Jungkook POV
„Okay ..." Ich wusste ehrlich gesagt gar nicht wo ich anfangen sollte. Ich fuhr mir mit einer Hand durch meine inzwischen wieder etwas klebrigen und feuchten Haare. Ich entschied mich einfach für die einfach und direkte Version. „Ich bin weggelaufen."
Taehyung schien mit vielem gerechnet zu haben, aber anscheinend nicht damit.
„Weggelaufen? Aber wieso das denn? Deine Eltern machen sich doch bestimmt Sorgen um dich!"
Ich holte einmal tief Luft und ignorierte den Schmerz, welcher in meiner Brust aufflammte. „Meine Eltern sind tot."
„Oh. Tut mir Leid ich wollte nicht ... Also ich wusste nicht ..." Er fuchtelte komisch mit seinen Händen umher, da er nicht die richtigen Worte zu finden schien.
„Dir brauch das nicht Leid zu tun. Es war ja nicht deine Schuld." Ich lächelte schwach. Er nickte bloß und sah mich weiterhin eindringlich an. Es fühlte sich an wie eine stille Aufforderung, dass ich fortfahren sollte. Was ich dann auch einfach tat.
„Sie sind vor fünf Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Bis auf meine Großmutter habe ich eigentlich keine Familie mehr. Sie ist aber zu alt, als das sie sich um mich kümmern könnte. Deshalb bin ich ins Waisenheim gekommen. In den letzten fünf Jahren war ich inzwischen bei vier verschiedenen Pflegefamilien, weil die Wahrscheinlichkeit adoptiert zu werden immer geringer wird, je älter man wird. Ich habe es aber bei keiner besonders lange ausgehalten. Die Familien schienen auch mit mir nicht besonders gut klar zu kommen. Deshalb bin ich immer wieder ins Waisenhaus zurück gekommen. Da war es jetzt auch nicht besonders schön oder so. Aber da war ich immerhin nicht alleine und konnte weiterhin auf die gleiche Schule gehen wie die Anderen. Dadurch war ich wenigstens nicht alleine. Aber vor einem Monat bin ich wieder zu einer Pflegefamilie gekommen. Sie wohnten in einer ganz anderen Gegend und ich musste auch die Schule wechseln."
Ich hielt kurz inne und sah von meiner Teetasse zu Taehyung auf. Er sah mich immer noch direkt an und es sah so aus, als ob er vor hätte den Blick von mir abzuwenden. Also richtete ich meinen Blick wieder zu meiner Teetasse und fuhr fort. Ich war ihm dankbar, dass er mich in meinem eigenem Tempo erzählen ließ ohne ständig irgendwelche Fragen dazwischen zu stellen.
„Jedenfalls lief es in der ersten Woche noch einigermaßen gut. Ich war da ehrlich gesagt auch froh drüber, weil man mir gesagt hatte, dass ich jetzt bei dieser Familie bleiben sollte bis ich volljährig bin. Aber schließlich kam mein Pflegevater betrunken nach Hause und wurde handgreiflich. Er schlug nicht nur mich, sondern auch seine Frau und seinen leiblichen Sohn. Seitdem ersten Vorfall, bei dem ich dabei war kam das ganze immer öfter vor. Ich hab es einfach nicht mehr ertragen. Deshalb bin ich gestern einfach weggelaufen. Eigentlich wollte ich zum Waisenhaus laufen. Mir ist schon klar, dass sie mich einfach wieder zurück schicken würden, aber ich hatte gehofft, dass sie mir wenigstens kurz zuhören würden, damit das ganze auch für meine Pflegemutter und Pflegebruder ein Ende hat. Aber letzten Endes habe ich mich total verlaufen, weil ich noch nie zuvor in diesem Stadtteil gelebt habe. Bei den anderen Familien, bei denen ich zuvor gelebt hatte war es oft dasselbe. Zuerst häusliche Gewalt, dann Drogenmissbrauch, dann Alkoholiker und jetzt wieder übermäßiger Alkoholkonsum und häusliche Gewalt."
Ich blickte wieder zu Taehyung und sein verständnisloses Gesicht.
„Die Familien werden vorher geprüft," erklärte ich also. „Aber trotzdem kann nicht alles gewusst werden. Fälle wie diese kommen auch eigentlich eher selten vor. Im Normalfall kommt man in eine Pflegefamilie und bleibt da auch, bis man Erwachsen und alt genug ist. Ich hatte halt eben kein Glück."
Nun sah ich Taehyung besorgt an. Ich wollte nicht, dass er Mitleid hatte. Ich wollte einfach nur, dass er mich verstand. Ich wusste nicht wieso, doch durch das Mitleid der Leute fühlte ich mich schwach. Ich wollte mich aber nicht schwach fühlen. Außerdem wusste ich, dass irgendwann eine bessere Zeit für mich kommen würde. Bis dahin musste ich einfach stark sein.
Taehyung hatte immer noch nichts gesagt und langsam machte ich mir doch irgendwie Sorgen. Was, wenn er mich bloß für irgendeinen Ausreißer hielt, der mal ein bisschen Aufmerksamkeit wollte? Ich wollte nicht, dass er irgendwie schlecht über mich dachte!
Nun erhobt Taehyung sich stumm und kam um den Tisch herum zu mir. Als er vor mir stand drehte ich mich zu ihm. Ich hatte keine Ahnung, was ich jetzt erwarten sollte. Doch er bückte sich nur zu mir herunter und nahm mich in seine Arme. Ich wusste nicht was ich machen sollte, weil ich damit wirklich überhaupt gar nicht gerechnet hatte. Sein Atem streifte mein Ohr, wodurch ich Gänsehaut bekam. Es war schon eine Ewigkeit her, dass mich zuletzt jemand so umarmt hatte wie Taehyung es jetzt gerade tat. So liebevoll und vorsichtig, aber gleichzeitig so stark und aufbauend. Die letzte Umarmung solcher Art hatte ich von meiner Mutter bekommen. Ich schloss die Augen und legt meine Arme um den Rücken Taehyungs.
Schließlich flüsterte er: „Ich kann schon verstehen wieso du da weg wolltest. Ich glaube ich wäre an deiner Stelle nicht so stark gewesen, wie du es bist."
Bei diesen Worten hätte ich am liebsten angefangen zu heulen. Er verstand mich und akzeptierte alles. Und nicht nur das. Er fand, dass ich stark war.
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My hero (BTS, Vkook FF)
FanfictionTaehyung war ein normaler Student und schwul. Doch glücklicherweise haben sowohl seine Familie, als auch seine Freunde diese Tatsache ohne Probleme akzeptiert. So verläuft sein Leben in geregelten Bahnen. Doch als er einen völlig durchnässten Jungen...