Übung macht den Meister

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Es war schon später am Abend. Kagami-chan hatte es auf eine seltsame Weise in die angrenzende Turnhalle getrieben. Zunächst stand sie wie bestellt und nicht abgeholt in der großen, leeren Halle. Ließ die Umgebung auf sich wirken. Unschlüssig ging sie einige Male auf dem Spielfeld auf und ab. Was sie getan hatte beschäftigte sie und es tat ihr sogar fast leid. Hatten sich der Frust und all die anderen negativen Gefühle im Laufe der Zeit wirklich so heftig angestaut? Langsam blieb sie stehen und sah am Spielfeldrand einen Basketball liegen. Unweigerlich musste sie an Taiga denken, dieser Sport war ihm ziemlich wichtig und das hatte sie zu jeder Zeit zu spüren bekommen. Entschlossen bückte sie sich nach dem orangenen Ball und drehte ihn kritisch musternd ein paar Mal. Sie verstand es einfach nicht. Wie konnte ein Ball so viele Leute einnehmen. Ohne Frage sah es spektakulär aus, wenn einige die es drauf hatten, den Ball im Korb versenkten und die Geschwindigkeiten die manche an den Tag legten, waren auch nicht ohne. Aber wie konnte man nur sein ganzes Leben danach ausrichten? Prüfend wandte sie den Blick zu einem der Körbe und schätzte die Entfernung.
Ob sie wollte oder nicht, sie musste jetzt herausfinden, was dieser Sport nur an sich hatte. Etwas unbeholfen trat sie an die Freiwurflinie und starrte sekundenlang auf den Korb.
Komm schon, gib dir einen Ruck und wirf einfach, dachte sie und rang mit sich. Von einer plötzlichen Unsicherheit gepackt ließ sie den Ball sinken. Was mach ich hier eigentlich?
Doch sie wollte es unbedingt wissen. Langsam hob sie die Arme und es sah mehr als unkoordiniert und amateurhaft aus. Aber sie warf, ... zu kurz. Etliche Zentimeter vor dem Korb plumpste der Ball wie ein Stein auf den Boden, prallte mehrfach auf diesem auf und kullerte wenige Zentimeter weiter. Grummelnd startete sie einen neuen Versuch und hob den Ball auf. Mit wesentlich mehr Entschlossenheit den Korb zu treffen, stellte sie sich wieder an die Linie und nahm regelrecht Schwung, doch der Ball prallte daraufhin einfach am Korbbrett ab und schoss auf sie zurück. Mit einem kleinen Sprung brachte sie sich vor dem Ball in Sicherheit. Das Letzte was sie wollte, war einen runden Abdruck im Gesicht.
Nun war ihr Ehrgeiz geweckt, ein drittes Mal versuchte sie denn Ball in den Korb zu werfen und schmiss ihn einfach irgendwie in die Richtung. Doch der Ball gelang nicht einmal Ansatzweise in die richtige Richtung, geschweige denn, in eine angemessene Höhe. Gefrustet stemmte sie die Hände in die Hüften und sah zu, wie der Ball weg kullerte.
»Was mach ich denn nur falsch?«, fragte sie sich laut.
»So ziemlich alles«, antwortete eine Stimme nüchtern. Erschrocken fuhr sie zu der Stimme herum. Nachdem ihr der Schreck durch die Glieder glitt, sah sie ihn genervt an.
»Keine Sorge ich mach dir schon Platz«, sagte sie grummelnd. »Ich will dich ja nicht bei deinem Training stören. Sonst heißt es bei der nächsten Niederlage, dass ich daran Schuld war. Das verzeiht mir Momoi-san nie«, der Sarkasmus der mitschwang, war nicht zu überhören.
»Ich trainiere nicht mehr«, sagte der blauhaarige Hüne schulterzuckend und ging auf sie zu. »Wenn ich noch mehr trainiere, habe ich bald gar keine Herausforderung mehr.«
»Du bist gar nicht überheblich, oder?«, sagte sie und hob eine Braue.
Da grinste Aomine schief.
»Du kannst gerne mal einen Blick auf die Spielestatistiken werfen.«
»Danke, ich verzichte.«
Langsam hob er den Ball auf, der noch auf dem Boden lag und musterte sie kurz.
»Wieso hast du dich am Basketball versucht? Hat das Fotografieren bei den Spielen dein Interesse dafür geweckt?«, fragte er.
»Was? Nein«, entgegnete sie empört.
»Ach, also treibt es dich ganz zufällig so spät hier her und ganz ohne Grund versuchst du ein paar Körbe zu werfen?«
»Ja.«
»Das ist doch glatt gelogen«, lachte er kurz auf. »Du bist echt schlecht darin«
Da runzelte die Rothaarige die Stirn.
»Worin?«
»Im Lügen ... und Basketball«, feixte der Power Forward.
Da legte sich ein leichter Rotschimmer über ihre Wangen.
»Ich spiele auch nicht. Das war nur ... mal so. Der Ball lag da so rum.« Was gebe ich mich mit dem eigentlich ab? Ich sollte gehen, bevor der wieder frech wird, darauf hab ich gerade echt keine Lust.
»Naja, wie auch immer. Ich geh mal, trainier du lieber etwas, die anderen sind fleißiger als du«, sagte sie abwinkend.
»Moment mal«, hielt Aomine sie zurück. »Du hast noch nicht getroffen.«
Da drehte sie sich ihm wieder entgegen.
»Na und?«
Ein leichtes Lächeln glitt über sein Gesicht und er wank sie zu sich.
»Komm mal her.«
Da schoss ihre rechte Augenbraue gerade zu in die Höhe. Der will mich wohl verarschen?!
»Wieso?«
»Komm einfach.«
Warum sie wieder auf ihn zu ging, wusste sie selbst nicht. Kritisch und mit einer gesunden Portion Misstrauen näherte sie sich Aomine und blieb etwas abseits von ihm stehen.
»Also was ist?«, doch da warf er ihr bereits den Ball zu, total perplex fing sie ihn eher aus einem Reflex heraus und hätte ihn um Haaresbreite fallen lassen.
»Werf nochmal«, sagte er auffordernd.
Ganz klar, der verascht mich!
»Wieso sollte ich das machen?«, fragte sie verdutzt. »Nur damit du was zu lachen hast?«
»Jetzt tu es einfach.«
Genervt seufzend stellte sie sich an die Freiwurflinie und versuchte ihre Unsicherheit zu kaschieren, aber sie war einfach nur grottenschlecht und diese Tatsache konnte man nicht verstecken. Mit viel Überwindungskraft warf sie den Ball, aber er prallte wie zuvor einfach wie ein Flummi am Brett ab und klatschte laut auf den Boden. Das Geräusch hallte laut in der Turnhalle wieder, doch ein Geräusch auf das Kagami-chan wartete blieb aus. Ein lautes Lachen.
Stattdessen ging er auf den Ball zu, hob ihn auf und drückte ihr diesen erneut in die Hand.
Fragend sah die Rothaarige den Power Forward an.
»Du bist viel zu steif, du darfst den Ball nicht wie ein Stein werfen und wir sind hier auch nicht beim Kugelstoßen«, sagte er sachlich. »Versuch es mehr aus den Handgelenken, die bestimmen die Richtung.«
In dem Augenblicken, in dem er es ihr erklärte, trat er hinter sie und legte kurz seine Hände auf ihre Schultern um sie zu lockern.
»Mit ihnen kannst du auch die Kraft, mit der du werfen willst, besser regulieren«, langsam griff er von hinten um sie herum und packte leicht ihre Ellenbogen um sie in dem richtigen Winkel zu fixieren. »Die Ellenbogenhaltung ist bei Anfängern auch wichtig. Dadurch entlastest du bis zum Wurf deine Handgelenke.«
Ihr wurde ganz komisch, irgendwie breitete sich eine unangenehme Wärme in ihrem Rücken aus und kroch ihr in die Ellenbogen, wo er sie berührte. Es war ihr nicht geheuer, dass er ihr so nahe war.
Als Aomine sie quasi fertig fixiert hatte, zog er seine Hände zurück und forderte sie erneut auf zu werfen. Doch sie verfehlte.
Das entlockte dem Blauhaarigen dann doch ein leises Kichern.
Da ist es, er lacht mich aus, eingeschnappt schnippte sie zu ihm herum und sah ihn genervt an.
»Nicht so steif«, mahnte er grinsend und holte den Ball ein weiteres Mal. »Es ist eine fließende Bewegung.«
Von neuem gab er ihr den Ball.
»Ok, komm schon, ich werde dir das mal genauer zeigen.«
Als hätte sie einen Schlag ins Gesicht bekommen, begannen ihre Wangen und Ohren heiß zu glühen und das nur, weil er plötzlich wieder viel zu nah bei ihr stand und dieses Mal mit seinen Händen ihre Handgelenke leicht umgriff.
»Locker machen«, mahnte er erneut und seine Stimme hallte heißer in ihrem Ohren wieder.
Das ist zu nah, dachte sie panisch.
Als er so nah bei ihr stand, fiel ihm etwas auf und Aomine stieß sie kurz mit seinem Knie an.
»Hey, versuch gleichmäßiger zu atmen.«
Ich atme wie ich will, außerdem was soll überhaupt diese Trainermasche?!, schoss es durch ihr aufgeweichtes Hirn. Doch ehe sie weiter einen Gedanken daran verlieren konnte, glitten seine Finger über ihre Handgelenke, runter zu ihren Unterarmen und er übernahm die Führung. Wie von selbst flog der Ball auf den Korb zu ... und ... prallte am Ring ab.
»Na ja, ... fast«, sagte er und sah dem Ball hinterher.
Mit hochrotem Kopf stand Kagami-chan neben ihm und wusste nicht, wie ihr geschah. Was sollte das denn nur? War das wirklich der Aomine Daiki, der sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit dumm von der Seite anmachte und immer wieder aufs Neue einen Streit von Zaun brach? Wo war der Kerl von heute Morgen hin, der ihr eine verbale Ohrfeige nach der anderen verpasste?
»Ist irgendwas?«, fragte er, als er ihre skeptische und überraschte Miene bemerkte.
»Was?! Nein!«, schoss es aus ihr heraus und sie drehte sich schnell weg, tat so als würde sie den Ball aufheben. Wer zum Teufel ist DAS?!
»Versuch es noch einmal, eben hast du ja fast getroffen.«
Ermutigt er mich etwa?
Leicht nickte sie mit dem Kopf.
Versuch Nummer Sieben.
Wieder stellte er sich ungefragt hinter sie und umgriff sie. Die Fotografin konnte sich gar nicht mehr richtig auf den Wurf konzentrieren, sie war viel zu sehr abgelenkt von diesen ungewohnten Berührungen. Sie spürte, wie sich jeder einzelne Muskel in seinen Armen und dem Brustbereich mit ent- und anspannten. Wieso machte sie das nur so nervös und wieso brannten ihre Ohren wie Feuer?!
Die Folge war die Gleiche, er führte, der Ball flog und verfehlte knapp.
Als er sie los ließ fühlte sie sich, als wäre sie einen Marathon gelaufen. Ihr Herz hämmerte ihr viel zu heftig gegen die Brust und ihren Atem versuchte sie auch krampfhaft unter Kontrolle zu bekommen. So was war ihr ja noch nie passiert, er brachte sie völlig aus dem Gleichgewicht. Aufmerksam sah sie zu, wie er den Ball aufhob und ihn regungslos in den Händen hielt. Den letzten Wurf ließ Aomine kommentarlos.
»Wenn ich so weiter mache, werde ich noch Konkurrenzfähig«, versuchte sie in die Stille zu scherzen.
Das entlockte ihm wirklich ein Lächeln.
»Ja, ... in 30 Jahren vielleicht«, doch plötzlich wurde der Blauhaarige ungewohnt ernst. »Hör mal, ...«, begann er . »Das heute morgen, ...«
Erwartungsvoll und fragend wartete sie auf den Rest.
»Ich war vielleicht ein kleinwenig zu ..., sagen wir, ... unfair.«
Eine Entschuldigung? Die kam aber plötzlich ...
»Ähm, ... Ja das warst du«, sagte sie trocken und hob wieder eine Braue. Nochmal, wer ist dieser Typ? Das kann unmöglich der Selbe sein!
»Wie auch immer« , schloss der Power Forward ab.
Ich will in seinen Kopf gucken, SOFORT!!
»Willst du es ein letztes Mal versuchen?«, bot er ihr an.
»Hmm, ... «, sie rang mit sich. »Ok, ein Mal noch. Dann ist aber gut, sonst habe ich morgen Muskelkater.«
»Von ein wenig Werfen bekommt man keinen Muskelkater.«
»Ich bin ein Sportlicher -Tiefflieger. Glaub mir, ich bekomme schon vom Zusehen Erschöpfungserscheinungen«, sagte Kagami-chan und nahm ihm den Ball aus den Händen.
Das entlockte ihm ein kurzes Lachen.
»Niete.«
Erst versuchte sie es alleine, doch irgendwie bekam sie diese Art "Grundstellung" nicht hin und versuchte ihre Ellenbogen wieder in diesen Winkel zu bekommen. Wieso tat sie sich ohne seine Hilfe dabei so schwer?
»Schaffst du es, oder soll ich noch Mal Hilfe geben?«, fragte er, doch ihre konzentrierte Miene sprach Bände.
»Es ... geht schon ...«, sagte sie und fixierte den Korb. Da lachte er erneut kurz auf.
»Oi, nicht immer so steif. Du bist zu verbissen«, und ZACK stand er wieder hinter ihr.
Gleich versagte Kagami-chans Herz, sie spürte es deutlich, entweder würde es einfach explodieren, oder aufhören zu schlagen, weil es total überfordert war. Mehr Optionen blieben nicht. Sie hoffte nur, dass er es nicht spürte, oder gar hörte. Oh Gott, konnte man den Herzschlag anderer hören, wenn man nur hinter jemanden stand?!?
Dieser Wurf verging wie in Zeitlupe, jede Faser spürte sie, jede noch so kleine Muskelregung. Der Ball flog, die Linie stimmte.
Aber getroffen, hatte sie dennoch nicht.
»Das war ja ganz knapp«, dröhnte eine andere Jungenstimme durch die Halle.
Im Schlendergang kam der Kapitän der Tōō- High auf die beiden zu.
»So spät noch hier?«
»Ja«, antwortete Aomine. »Sie wollte sich nochmal gepflegt blamieren.«
PADAUTZ!!
Da war er wieder, der verbale Kracher und der echte Aomine Daiki.
Ggrrrrr ... Blödmann, knurrte sie in Gedanken. Wie konnte sie sich nur so täuschen lassen?

Mit sichtlich schlechter Laune ging der Power Forward der Seirin-High durch die Flure. Selbst ein paar Tage später, pochte das blaue Auge, welches er sich von seiner Zwillingsschwester eingefangen hatte, ziemlich unangenehm. Und abstreiten, dass es leicht schmerzte, konnte er auch nicht. Was hatte er sich dabei gedacht? Er hätte es besser wissen müssen, denn so unterschiedlich waren sie nicht. Beide hatten ein Temperament, das auf gewisser Ebene gefährlich werden konnte und sie neigten auch dazu schnell ausfallend zu werden und die Geduld zu verlieren. Aber das ihre Zündschnur so kurz geraten war, überraschte selbst ihn ein wenig. Wobei, ... wenn er recht darüber nachdachte, Haruka hatte mehr als genug Zeit die Enttäuschung und Wut über ihn zu stauen und zu sammeln. Gedankenverloren verließ der Rothaarige das Gebäude und ging auf eine Bank zu, die am Waldrand stand. Er hatte seit dem Vorfall auf gar nichts Lust, nicht einmal darauf ein paar Körbe zu werfen, obwohl er sich dabei abreagierte. Als er auf die Bank zutrat, kam ein leichter Wind auf, der kühle Abend tat gut und kühlte auch sein Gemüt etwas ab. Antriebslos ließ er sich quasi auf die Bank plumpsen und atmete tief durch. Die Hände tief in den Hosentaschen vergraben legte er den Kopf nach hinten und sah in den Wolkenverhangenen Himmel. Das lief ganz und gar nicht so wie er es erwartet hatte, aber was genau hatte er eigentlich erwartet? Womit hatte er gerechnet? Wenn Kagami-kun ehrlich zu sich selbst war, hatte er im tiefsten Inneren geahnt, ... das es wohl eher so ablaufen würde. Genervt grummelte er, er machte sich viel zu viele Gedanken darum. Wieso beschäftigte ihn das nur so? Er musste immerhin den Kopf für das Spiel nach den Ferien frei bekommen. Für solche ... Probleme, blieb keine Zeit.
Und da war es wieder, er log sich nur weiter an. Leicht wühlte er in seiner Hosentasche und zog etwas daraus hervor.
Es war das Foto.
Wieso er es bei sich trug, konnte sich Kagami-kun selbst nicht genau beantworten, vermutlich steckte er es immer wieder unbewusst ein. Mit einer Hand entfaltete er das Foto und sah es sich zum gefühlt hundertesten Male an. Dann schweiften seine Gedanken zurück, zu der Zeit nach dem das Foto entstand.
Es war ein ähnlicher Sommerferienanfang wie dieser.
Warm, freundlich, heiter.
Die beiden Zwillinge waren zu der Zeit unzertrennlich. Beide hatten gerade die Grundschule abgeschlossen, als es Spruchreif war, dass Kagami-kun nach Amerika fliegen würde. Wenige Wochen bevor er flog, trafen die beiden sich mit gemeinsamen Freunden auf einem asphaltieren Sportplatz. Sein Zwilling hatte, wie immer mit einigen Mädchen am Rand gesessen und dem Spiel der Jungen zugesehen. Dabei tratschten sie über alles mögliche. Zu der Zeit wirkte sie auch nicht so verschlossen und reserviert, wie sie es jetzt war.
Langsam schloss der Hüne die Augen und erinnerte sich weiter, ... intensiver.
Er erinnerte sich noch genau. Einer der anderen Jungen hatte den Ball weit ins Abseits befördert und er kullerte in einen Busch nahe einer Treppe.
Die Aufmerksamkeit der Mädchen wurde durch das Motzen der Jungen geweckt.
»Mensch, kannst du nicht aufpassen? Wir sind hier nicht beim Volleyball«, schimpften die anderen auf den Jungen ein.
»Ja, doch. Sorry«, sagte er entschuldigend.
»Und wo ist er jetzt hin?«
Suchend sahen die Jungs sich nach dem Ball um, doch die Mädchen hatten gesehen wo er hinflog.
»Die suchen in der falschen Richtung«, sagte eines der Mädchen spöttelnd.
Da seufzte die junge Kagami-chan, erhob sich langsam und klopfte sich den Dreck von der Hose.
»Hört auf euch lustig darüber zumachen«, sagte sie trotzig.
»Wieso?«, kicherten die anderen weiter. »Lass sie doch suchen.«
Doch da wank Kagami-chan genervt ab und ging auf ihren Bruder zu.
»Hey, Tai-chan«, sagte sie breit grinsend und legte ihre Hände von hinten auf seine Schultern. Überrascht wandte er sich um.
»Was ist?«
»Ich weiß wo euer Ball ist«, sagte sie und stellte sich vor ihn. »Bevor ihr noch ewig sucht, hol ich ihn euch, ok?«
Ihr Zwillingsbruder schenkte ihr ein dankbares Lächeln.
»Danke, ich sag nur den anderen bescheid.«
»Dafür schuldest du mir was, Nii-chan«, sagte Kagami-chan und gab ihn einen beherzten Stoß in die Rippen.
»Alles klar«, lachte da Kagami-kun laut auf und rieb sich leicht die Rippen.
Daraufhin machte sich Kagami-chan auf den Weg zu dem Busch in dem der Ball lag.
Im Augenwinkel sah er wie sich eine Gruppe von anderen Jungen die Treppe hochbewegte. Er dachte sich nichts weiter dabei und nahm einen Schluck aus seiner Wasserflasche, die anderen die mit ihm spielten, atmeten auch kurz durch.
Doch als es plötzlich lauter wurde, wandte auch Kagami-kun sich um. Bevor er jedoch realisierte, was genau los war, sah er nur wie einer der hinzugekommenen Jungen seine Schwester grob am Arm packte und sie in Richtung der Treppe stieß. Es ging alles schneller, als es sollte. Sein Blick traf sich kurz mit dem seines Zwillings, vermutlich wusste sie auch nicht wie ihr geschah. Fassungslos ließ er seine Wasserflasche fallen und ...
Schreckte heftig hoch. Verstohlen und gehetzt sah sich der Hüne prüfend um. Er war doch wirklich weggedämmert und hatte von diesem Vorfall geträumt. Der Schreck saß tief, der Schweiß ran ihn von der Stirn als wäre er über den Court gerannt. Plötzlich fröstelte es ihn, tief durchatmend fuhr er sich mit der Hand über das Gesicht.
»Verdammt«, knurrte er und bemerkte, dass er das Foto mit der anderen Hand fest umklammerte. Er hatte lange nicht mehr diesen ... Alptraum gehabt. Aber er fühlte sich genauso, hilflos und unnütz wie an jenem Tag. Es verfolgte ihn sogar im Schlaf. Schwer seufzend beugte er sich vor und vergrub das Gesicht in seinen Händen.
»Kagami-kun«, hörte er da eine Stimme vorsichtig sagen. Langsam sah der Angesprochene auf und war sichtlich überrascht. Stirnrunzelnd beäugte er das Mädchen, welches sich zu ihm gesellte.
»Du bist doch die vom Journalisten-club, die mit dem anderen Team hier ist, oder?«, fragte er und musterte sie grimmig dreinschauend.
Bestätigend nickte Kaiou Suki und setzte sich ungefragt neben den Power Forward.
Als sie weiter schwieg ergriff Kagami-kun wieder das Wort.
»Du wirst dich ja nicht ohne Grund zu mir gesetzt haben, oder?«
Da wandte die Blauhaarige den Blick zu ihm und sah ihn eindringlich an.
»Ich wollte mich für Haruka-san entschuldigen. Da sind ihr wohl ein paar Sicherungen durchgebrannt. Sie hat es vermutlich nicht einmal so gemeint«, begann sie ernst. »Sie will mir einfach nicht sagen, was da zwischen euch vorgefallen ist.«
»Weil ihr alle zu neugierig seit, deshalb sagt sie nichts«, entgegnete er grimmig.
»Ist das der Grund, weshalb du dich auch in Schweigen hüllst, Kagami-kun?«, drang nun eine weitere Stimme an sein Ohr.
Das Kuroko plötzlich vor ihm stand, überraschte ihn nicht im geringsten, er hatte es sogar schon fast geahnt. Aber das die Managerin der Tōō- High bei ihm war, entlockte ihm ein kurzes Zucken mit der Augenbraue.
»Wieso interessiert euch das alle so brennend?«
»Eigentlich ist es mehr Sorge, als Neugier«, sagte der Hellblauhaarige.
Da stöhnte der Hüne resignierend auf und lehnte sich zurück, sein Blick ruhte lange auf dem Foto in seiner Hand, ehe er zu seinem Teamkameraden aufsah.
»Meinet wegen, aber erwartet jetzt nichts außergewöhnlich Spektakuläres«, begann der Rothaarige und ließ den Kopf wieder leicht hängen.

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