Der Gang zog sich ewig in die Länge und ich hatte keine Orientierung. Ich konnte überhaupt nicht sagen, wo wir uns gerade befanden. Wir waren irgendwo unter der Erde und wenn wir nicht bald raus kämen, würde ich verrückt werden.
Die Gänge waren schmal und nur mit ein paar rohen Steinen besetzt. Zum Glück musste, oder besser gesagt, konnte man nur gerade aus gehen, denn sonst hätten wir uns vielleicht noch verlaufen.
J.J. war die ganze Zeit hinter mir. Ich hörte seinen Atem. Gleichmäßig.
Während ich noch total aufgeregt war und unkontrolliert atmete.
Es sprach niemand ein Wort.
Liefen einfach nur Wortlos hintereinander.Dabei hätte ich gerade viel zu sagen. Ich war sauer. Stinksauer.
Auf ihn.
Auf mich.
Auf diesen seltsamen Kerl.
Auf den anderen seltsamen Kerl.
Sogar auf die alte Dame, die mich erst dazu überredet hatte.Ich konnte nicht fassen, was gerade passiert war. Ich wusste überhaupt nicht mehr, wo mir der Kopf stand. Diese ganze Situation war zu verwirrend für mich.
Schon als ich zur Tür hereingegangen war, hätte ich umdrehen sollen. Ich hätte nicht so neugierig sein sollen.Aber wie heißt es so schön? Hätte hätte Fahrradkette.
Das ganze war jetzt nunmal passiert. Und auch wenn es mich schmerzte nur daran zu denken und mir die Tränen in die Augen traten bei dem Gedanken daran, hatte es mir auch etwas gebracht und ein Stück weit die Augen geöffnet.Ich sah nun Dinge, die ich vorher nicht gesehen habe. Dinge, die vorher anders waren.
"Da hinten geht es raus", ertönte seine Stimme hinter mir. Ich war fast zusammengezuckt, weil er vorher nie etwas gesagt hatte und seine Stimme mir in diesem Gang von allen Seiten entgegenschallte.
Ich nickte stumm und sah hoch. Es war wirklich ein heller Fleck zu erkennen. Eigentlich wollte ich jetzt, dass der Gang ewig weiterging, denn ich wusste schon, was als nächstes kommen würde. Was mein nächster Schritt war. Und ich hatte Angst davor. Fürchterliche Angst.
J.J.'s Sicht :
Ich war so glücklich. Wir hatten es geschafft. Zum Glück habe ich Marie vor Scratch gefunden. Mir taten immernoch die Rippen weh, aber im Vergleich zu der Glücklichkeit, die ich in mir spürte, war das gar nichts.
Ich konnte es immernoch nicht glauben. Marie ging es gut. Den Umständen entsprechend, aber Scratch hat sie nicht bekommen.
Wenn ich mir das nur vorstellte. Sie wäre so gut wie tot gewesen.Gott, wie glücklich war ich, dass es ihr gut ging. Noch nie hat mir soviel an einem Menschen gelegen. Noch nie war ich so froh jemanden zu sehen.
Ich glaube, dass ich sie liebe. Eine Irre, die eines Tages einfach so ohne Grund vor meinem Fenster stand, aber ich liebe sie. Ich weiß nicht warum oder weshalb, aber es ist so.
Ich wollte sie am liebsten ewig in meine Arme schließen und nicht mehr gehen lassen.Wir verließen das Loch und die untergehende Abendsonne schien mir grell ins Gesicht.
Wir waren in einem kleinen Waldstück, von wo man aber am Horizont die angrenzende Stadt erkennen konnte."Wir habens geschafft!", rief ich glücklich. Sie nickte jedoch nur. Was war los?
"Alles ok?"
Sie stand mit dem Rücken zu mir, sodass ich ihr Gesicht nicht sehen konnte.
Ich legte ihr die Hand auf die Schulter, sodass sie sich zu mir umdrehte.
Tränen standen in ihren Augen.
"Was ist los?"Marie's Sicht :
"Was mit mit los ist?! Fragst du das gerade wirklich?!"
Er sah mich fragend an. Er verstand es wirklich nicht. War es so schwer zu verstehen?
Ich fühlte mich so mies, wenn ich ihm jetzt ins Gesicht sah. Er sah so glücklich aus, so fragend und ich würde ihm jetzt das Herz brechen.
Es tat so weh diese Worte loszuwerden und kaum hatten sie meinen Mund verlassen, zerbrach etwas in mir:" Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben."Etwas zerbrach in seinem Gesicht. Jede einzelne Regung konnte ich ablesen. Wie er die Worte analysierte, sie verstand und mich schockiert ansah.
"Wie meinst du das?"
Er tat so, als hätte er es nicht verstanden. Hoffend, er hätte sich verhört. Hoffend ich würde alles zurücknehmen.Tränen liefen mir über die Wangen und hinterließen kalte Spuren, doch ich spürte sie kaum. Ich fühlte mich so leer. Als hätte jemand ein Stück aus mir heraus gerissen und es tat so weh.
"Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben. Ich hab gesehen, was du für ein Mensch bist oder warst. Keine Ahnung, aber anscheinend stimmt bei dir was nicht, und ich will das für mich selbst nicht. Ich will sowas nicht"
Die Tränen rollten immer weiter. Ich wusste nicht ob er, vor lauter Tränen und Geschluchze, verstanden hatte, was ich gesagt hatte, aber sein Gesichtsausdruck änderte sich.
Er war wütend.
"Ist das dein Ernst?! Ist das dein scheiß Ernst?! Du tauchst eines Tages ohne Vorwarnung bei mir auf und jetzt, jetzt hast du entschieden, dass du das nicht willst?! Dass du nichts mit mir zu tun haben willst?!"Er drehte sich von mir weg und Raufte sich die Haare. Ich schlang die Arme um mich und schluchzte so laut, dass ich dachte, die angrenzende Stadt hätte es sogar gehört. Doch ich hatte es einfach zu lange ausgehalten und jetzt weinte ich hemmungslos.
Ich schüttelte einfach nur den Kopf.
Ich wollte nach Hause in mein Bett. Nie wieder aufstehen. Alles, was passiert war, zurückspulen.Er drehte sich wieder zu mir. Seine Augen waren voller Tränen und man konnte deutlich das Leid in seinem Gesicht erkennen.
"Bitte sag, dass das nicht wahr ist. Dass das ein schlechter Scherz ist. Bitte"Ich schüttelte den Kopf. Es tat mir so leid, so unendlich leid, doch ich konnte so nicht weitermachen. Es war zu viel gewesen. Zu viel, dass ich es verarbeiten hätte können.
"Bitte versteh mich doch"
Er schüttelte den Kopf. Tränen rannen über sein Gesicht.
Es war so ein Kontrast. Seine Augen waren so ein Kontrast zu vorher.
Sie waren so offen. Jede Emotion klar erkennbar. Seine Augen sprachen Bände.
Früher waren sie wahrscheinlich nur da gewesen, damit er wenigstens etwas sehen konnte.Plötzlich kam es mir falsch vor, wie ein Blitz der meine vorherigen Gedanken zerschnitt. Ich war verwirrt. Was sollte ich jetzt tun?
Das einzig mögliche schien mir zu gehen. Also drehte ich mich um und ging. Ging Richtung Stadt und weg von ihm. Hinter mir hörte ich noch seine Rufe. Er rief meinen Namen und versuchte mich so aufzuhalten, doch er rannte mir nicht nach.
Irgendwann waren die Tränen versiegt. Es kamen einfach keine mehr. Auch wenn ich mich immernoch so fühlte.
Und dann schlich sich langsam ein schlechtes Gewissen ein und die verurteilenden Blicke aus den Glasscheiben machten es nicht besser, doch ich ging weiter.
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Leben Hinter Glas
Romansa》"Kann ich dir irgendwie helfen?!" Er klang genervt von meiner Anwesendheit und als sähe er überhaupt keinen Grund dafür. "Äh... I-ich heiße Ma-Marie" Ich streckte ihm meine rechte Hand entgegen, die er nur ansah, als wüsste er nichts damit anzuf...