Kapitel 15

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Unsere wilde Knutscherei hatte damit geendet, dass ich nun auf J.J.'s Schoß saß und verlegen mit den Fingern durch meine Haare kämmte. Während J.J. mir dabei zusah.

"Was hatten wir eigentlich vorher besprochen?" , fragte J.J. unvermittelt. "I-Ich weiß nicht... ich glaube du hattest irgendwas mit Wasser gesagt..."
"Und wie kommst du von Wasser darauf, mich zu küssen? "
Prompt lief ich rot an und blickte zu Boden.

Ich hörte ihn lachen und er strich kurz mit der Hand über meinen Rücken. Ich bekam Gänsehaut.

Verräterischer Körper!

"Also, die Glasscheibe funktioniert nicht, der Spiegel funktioniert noch und Wasser? Hast du das schon ausprobiert? "
Zum Glück sprach er jetzt wieder von einem anderen Thema, worauf ich mich deutlich besser konzentrieren konnte.
Allerdings musste ich dazu erst einmal von seinem Schoß klettern und mich, mit ein bisschen Abstand, neben ihn setzen. Seine Nähe ließ mich verrückt spielen.

Er seufzte leise. Bedauerlich.
Und ich musste schmunzeln.
"Nein, Wasser nicht."
"Okay, dann versuchst du das das nächste mal."

Es würde ein nächstes mal geben!

"Ja ... nächstes Mal...
Und ähm, was ist jetzt mit meiner Mutter?"
Ich sah ihn schief von der Seite.
Er war so unglaublich klischeehaft, aber er sah einfach so unwiderstehlich gut aus, mit seinen Augen, den Haaren, ...

"Hast du keine Freundinnen?"
"Doch, klar..."
"Dann sag einfach du warst bei einer."
Er zuckte dabei mit den Schultern, als wäre das fast selbstverständlich gewesen.
Ich konnte ihn nur anstarren. Wieso war ich nicht darauf gekommen?

J.J.'s Sicht:

Sie war so süß. Wie sie neben mir saß und mich mit ihren unglaublichen Augen anstarrte, als wäre meine Idee brillant gewesen. Dabei war Sie so gewöhnlich und klischeehaft, dass sie mir gleich in den Sinn gekommen war.

Und ihre Augen...
Ich hatte immer noch nicht herausgefunden, was für eine Farbe sie hatten. Sie veränderten sich ständig. Mal grün, mal blau.
Und ihr Körper, der nicht so abgemagert war, wie die von diesen Mädchen, welche so dünn wie eine Spindel waren.

Was ich aber am allerliebsten mochte, war, dass sie manchmal die Dinge einfach so aussprach, wie sie ihr in den Sinn kamen. Ohne an Konsequenzen zu denken.
Und dann, wenn sie sich bewusst wurde, was sie gesagt hatte, lief sie knallrot an.

Und sogar jetzt, als ihr ganzes Gesicht mit schwarzer Wimperntusche verschmiert war, sah sie noch zuckersüß aus.
Am liebsten hätte ich sie gleich noch einmal geküsst, einzig und allein wegen diesem Gesichtsausdrucks.

Aber dann hätte ich sie nicht mehr losgelassen. Und das ging nicht.
Ich hatte schon eine Ahnung, was passierte. Warum die Scheibe nicht funktioniert hatte.
Unsere Welt wusste von ihrer. Und die Regierung wusste auch von den Schlupflöchern, wie ein Mensch aus der echten Welt hier rein kam.
Und sie wussten es auch, wenn in diesem Moment jemand hier war.

Sie wussten von ihr. Wussten, dass sie da war und gerade hier ist. Und das sollte nicht so sein. Deswegen wurden die Wege geschlossen.

Aber noch wollte ich sie ihr nicht nehmen.
Die Illusion, dass sie mich besuchen konnte, wann sie wollte. Dass es nicht irgendwann hieße, sie könne nicht mehr kommen.
Ich könnte sie nicht wieder sehen.
Sie könnte mich nicht mehr sehen.

Wofür ich dann die zeit brauchte?
Ich musste mit etwas überlegen.
Wie ich mit ihr zusammen sein konnte. Auch in verschiedenen Welten.

Ich konnte es nicht leugnen. Nicht mehr. Sie ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich wollte sie nicht loslassen. Ich hatte mich in sie verliebt. Etwas anderes gab es nicht mehr zu sagen.

Marie's Sicht:

"J.J.?!"
Er hatte seit etwa zwei Minuten nichts mehr gesagt und einfach vor sich hin gestarrt. Wo war er mit seinem Kopf denn?

"Ja?" , langsam erwachte er aus seiner Trance und sah mich wieder an. Verwirrt. Als wäre nie etwas passiert.
"Wo warst du gerade?"

"Na hier.", er grinste,"Neben dir"
"Nein, hier warst du ganz sicher nicht."
"Wo denn dann?" , er klang verwirrt.
"Du hast gerade zwei Minuten einfach vor dich hingestarrt! Egal, was ich gesagt habe, du hast mich nicht angesehen... hast mich nicht gehört"

"Oh, ups. Tut mir leid. "
War das alles?!
"Mach das bitte nicht mehr, ja? Das hat mir Angst gemacht" , gab ich dann kleinklaut zu.

Er sah mich nur an.
Biss sich auf die Lippe.
Sagte aber nichts.
Was war denn jetzt los mit ihm?

Geschlagene 3 Minuten sah ich ihn an.
Keine Reaktion.
Er sah nur zurück. Sah mir tief in die Augen. Prägte sich jeden Winkel meines Gesichtes ein.
Warum?

"I-Ich muss dann auch ... ähm ... gehen?" , ich hatte es extra wie eine Frage klingen lassen. Hatte gehofft, er würde mich aufhalten. Mich in den Arm nehmen und nicht loslassen.
Ich wollte nicht gehen. Ich wollte bei ihm bleiben.

Du kommst doch wieder

Doch er nickte nur, stand auf und ging in Richtung Badezimmer.
Er hatte nicht auf mich gewartet.
Hatte mich auch nicht aufgehalten zu gehen.

Ich spürte, wie meine Augen anfingen zu brennen. Ich hätte heulen können.
Vorhin war doch noch alles gut gewesen, oder ?

Du wirst jetzt nicht anfangen zu heulen!

Nein, das würde ich nicht. Ich wollte schließlich nicht wie eine dieser Tussis in der schule werden.
Also legte ich den Kopf in den Nacken und fächelte mir, mithilfe meiner Hände, Luft zu. Dann atmete ich nochmal tief durch und lief ihm hinterher.

Er stand im Bad. So attraktiv wie eh und je. Trotz seiner ausgewaschenen Jeans und dem schwarzen T-Shirt, der sicherlich schon bessere Zeiten gesehen hatte.
"Na dann...", fing ich an und hoffte doch noch auf eine Reaktion von ihm.

Doch ich hoffte vergebens. Sein Blick war distanziert. Als wäre nichts gewesen. Und doch schimmerte manchmal eine so starke Sehnsucht durch die Distanziertheit, dass mir schwindelig wurde.

Er war gezwungen distanziert. Aber wieso? Was war ihm in diesen zwei Minuten durch den Kopf gegangen, was diese Vertrautheit zerstört hatte?

Ich wusste es nicht und konnte es mir auch nicht erklären.
Resigniert seufzte ich.
"Bis bald"
Er nickte nur.

Meine Faust traf auf den Spiegel und er zersplitterte in kleine Scherben.
Plötzlich wollte ich ihn noch mal ansehen, aus Angst, dass es das letzte mal sein würde.

Ich sah seine Augen. Die sonst so warme, fröhliche Farbe war tiefer Trauer, Verzweiflung und Sehnsucht gewichen.
Dann würde mir schwarz vor Augen.

Die Distanziertheit in seinem Blick war gefallen.

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Heey ♥

Ich hoffe es hat euch gefallen, auch mit J.J.'s Sicht.

Kommentare und Verbesserungsvorschläge sind wie immer herzlich willkommen.

Danke fürs lesen ♡♡♡

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P.S: Schöne Faschingstage! ^-^

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