich ja vielleicht ... zu meinem ... Freund wollte ... und Mom meinte so resigniert,  dass ich ... gar keinen ... hätte.... Daraufhin... ähm.... naja..."
J.J. sah mich aufmerksam und abwartend an. Ohne die eine Unterbrechung am Anfang war er still gewesen und hatte mir zugehört.

"Naja.... aus irgendeinem Grund... Bin ich dann ... ausgeflippt... und hab sie angeschrien,  sie wüsste das vielleicht auch einfach gar nicht ...
Dann bin ich rausgerannt und hab eine Scheibe eingeschlagen.  Aber es war nichts passiert! 15 Minuten oder so stand ich davor, doch es war nichts passiert! Dann bin ich heim gelaufen. Ins Bad. Und vor lauter Wut, dass ich noch immer noch kein Spiegelbild hatte, dich aber auch nicht sehen konnte, schlug ich den Spiegel ein, und erst dann hat es funktioniert..."

Die Stelle mit dem Freund zu erzählen, war mir besonders peinlich gewesen. Aus was für einem Grund auch immer ...
Vielleicht, weil ich mir, nach dem Mom das gesagt hatte, J.J.'s Gesicht, als möglichen Freund durch den Kopf geflogen war?

Was seit ihr jetzt denn überhaupt?

Ich ignorierte meinen Kopf und sah J.J. an. Er hatte mir aufmerksam zugehört. Und jetzt hatte er die Augen leicht zu Schlitzen verengt und kratzte sich am Kinn.
Sein Blick war in weite Ferne gerichtet und seine Lippen standen einen Spalt weit offen. Fasziniert beobachtete ich ihn. Es war zwar dunkel und ich konnte nicht allzuviel erkennen, doch ich sah wie sein markanter Kiefer mahlte, die harten Züge seines Gesichtes. Und doch konnte er so sanft sein...

"I-Ich hab keine Ahnung..."
Schnell stand ich von der Coach auf und fing an, im zimmer auf und ab zu laufen. Das half mir beim denken.
"Aber ... aber, was wenn es beim nächsten mal gar nicht mehr funktioniert? ", ich sprach meine sorgen direkt aus.
Schnell stand J.J. auch auf und hielt mich an den Schultern fest, wahrscheinlich um zu verhindern,  dass ich weiter ging.
"Ich werde mich umhören, okay?
L-lass mir einfach eine Woche Zeit. Ich werde herausfinden, warum es nicht mehr so gut funktioniert. "
"Ja gut. Aber was, wenn es in einer Woche gar nicht mehr geht?"
"Lass uns nachdenken. Die Glasscheibe funktioniert nicht mehr... aber der Spiegel hat geklappt, richtig? Also, was spiegelt noch?"
Ich sah ihn nur stumm an. Mir fiel just in diesem Moment nichts ein.

Langsam begann ich meinen Kopf zu schütteln, als Zeichen, dass ich nichts wusste, als J.J. fast zu laut rief:"Wasser! Das ist es! Wasser spiegelt noch."
Er hatte Recht. Wieso war mir das nicht eingefallen? Höchstwahrscheinlich, weil J.J. direkt vor mir stand und mein Schädel sich wieder mit Watte füllte.

Einer plötzlichen Einbildung folgend, nahm ich J.J's Gesicht in meine Hände, stellte mich auf die Zehenspitzen, reckte mich ihm entgegen und drückte meine Lippen auf seine.
J.J. erstarrte kurz vor Überraschung, doch dann umschlang er mich mit seinen Armen und drückte mich somit näher an seinen Körper.
Mein Herz pochte wie verrückt.

Seine Finger strichen über meinen Rücken und Gänsehaut überzog mich.
Meine Finger ließ ich durch seine seidigen Locken gleiten und zog leicht daran, was ihn dazu animierte, mich noch näher an sich zu ziehen.

Ich musste verrückt sein. Völlig durchgeknallt. Normalerweise hätte ich so etwas nie getan. Doch es hatte mich überkommen und er küsste so unheimlich gut.
Jetzt, da ich länger über mein Verhalten nachdachte, schämte ich mich dafür.
Wir hatte uns gerade eine Lösung überlegt und ich hatte nichts besseres zu tun gehabt, als ihn zu küssen.

Ich wollte mich zurückziehen und unsere Lippen und Körper trennen, doch J.J. ließ es nicht zu.
Er hielt mich fest an sich und als könnte er es kontrollieren, umschlang mich seine innere Wärme. Und ich ließ es zu. Hörte auf mich zu wehren.
Ließ mich voll und ganz von ihm lenken.

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Heey!

Danke fürs lesen ♡

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Kommentare und Verbesserungsvorschläge wie immer gerne erlaubt ;-)

Machts gut :-)
☆★☆★

P.S. : Vielen Dank für über 100 Reads! ♥♥♥

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