Das Spiel Kaijo gegen Seirin, lag endlich hinter ihr. Es war schon wieder viel zu aufregend und sie hasste sich dafür, dass sie zu dem Zeitpunkt noch immer keine neue Kamera hatte. Da wären bestimmt ein paar wirklich schöne Fotos rumgekommen. Aber es sollte nicht sein, damit musste sie leben. In der Schule war auch alles wie immer, der Alltag hatte sich wieder eingeschlichen. Man stand früh auf, ging zur Schule, ging seinen Pflichten nach und traf sich eventuell Nachmittags mit Freunden, zum Hausaufgaben machen, oder gemeinsamen Langweilen. Was Anfang der Woche der Fall war.
Aber Kagami-chan ging weiter ihrer Arbeit nach, sie hatte nun endlich das Geld für ihre neue Kamera zusammen, aber dieser Aushilfsjob in Sonoko-sans Laden machte ihr wirklich Spaß. Und um die Woche mit den "extra" Hausaufgaben, die ihr Aomine einfach so untergejubelt hatte, der konnte sie bisher gut ausweichen. Zumindest hatte er es nicht wieder erwähnt. Aber nun hieß es mal ein paar Stunden keine Gedanken machen. Es war ein Samstag und Sonoko-san erwartete sie frühestens gegen zehn Uhr im Laden, also beschloss sie etwas zu tun, was schon längst überfällig war und trat vor die Haustür, an der sie von einem kühlen Schwall Luft begrüßt wurde. Sie konnte es selbst kaum glauben, dass sie ihren inneren Schweinehund wirklich überwunden hatte und sich in ein paar Sportklamotten zwängte. Nach ihrem Unfall vor ein paar Jahren, hatte die Fotografin keinerlei Sport mehr gemacht, früher war sie ab und an mal Wandern und musste während der Reha wieder etwas Muskelaufbautraining machen, aber ob das als Sport galt? Und außer das herumkriechen in Bäumen und Sträuchern hatte sie keinerlei Bewegung. Das es so früh am Morgen war, war bei den Temperaturen zwar nicht ganz verkehrt, aber man spürte langsam, dass sich der Herbst ankündigte. Kagami-chan schob nur kurz die Ärmel ihres giftgrünen Hoodie hoch und sah sich prüfend um. Es dämmerte gerade, die Sonne verpasste den Häusern noch einen seltsam blass wirkenden Anstrich. Vermutlich lag es an dem leichten Nebel, der sich ausbreitete und sachte die Luft erfüllte. Einen tiefen Atemzug nehmend, streckte sich die Rothaarige ausgiebig und stellte fest, dass es doch ziemlich leise war. Das Viertel in dem sie mit ihrer Tante wohnte war zwar ohnehin schon ruhig gelegen, aber um die Uhrzeit, an einem Samstag war kaum jemand unterwegs, erst später würde sich die Straße füllen. Kurz stützte sie sich am Zaun ab und dehnte ihre Waden. Wenn sie eines wusste dann, dass man nicht ohne sich etwas aufzuwärmen losrennen sollte.
So, nun bleibt mir nur noch eines zu tun, dachte sie und steckte sich ihre Kopfhörer in die Ohren. Wenn man sich schon diese Torturen antat, dann doch bitte mit dem nötigem Motivationshelfer. ... Musik. Die ersten paar Meter ließen sich erstaunlich gut laufen, doch sie spürte wie es sie mehr und mehr anstrengte und schon nach wenigen Straßenzügen schmerzhaft heiß in ihren Waden zog und brannte. Sie war wirklich sowas von unsportlich, dass sie dafür eigentlich schon wieder ein Preis verdient hätte. Nur noch den Straßenzug, dann würde sie erstmal das Tempo drosseln, doch etwas stoppte sie abrupter als ihr lieb war. Sie stieß doch wirklich mit jemanden zusammen, der wie aus dem Nichts aufgetaucht war. Kurz strauchelte sie, doch fand schnell ihr Gleichgewicht wieder, zog ihre Ohrstecker heraus und sah sich die Person genauer an, die motzend und fluchend vor ihr stand.
»Ach nee, da denkt man an nichts Böses und dann kommst DU«, knurrte sie abfällig.
»Wenn ich dich drauf hinweisen dürfte, dass DU in mich gerannt bist? ... Und das zum zweiten Mal.«, motzte der Blauhaarige.
»Ist ja gut, entschuldige«, brummte Kagami-chan und strich kurz über ihren Pullover.
»Was machst du eigentlich so früh?«, fragte Aomine dann doch etwas neugierig und musterte die Rothaarige.
»Joggen?«, entgegnete sie.
»Joggen? Das wirkte als wärst du auf der Flucht.«
»Vielleicht bin ich das ja«, brummte sie leise, doch er schien es dennoch gehört zu haben und sah sie fragend an.
»Kagami, so wird das nichts«, sagte er schließlich.
»Wie bitte?«
»Wenn du laufen willst, dann nicht als würdest du einen 100 Meter Sprint hinlegen wollen.«
Aomines Ton war fast mahnend, er versuchte doch nicht etwa wieder den Trainer raushängen zu lassen, oder?
»Was kann man beim Laufen schon falsch machen?«, hinterfragte sie stirnrunzelnd und stemmte die Hände in die Seiten. »Man wärmt sich auf und ab geht's.«
»Du bist wirklich eine Niete«, sagte er kopfschüttelnd und griff sie kurz am Arm, nur um sie in eine Richtung zu drehen. »Hopp, los!«, drängte der Power Forward.
»Was soll das?«, entgegnete sie etwas überrumpelt und sah ihn strafend an, als sie jedoch keinerlei Anstalten machte sich zu bewegen, griff er sie erneut am Arm und zog sie mit sich. »Aomine, warte mal was soll das?«
»Ich zeig dir mal wie man effektiv läuft, ohne das du anschließend ein Sauerstoffzelt brauchst«, sagte Aomine. » ... oder eine Wiederbelebungsmaßnahme«, fügte er noch nüchtern hinzu. »Wichtig ist, dass du auch nicht sofort übertreibst. Viel hilft nicht immer viel. Steiger die Strecken und das Tempo stätig.«
»Soll heißen?«, stieß sie zwischen den Schritten hervor.
»Je nachdem wie oft und viel du läufst, naja, vielleicht jede Woche ein oder zwei Kilometer mehr.«
»Wieso in so langen Abständen?«
Erst schwieg er eine Weile, dann sah er sie kurz von der Seite an.
»Weil du erst damit anfängst und viele den Fehler machen und die "Leistung" übers Knie brechen wollen. Dabei schaden sie sich mehr, als es von Nutzen ist«, doch dann deutete er kurz auf ihr Knie und wurde ungewohnt ernst. »Außerdem solltest du nicht unbedingt übertreiben, ich denke mal außer der Reha, hast du nichts weiter gemacht, oder?«
Beschämt sah sie zur Seite.
»Stimmt«, war ihre kurze Antwort. Das er sich daran erinnerte was ihr Bruder über den "Unfall" erzählte, hätte sie nicht gedacht und war doch etwas überrascht darüber. Aber er holte sie schneller auf den Boden der Tatsachen zurück, als sie angenommen hatte.
»Aber etwas mehr Sport kann dir wirklich nicht schaden«, warf Aomine kurz ein.
»Das weiß ich selbst.«
»Ja? Also ist dir die Wampe auch schon aufgefallen?«, sagte er gehässig und tätschelte kurz ihren Bauch im Lauf.
»Blödmann«, knurrte sie und wäre um Haaresbreite gestolpert, doch bevor sie vollends das Gleichgewicht verlor und sich auf dem Asphalt lang legen konnte, reagierte Aomine geistesgegenwärtig und griff sie am Arm, um sie am Fallen zu hindern. Erschrocken japste Kagami-chan auf und klammerte sich kurz an ihn. Als sie wieder einigermaßen aufrecht stand musste er gehässig kichern.
»Da hab ich dich jetzt wohl voll aus dem Konzept gebracht«, feixte der Hüne.
»Jemanden zu sagen, dass er fett ist, ist nicht die feine Englische«, knurrte sie beleidigt und atmete tief durch.
»Ich sagte ja auch nicht, dass du fett bist.«
»Sondern?«
»Würdest du mir glauben, wenn ich sage ... plüschig?«
»Du elender Mistkerl«, entfuhr es ihr und sie verpasste ihm einen eher lieblos ausgeführten Schlag gegen den Brustkorb.
»Ich weiß, du hast nur dickes Fell, oder?«, setzte er nach und ihr stieg augenblicklich die Röte ins Gesicht.
»Das brauch ich bei dir auch«, konterte die Fotografin. »Ich hab manchmal das unbändige Verlangen dich zu würgen.«
»Tu dir keinen Zwang an«, sagte er schulterzuckend.
»Du bist wohl masochistisch veranlagt?«, fragte sie trocken.
»Sadistisch«, entgegnete er schief grinsend und warf ihr einen Blick zu, bei dem ihr ein Frösteln über die Haut kroch und es ihr unangenehm in den Fingerspitzen kribbelte.
Wie konnte dieses Gespräch plötzlich so eine Richtung einschlagen? Er hatte in letzter Zeit ohnehin schon so eine eigenartige Wirkung auf sie. Und sie hasste sich dafür, ihm immer wieder so auf dem Leim zu gehen wie eine verdammte Fliege, die sich zu nah an eine Venusfliegenfalle heranwagte und in den Fängen jämmerlich zu Grunde ging.
»Sag mal,«, begann er plötzlich ernst. »Wieso hast du mich neulich auf dem Sportplatz einfach so geküsst?«
BAMMM!!! Jetzt hatte die Fliegenfalle gnadenlos zugeschnappt!! Und ihr blieb nichts anderes übrig, außer wild mit den Flügeln zu schlagen, doch sie wusste, dass es nichts bringen würde. Die Fänge waren das reinste Gefängnis, aus dem man nur mit einer großen Portion Glück wieder frei kam, oder verkrüppelt, doch viel Hoffnung hegte sie nicht. Also versuchte sie den Rest ihrer Fassung zu wahren und so nüchtern wie möglich zu antworten.
»Keine Ahnung? Einfach so?«, entgegnete sie schulterzuckend.
»Einfach so? Und das soll ich dir so ohne weiteres glauben?«, fragte er ungläubig.
»Meine Güte, ich hab doch auch nicht so nachgehackt als du mich einfach geküsst hast, oder?« Langsam wurde es ungemütlich und sie konnte mit ihren kleinen imaginären Flügeln nur mühevoll gegen diesen Klammergriff ankämpfen. Wenn sie nicht verdaut werde wollte, musste sie langsam aber sicher etwas tun, sonst stand sie noch weiter unten in der Nahrungskette und Aomine zeigte ihr deutlich wo ihr Platz war.
»Ja, weil es da offensichtlich um eine Wette ging«, stellte er schief grinsend klar. »Aber bei dir ist mir der Grund nicht ganz klar.«
»Es gab keinen nennenswerten Grund.«
»Den gibt es anscheinend nie.«
»Wieso fragst du nach einem blöden Kuss? Viel lieber würde mich interessieren, weshalb du mich vor Majin nicht geküsst hast und es nur vorgetäuscht«, entgegnete sie und bevor sie realisierte, was sie ihm gerade auf dem Silbertablett servierte, fuhr ihr schon ein Schauer über den Rücken und ihr brach der kalte Schweiß aus. Das Aomine vor dem Fastfoodladen, sie lediglich an der Kapuze hinunter gezogen hatte und ihr ins Ohr flüsterte, dass sie mitspielen sollte, war für sie mehr als überraschend gewesen und irgendwie ... nicht nachvollziehbar, nach dem er sich bisher eigentlich nie was daraus gemacht hatte.
»Wie war das gerade?«, lachte er hämisch grinsend. »Das hast du jetzt nicht wirklich gefragt, oder?«
»I-ich ... also, ... ignorier die Frage«, knurrte sie leise und schob sich eine Haarsträhne hinters Ohr.
»Ich glaub es nicht«, feixte er weiter, doch dann stellte der Blauhaarige ihr noch eine unangenehme Frage: »Und was sollte der Satz danach?«
Stirnrunzelnd blickte sie ihn an.
»Wo nach?«
»Nach deiner Kussattake«, erinnerte er sie.
»Hab ich danach was gesagt?«, fragte sie und versuchte die Gleichgültige zu spielen.
»Ja.«
Angestrengt überlegte sie, hatte sie danach etwas gesagt? Als sie nach einer Weile noch immer nicht antwortete, seufzte er gedehnt und lehnte sich an einer Mauer an.
»Lass dir ruhig Zeit.«
Da errötete Kagami-chan und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Ich weiß es nicht. Da war vermutlich nichts.«
»Ah, genau das hattest du gesagt«, sagte Aomine plötzlich und stieß sich wieder von der Wand ab.
»Was?«, verdutzt blickte die Fotografin ihn an.
»Du sagtest danach, "da ist nichts", oder so ähnlich. Was genau meintest du damit?«
»I-ich ..., also, das war nur so ein ... ich hab da nur was überprüft«, gestand sie mit roten Ohren. Jetzt fiel es ihr wieder ein, geistesgegenwärtig hatte sie nach der Aktion laut gedacht. Das der Power Forward das gehört hatte, war ihr gar nicht bewusst gewesen. Wie antwortete sie jetzt am geschicktesten, ohne sich vollends zum Trottel zu machen?
»Jetzt sag schon was du "überprüfen" wolltest«, drängte er und fixierte sie mit seinen blauen Augen.
Und nun sah sich die Fotografin wieder der Fliegenfalle gegenüber, die großen fächerförmigen Blüten mit den feinen Fanghärchen, ließen die Alarmglocken ja geradezu ohrenbetäubend laut schellen. Alles an dieser Pflanze schrie nach Gefahr und Tot.
»Das war nur so ein ... Test«, sagte sie schließlich. »Du weist schon, man muss ja auch mal Initiative ergreifen, wenn man etwas herausfinden will.«
»Das ist deine Erklärung?«, fragte er.
»Ja«, sagte sie schulterzuckend.
»Mädchenlogik«, sagte Aomine kopfschüttelnd.
»Na was denn? Der Zweck heiligt die Mittel.«
»Ist das so?«, fragte der Blauhaarige schief grinsend.
»Ab und zu.«
»Na, dann dürftest du ja theoretisch nichts dagegen haben, wenn ich mal etwas testen will.«
Skeptisch sah sie ihren Klassenkameraden an.
»Kommt drauf an w---«, doch da hatte der Power Forward ihr bereits das Wort abgeschnitten und ihr wieder einen Kuss aufgedrückt, indem er seine Hand in ihren Nacken gelegt hatte und sie zu sich zog.
Gott verdammt, diese Fliegenfalle war ein MONSTER, ein verdammt hinterhältiges, unersättliches und unberechenbares MONSTER!!!
Wie ein Stromschlag schoss, ein undefinierbares Kribbeln durch ihr Nervensystem und ihr fuhr ein Schauer über die Haut, während sich ihre Nackenhaare aufstellten. Sie war so erschrocken, dass sie nicht einmal Zeit hatte rot zu werden, geschweige denn irgendwie zu reagieren. Wieso traf er sie nur immer so unvorbereitet und aus heiterem Himmel?! Noch völlig neben sich stehend sah sie ihn an, als er sich wieder von ihr gelöst hatte. Sie war nicht einmal in der Lage irgendetwas zu sagen, was war denn plötzlich los?
»Stimmt«, pflichtete Aomine ihr bei. »Da ist gar nichts.«
Jetzt hatte sie das Schlimmste fast überstanden, ihre Flügel waren fast verdaut und das wenige Leben, dass sich noch in ihr befand und ihre Glieder zum zucken brachte, hielt sie gerade noch so bei Bewusstsein, dass sie realisierte, wie diese fleischfressende Pflanze ihr den Gnadenstoß gab.
Kurz griff er sie am Kragen ihres Hoddies und zog diesen leicht nach oben.
»Ich denke damit hab ich dir den Gefallen getan und es nachgeholt. Du solltest jetzt Heim gehen, du schwitzt logischerweise nach dem Joggen und glaub mir, um die Jahreszeit erkältest du dich sonst nur unnötig«, sagte er ernst, wandte ihr schließlich den Rücken zu und ging.
Die letzten Zuckungen der Fliege waren getan, die Pflanze satt.
Er selbst brauchte jetzt auch dringend eine Dusche. Nachdenklich fuhr sich Aomine durch die kurzen Haare. Was hatte er sich denn dabei gedacht? Viel kann es nicht gewesen sein. Wenn er recht darüber nachdachte, war er an diesen ganzen Gerüchten, die zur Zeit die Runde machten, nicht ganz schuldlos. Aber ihr stand die Herausforderung förmlich auf die Stirn tätowiert. Reine Provokation ihrerseits. Und er war nun mal der Typ, der sich gerne herausfordern ließ, weil er die Absicht besaß zu gewinnen. Aber manchmal haute auch der Rotschopf Sachen raus, bei denen ihm schier das Hirn den Dienst versagte. Aber wieso war das so? Sie war doch einfach nur nervig, anstrengend, vorlaut, zu temperamentvoll und viel zu sarkastisch. Schwer hinzu kam, dass sie sich nicht einmal ansatzweise wie ein Mädchen benahm und somit wirklich ein perfekter Zwilling für ihren Bruder war. Aber auf der anderen Seite, hatte sie etwas so unbeholfenes an sich, dass irgendetwas in ihm anregte sich ihrer anzunehmen. Wie bei solchen Aktionen wie zuvor, selbst wenn es simples Joggen war. Schwer seufzend schob er seine Hände tief in die Hosentaschen, langsam wurde es Herbst, der Sommer war kurz, aber heftig, nun wurde es Zeit für einen Wechsel. In jedweder Hinsicht.
Im Eiltempo machte die Fotografin sich frisch und verlies das Haus, um im Laden aus zu helfen. Dabei kreisten ihre Gedanken immer noch um Aomine. Er lenkte sie total ab und verwirrte sie ohne Gnade. Fieberhaft überlegte sie, was das alles sollte, doch dann warf sie einen Blick auf die Uhr. Geschwind machte sie sich auf den Weg und war wenige Minuten später auch schon im Laden. Zu Fuß war es zwar ein Weg von fast 20 Minuten, aber sie war auch nicht so sehr in Eile, dass sie wieder rennen musste. Und so hatte ihr hinterhältiges Hirn genug Zeit die Aktion ihres Klassenkameraden noch weiter auseinander zu nehmen. Kagami-chan konnte es einfach nicht fassen, dass er es schon wieder getan hatte, einfach so. Machte er sich einen derartigen Spaß daraus sie so vorzuführen? Sie war froh, dass sich die Gerüchte, mehr oder minder, beruhigten und dann kam er mit solchen Aktionen. Gleich nach dem er sie stehen lassen hatte, sah sie sich prüfend um, denn die Hecken und Bäume hatten Augen und Ohren, dessen war sie sich sicher. Ihre Hände begannen zu zittern, nur wusste sie nicht, ob es an dieser recht frischen Erinnerung lag, oder einfach daran, dass es doch kühler war, als angenommen. Sie beschloss für sich, dass es am Wetter lag und schüttelte ihre wirren Gedanken ab, sie brauchte jetzt einen freien Kopf und sie würde versuchen nicht einen Gedanken an diesen Trottel zu verschwenden.
Mit dem Öffnen der Ladentür, ließ sie alles andere draußen und fixierte sich nur auf ihre Aufgaben. Hinter dem Tresen wartete schon ihre Chefin und wank sie sofort zu sich.
»Kagami-chan, komm mal. Ich will dir was zeigen«, drängelte die Frau.
»Was ist?«, fragte die Rothaarige und stellte sich neben die Ladenbesitzerin.
»Wie findest du es?«, frage sie auch direkt und verschränkte die Arme vor der Brust.
Kagami-chans Gehirn versuchte zu verarbeiten was sie dort sah, sie konnte es nicht so recht einordnen und neigte, um Zeit zu gewinnen, den Kopf von einer Seite zur anderen. Wie konnte man das beschreiben, was dort an der Wand hing? Ein Bild? Gemälde? Vielleicht Expressionismus? Kubismus? Wollte sie vielleicht Picasso nacheifern? Die Fotografin wusste es nicht und neigte erneut den Kopf zur Seite, versuchte irgendetwas hinein zu interpretieren, doch dann musste sie aufgeben und blickte ihre Chefin fragend und entschuldigend an.
»Also, ähm ... ich weiß nicht ganz, es ist ... ganz hübsch«, sagte sie vorsichtig und beobachtete die Reaktion ihrer Chefin.
»Ehrlich?«, kam es geringschätzig von der Älteren und sie ließ die Arme hängen. »Ich finde es scheußlich«, gestand sie und drehte dem Bild den Rücken zu.
Etwas überfordert mit der Situation trat die Schülerin an Sonoko-sans Seite.
»Das Bild hat mir eine Bekannte geschenkt, die sich für Picasso hält«, schwer seufzend machte die Schwarzhaarige auf den Absatz kehrt, steuerte auf das Bild zu und nahm es ab.
»Sie wollen es nicht in Ihrer Wohnung und dachten man könne es hier irgendwo unterbringen, damit die Bekannte nicht beleidigt ist.«
»So sah der Plan aus, aber ich hab Angst die Kunden zu verscheuchen«, flüsterte Sonoko-san unheilvoll. »Dieses Bild ist so abartig, damit könnte man sogar Hunde aggressiv machen.«
Das entlockte der Rothaarigen ein Lachen.
»Oder Mäuse verjagen«, ergänzte Kagami-chan.
»Das wäre die Marktlücke. Bilder die Mäuse fernhalten«, feixte die Ladenbesitzerin und stellte das Bild hinter dem Tresen ab. »So unter uns, ich hab nichts gegen Kunst, aber bei dem Bild bin ich mir nicht sicher, ob das noch unter die Kategorie "Kunst" fällt.«
»Wieso sagen Sie das nicht ihrer Bekannten?«, wollte die Schülerin wissen und nahm sich eine der Kisten, die ins Lager geräumt werden mussten.
»Weil diese "Bekannte" in Wirklichkeit, meine langjährige Freundin und Nachbarin ist und ich sie nur ungerne kränken möchte.«
»Dann werden Sie wohl oder übel mit dem Bild leben müssen, Sonoko-san.«
Die Ältere seufzte gedehnt und lehnte sich mit der Hüfte gegen den Tresen.
»Ich weiß.«
Die Stunden vergingen wie im Flug und obwohl es eigentlich nicht so geplant war, blieb Kagami-chan bis zum Ladenschluss. Draußen dämmerte es bereits, der abendliche Regen trommelte sachte gegen die Schaufenster und die letzten Kunden hatten sich verabschiedet.
»Das war heute ein langer Samstag, bring die Ware noch zurück ins Lager, dann sperren wir für heute zu«, sagte die Schwarzhaarige und streckte sich ausgiebig. Schnell ging die Schülerin der letzten Aufgabe nach, als sie die Kiste abstellte, hörte sie jedoch einen spitzen Schrei. Erschrocken fuhr sie herum. War das ihre Chefin? Und wenn ja, wieso schrie sie so plötzlich? Dann folgte ein lautes Poltern, gefolgt von dem Geräusch zerbrechenden Glases. Schnell eilte die Rothaarige wieder in den Verkaufsraum und sah, wie eine maskierte Person sich an der Kasse zu schaffen machte. Schnell ließ Kagami-chan den Blick durch den Laden schweifen, ihre Chefin saß in der Ecke, allem Anschein nach ging es ihr gut, doch der Schreck steckte ihr tief in den Gliedern. Auch die Rothaarige war starr vor Schreck, was sollte sie tun? Jetzt stand sie nun einmal hier, zur Salzsäule erstarrt und nicht fähig sich zu rühren. Sie musste irgendwie handeln, aber wie? Ihr erster Gedanke war die Polizei zu rufen, aber bis dahin wäre der Kerl über alle Berge. Ihre Hände zitterten und das Adrenalin pumpte plötzlich durch ihre Venen. Als die Chefin ihre Aushilfe sah, machte die Ladenbesitzerin einen Satz nach oben, woraufhin die Person, prüfend von der Kasse aufsah und die Schülerin entdeckte. Erschrocken darüber, dass die vermummte Gestallt sie so plötzlich anstarrte, wich Kagami-chan einen kleinen Schritt zurück. Ihr Herzschlag beschleunigte sich noch mehr, was um Himmelswillen sollte sie tun?
Der Dieb schien begriffen zu haben, dass ihm die Zeit fehlte und so packte er sich schnell alles an Bargeld, was er greifen konnte und marschierte durch die Tür.
»Hey!! Das darf doch nicht wahr sein«, entfuhr es der Fotografin, als hätte sie einen Stein gegen den Kopf geworfen bekommen, löste sie sich aus ihrer Paralyse und sie setzte dem Mann, ohne weiter zu überlegen, nach.
»Kagami-chan, bleib hier!!«, doch die Schülerin war schon durch die Tür hinaus in den Regen gerannt und folgte den Mann. Jetzt würde sich zeigen wie gut ihre Ausdauer war. Doch der Regen peitschte unangenehm auf sie nieder. Der Typ war verdammt schnell, als wäre es ein leichtes rannte er einfach so die Straße entlang und wich den anderen Passanten aus, die sich zwar nach ihm umdrehten, aber nichts taten. Aber da war ihre Chance, der Dieb geriet ins Straucheln, das nutzte sie und versuchte alles aus ihren Beinchen raus zu holen, wozu sie fähig war.
Ihre Kleidung hatte sich schon vollständig mit dem Regenwasser vollgesogen und machte die Verfolgung nicht leichter. Dass die Person kurz strauchelte war auch nicht sonderlich lange von Vorteil, da sich mit einem heftigen Ruck ihr linkes Knie meldete und der Meinung war jetzt klein beigeben zu müssen. Und als ob das nicht schon Handicap genug war, begann ihre Lunge wie Feuer zu brennen und ihr Herz zerschlug ihr fast den Brustkorb. Das durfte doch nicht wahr sein, wieso versagte ausgerechnet jetzt das vom Körper ausgeschüttete Adrenalin? Und plötzlich geschah es und mit einem Ruck gab ihr Bein einfach nach und sie sackte auf dem Bordstein zusammen. Was für ein verdammter Mist!! Wie kam sie dazu sich so in den Dreck zu reiten? Der Typ war mitsamt der Kasse im Nichts verschwunden und sie hatte sich auch noch gepflegt lang gelegt. Wenn es doch nicht so regnen würde. Genervt und gefrustet erhob sich Kagami-chan langsam und streifte sich die aufgeriebenen Handflächen an der Hose ab. Ihr Knie zitterte angestrengt und schmerzte unangenehm, das war bei weitem nicht ihre beste Idee, das musste sie zugeben. Völlig durchnässt humpelte sie durch den Regen und grummelte wütend vor sich hin. Nicht nur verletzt, nein, auch noch nass bis auf die Knochen. Womit hatte sie das nur verdient? Klar, sie war eine ziemlich schwierige Person und manchmal vielleicht etwas zu sarkastisch, aber sie deshalb so strafen? Ein langer, gedehnter Seufzer entwich der großen Schülerin. Das der Dieb ausgerechnet in den Laden kam als sie im Lager war, hielt sie keineswegs für einen Zufall, aber dass er sie so ohne weiteres abschütteln konnte, ärgerte sie und dass sie ihn nicht einholen konnte und wirklich so gut wie gar keine Chance hatte, ärgerte sie noch mehr.
»Blödes Knie«, fluchte sie laut vor sich her, stapfte weiter durch den Regen und rieb sich die Hände. Vermutlich würde ihr linker Ellenbogen auch blau werden, ganz toll. Dass sie pumpte wie ein Maikäfer und dass ihre Lunge wie Feuer brannte, versuchte sie so gut es ging zu ignorieren. Also wenn sie einen Preis mit Sicherheit gewinnen würde, dann den für Unsportlichkeit.
»Kagami-chan! Ist alles in Ordnung? Hast du ihn erwischt?«, fragte Sonoko sogleich und rannte auf die Rothaarige zu.
Enttäuscht über sich selbst schüttelte diese nur den Kopf.
»Mach dir nichts draus«, sagte die Frau sanft lächelnd und musterte die Schülerin prüfend. »Hat er dich angegriffen?«
»Nein. Ich bin ausgerutscht, deshalb konnte er auch abhauen.«
»Komm mit. Du siehst ja fürchterlich aus«, sagte sie bestimmend und in einem Ton, der keine Wiederrede duldete. »Um die Angelegenheit kümmere ich mich gleich im Anschluss.«
»Aber bis dahin ist er über alle Berge«, sagte Kagami-chan entrüstend.
»Lass das meine Sorge sein. Ich bin nur froh, dass dir nichts weiter passiert ist. Das war ziemlich leichtsinnig von dir, weißt du? Ihr Jugendlichen scheint heut zu Tage einen Drang zu verspüren dem Ärger nachzurennen«, motzte die Ladenbesitzerin nun leicht und zog das Mädchen mit sich zurück in den Laden, schloss schnell ab und führte sie über eine enge Treppe in das eigentliche Wohnhaus.
»Komm mit in die Küche, ich kümmere mich erst einmal um deinen Arm«, der Ton von Sonoko ließ keine Wiederrede zu. Als die Schülerin die Küche betrat, konnte sie nicht anderes, als diese erstaunt zu bewundern. Sie war geschmackvoll und praktisch eingerichtet.
»Ähm, Sonoko-san«, begann die Rothaarige kleinlaut. »Das ist nur eine Schürfwunde, nichts Bedrohliches.«
»Na hör mal. So eine Kratzer ist nicht zu unterschätzen. Du könntest eine Blutvergiftung bekommen, oder es entzündet sich fürchterlich«, entgegnete die Schwarzhaarige streng.
Da wurde Kagami-chan ganz komisch zu Mute und sie verlor leicht an Gesichtsfarbe. So etwas konnte sie nun wirklich nicht gebrauchen, eine fiese Entzündung oder Blutvergiftung, war das Letzte, auf das sie scharf war.
»Setzt dich da hin, ich hole nur etwas um die Wunde zu säubern. Satsuki-chan müsste auch noch da sein«, sagte die Ältere plötzlich überlegend und mehr zu sich selbst.
Ohne Wiederworte setzte sich die Schülerin, wartete und betrachtete währenddessen ihre "Fleischwunde". Sie selbst würde es unter die Kategorie "Kratzer" einstufen, es blutete ein wenig und Dreck konnte sich bei dem Regen auch nicht zwingend in dem "Kratzer" verewigt haben. Geistesgegenwärtig wischte sie die Handfläche an ihrer Jeans trocken und zuckte sogleich zusammen. Das brannte wie die Hölle! Verdammter Asphalt!!
Aber plötzlich fuhr ihr ein anderer Gedanke durch den Kopf. Sagte ihre Chefin gerade "Satsuki-chan"? Fragend runzelte die Rothaarige die Stirn, das wäre ein zu großer Zufall, es gab hunderte Satsukis in Tokyo und vermutlich tausende in ganz Japan. Doch sie sollte sich täuschen, es war genau DIE Momoi Satsuki, die auf Kagami-chan zu gestolpert kam.
»Ha-chan, was ist denn passiert?« fragte diese Augenblicklich und musterte ihre Klassenkameradin aufmerksam.
Sichtlich überrascht sah die Rothaarige ihre Freundin an und überlegte fieberhaft, was das für eine skurrile Situation war, in der sie sich gerade befand. Wieso war Momoi hier, im Haus ihrer Chefin?
»Ich, ... ähm, ... also ...«, brachte sie lediglich hervor und räusperte sich. »Ich bin gestürzt, nichts Ernsthaftes.«
»Du machst vielleicht Sachen. Aber keine Sorge, Sonoko-chan bringt das in Ordnung«, sagte die Managerin aufmunternd und in dem Moment betrat Kagami-chans Chefin , mit einem Handtuch und einem kleinen Verbandskasten bewaffnet, die Küche.
»Da wollen wir uns das mal ansehen. Es könnte etwas brennen, aber du wirst es überleben«, scherzte die Schwarzhaarige und schenkte der Schülerin ein Lächeln.
Es war der Fotografin mehr als peinlich, dass ihre Chefin nach der Aktion im Laden auch noch Krankenschwester spielte, aber was blieb ihr anderes übrig, außer die Situation so hinzunehmen, wie sie nun einmal war?
»Ihr kennt euch?«, fragte die Schwarzhaarige, während sie die Wunde der Schülerin reinigte.
»Ja, wir gehen in die selbe Klasse«, antwortete die Rosahaarige, lächelte heiter und ergänzte. »Sie ist sogar meine Banknachbarin.«
»Die Welt ist klein«, kommentierte die Ältere feixend.
Und meine Welt wird noch viel kleiner, wenn das so weitergeht, dachte die Fotografin und das unwohle Gefühl in ihrem Magen wurde schlimmer.
»Das habt ihr gar nicht erwähnt, keine von euch beiden. Also gehst du auch auf die Tōō-High?«, fragte Sonoko. »Da kennst du ja definitiv meinen Sohn.«
Den Gesichtsausdruck den Kagami-chan nun hatte, konnte man nur schwer beschreiben, es war eine Mischung aus Fassungslosigkeit, Skepsis und etwas das ihre eine unausgesprochene Frage sehr deutlich in die Augen schrieb: "Will ich wirklich wissen, wer es ist?".
Plötzlich erklang das Geräusch der Haustür, welche geöffnet und wieder geschlossen wurde und wenige Augenblicke später, versagte kurz das Herz der Rothaarigen. Die Situation wurde ja immer skurriler. Wieso tat sich nicht einfach die Erde auf und verschluckte sie? Zack und weg! Aber was zum Teufel war DAS?! Leichtes Entsetzten machte sich in ihr breit und sie starrte den Mann, der gerade herein getreten war, mit offenem Mund an.
»Sieh einer an. Das ganze Haus voller Frauen. Hab ich Geburtstag?«, grinste der Mann witzelnd und gab zur Begrüßung seiner Frau einen Kuss auf die Wange.
»Hättest du wohl gerne«, lächelte diese und jetzt war sich Kagami-chan ziemlich sicher, dass sie auf den Kopf gefallen war und schwer halluzinierte. »Oh, du hast einen Patient?«, prüfend sah der Mann zu, wie seine Frau die Hand weiter versorgte, ehe er sich der Schülerin zuwandte. »Kagami-chan, richtig?«
Hastig nickte diese bestätigend. Woher kannte er ihren Namen, das wurde ja immer mysteriöser. Es war geradezu ... erschreckend. Panisch suchte sie den Blick zu Momoi, doch diese hätte beinahe laut losgelacht, als sie die Miene ihrer Klassenkameradin sah. Der Mann der neben Sonoko stand, war das verdammte ältere Pendant von Aomine!! DEM Aomine! Entsetzt stellte sie fest, dass sie sich bis aufs Haar glichen, nur war Aomine-senior nicht ganz so gebräunt wie sein Sohn, dies schien dieser wohl von Sonoko zu haben. Mehrfach schluckte Kagami-chan nervös, das war unfassbar. Sie konnte nichts weiter als den Mann perplex anzustarren und stellte fest, dass ihre Welt gerade um einige Hektar geschrumpft war. Plötzlich schoss ihr das Gespräch mit Aomine durch den Kopf. Er hatte gesagt, er will den gleichen Beruf wie sein Vater anstreben. Da versagte ihr fast vollends der Kreislauf. Denn dieser war doch wirklich unbestreitbar Polizist. Wieso fühlte sie sich mit einem Mal so eingeschüchtert? Lag es daran, dass er uniformiert war und sie irgendwie ein sehr reales Bild davon hatte, wie sich Aomine in der Uniform machte? Und RUMMS waren ihre Ohren wieder viel zu warm. Die Situation überforderte sie wirklich vollends und verlangte alles von ihr ab.
Ach du Scheiße, ist das peinlich. Meine Chefin ist die Mutter von Aomine!?, dachte sie panisch. Verdammt, was mache ich, wenn der plötzlich Heim kommt? Oder noch schlimmer, er schon da ist?!
Doch sie konnte ihren Gedanken nicht beenden, denn ein unangenehmes Ziepen zog durch ihren Arm und sie sog kurz scharf die Luft ein.
»Siehst du? Ist schon vorbei. Ich leg dir jetzt noch einen kleinen Verband an und in ein paar Tagen dürfte nichts mehr zu sehen sein«, sagte Sonoko nun ernst und fixierte die Schülerin mit ihrem strengen Blick. Und wieder nickte die Fotografin nur. »Sehr schön«, nun schenkte ihr die Ladenbesitzerin ein weiteres Lächeln, als sie den Arm verband.
»Hand aufs Herz«, begann Aomine-san. »Wie ist das denn passiert?«
»Ich hab nicht richtig aufgepasst«, log Kagami-chan erneut.
»Natürlich«, sagte er und grinste sie wissend an. »Und jetzt bitte die Wahrheit.«
»..., die ... Wahrheit?«
War sie denn wirklich so schlecht im Lügen, dass es ihr jedermann an der Nasenspitze ansah?
»Lass gut sein, es ist ihr peinlich, das siehst du doch«, mahnte seine Frau ungewohnt ernst und gab ihm am Vorbeigehen einen Klapps gegen die Brust. Sorgsam verstaute sie die Verbandsutensilien und ging zurück zu den anderen.
»Ähm ... darf ich jetzt gehen?«, fragte die Rothaarige zaghaft. Sie fühlte sich ganz und gar nicht wohl bei dem Gedanken, bei Aomine im Haus zu sein.
»Wie bitte? Du scherzt, oder? Natürlich tust du das?!«, entfuhr es Sonoko. »Du bist total nass, du gehst nirgendwo hin.«
»Aber ...«
Doch sie konnte keine Wiederworte geben, denn der Blick des Beamten bohrte sich in sie hinein. Schnell verstummte sie und sah zu Boden. Wieso konnte sie diesem Mann nicht in die Augen sehen? Und wieso erzählte Sonoko ihrem Mann nicht von dem Vorfall? Näher an der Polizei konnte man doch wirklich nicht sein.
So unauffällig, wie es ihr möglich war, beugte sich Kagami-chan zu ihrer Freundin.
»Woher weiß er, wer ich bin?«, flüsterte sie Momoi fragend zu und deutete kurz auf Aomines Vater, doch ehe die Kleinere antworten konnte, durchdrang die tiefe Stimme des Polizisten die Luft.
»Kommunikation unter Eheleuten«, sagte er tonlos und hob schmierig grinsend eine Braue. Blitzschnell schoss der Fotografin die Schamesröte ins Gesicht, wie hatte er das denn gehört?
»Wie haben Sie ...?«, versuchte sie zu stammeln, doch er lächelte leicht und kommentierte nüchtern: »Bulle. Berufskrankheit, man hört, was man nicht hören will und der Rest zieht an einem vorbei.«
»Das war doch glatt gelogen«, feixte Momoi und kicherte, doch der Beamte zuckte lediglich, schiefgrinsend mit den Schultern.
»Daiki!!«, rief die Mutter plötzlich. Da entglitt der Schülerin komplett die Mimik.
Oh nein. Nicht doch!
Momoi sah ihrer Freundin an, dass sie sich unwohl fühlte.
»Was war denn los?«, flüsterte sie ihrer Freundin zu und hoffte das Aomine-san das nicht so deutlich mitbekam, wie Kagami-chans gescheiterten Versuch.
»Was meinst du?«, fragte die Rothaarige.
»Die aufgeschürften Hände? Bist du hingefallen?«
»Ja, bin ausgerutscht und gestürzt. War ziemlich ungeschickt von mir, ich weiß.«
»Naja, bei dem Regen auszurutschen und zu stürzen ist nicht schwer«, gestand die Rosahaarige mit roten Wangen, vermutlich war diese ebenfalls den Boden ausmessen.
»Was ist denn?«, drang nun genervt die Stimme Aomines an ihr Ohr. Doch auch ihm entglitt alles an Gesichtszügen, als er den Rotschopf in seinem Elternhaus erblickte.
»Kagami? Was machst du denn hier?«, fragte er, doch es klang weniger feindselig, als sie erwartet hätte. Doch auf die unhöfliche Frage gab sein Vater ihm gleich einen leichten Klapps auf den Hinterkopf.
»Super Begrüßung, Daiki. Weiter so«, brummte dieser kopfschüttelnd. Aber Aomine warf seinem Vater nur einen genervten Blick zu.
»Chiaki, lass den Jungen in Ruhe. Und du hol doch mal bitte ein paar trockene Klamotten. In deine wird sie eher passen, als in meine«, sagte die Mutter streng.
Und nun schoss Kagami-chan erneut die Röte ins Gesicht, nicht weil sie seine Kleidung anziehen sollte, sondern weil seine Mutter etwas sehr Offensichtliches angesprochen hatte. Nämlich ihre Größe.
»Nicht nötig, ich geh besser mal. Meine Tante wird schon warten.«
»Keine Wiederrede. Du bleibst noch einen Moment, ich klär das mit deiner Tante nachher«, sagte die Schwarzhaarige ungewohnt streng und zeigte bedrohlich auf den Stuhl, von dem sich Kagami-chan schon erhoben hatte.
»Wiedersprich ihr lieber nicht«, gab Aomine-san ihr feixend den Rat. »Sie kann ziemlich ungemütlich werden.«
»Werd nicht frech«, brummte die Frau und warf ihrem Mann einen eingeschnappten Blick zu.
»Wie auch immer, dann komm mal mit«, sagte Aomine nun und wank sie zu sich. Zögerlich folgte sie ihm. Nur Momoi konnte wohl erahnen, wie peinlich ihr die Situation wirklich war.
»Und du«, säuselte nun seine Mutter ihrem Mann zu. »Machst dich jetzt auch mal frisch, es gibt gleich Essen.«, und das ließ auch für ihren Mann keinen Raum für Widerworte.
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Camera Obscura
FanfictionAlles läuft so schön mit Anlauf gegen den Baum, erst macht Haruka einen Abflug von der Treppe und landet prompt in den Armen eines fremden Jungen, dann verschlägt es sie auf eine Schule und in eine Klasse in der man sie ansieht als wünsche man ihr d...