Ein paar Minuten der Ruhe

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Das schöne Wetter nutzte auch der weibliche Coach der Seirin-High. Gemächlich schlenderte die Brünette durch die Straße und sah sich suchend um. Er war nirgends zu sehen, prüfend warf sie einen Blick auf ihre Armbanduhr und seufzte kurz. Sie war einfach zu früh dran, doch lange warten musste sie nicht. Der großgewachsene Kapitän der Basketballmannschaft kam zielstrebig auf sie zugelaufen und begrüßte sie kurz.
»Das du mich außerhalb der Trainingszeiten sprechen willst, kommt auch nicht sehr oft vor, Hyūga- kun«, ergriff Riko das Wort.
»Naja, es ist an sich nichts Wichtiges«, gestand der großgewachsene Schüler und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Das entlockte der Trainerin ein Lächeln.
»Na, da du schon einmal da bist und es echt heiß ist, kannst du mich ja auf ein Eis einladen«, platzte sie heraus und hackte sich ungefragt bei dem Spieler ein.
»I- ich ... ähm«, es verschlug ihm schier die Sprache, Riko war sonst eigentlich sehr verhaltend und platonisch ihm gegenüber. Aber mit soviel Nähe, die so plötzlich einschlug, wie ein Blitz in einen morschen Baum, damit hatte er nicht gerechnet. Doch schnell glitt ein Lächeln über das Gesicht des Brillenträgers.
»Einverstanden.«
Geheuer war es ihm dennoch nicht ganz, denn den Basketballspieler überkam eine leichte Gänsehaut, wenn er an Rikos Vater dachte. Kurz riskierte er einen schüchternen Blick zu seinem Coach. Die Brünette strahlte eigenartig und wirkte so ungewohnt gut gelaunt. Schwer schluckte er, um das trockene Gefühl in seinem Mund zu verdrängen. Hyūga schob das komische Kribbeln das einsetze auf das warme Wetter. Sein Körper spielte ihm einen bösen Streich und wenn er sich nicht langsam mal wieder zusammen nahm, würde er sich vermutlich schön gepflegt blamieren. Schnell sah er in eines der Schaufenster.
»Hyūga-kun? Was ist los?«, drang plötzlich die Stimme Rikos an seine Ohren. Langsam wandte er sich ihr entgegen.
»Was sollte sein?«, entgegnete er so entspannt wie irgend möglich.
»Du wirkst abgelenkt.«
»Ach Unsinn, sieh mal, da ist ein Eisstand, wenn du willst lad ich dich ein.«
Überrascht sah sie ihn mit ihren großen, braunen Augen an.
»Das war ein Witz«, sagte sie schnell.
»Was?«
»Das du mich einladen sollst.«
Kurz zuckte der Schwarzhaarige mit den Schultern.
»Ich meine das aber ernst. Also such dir was aus.«
Leicht verlegen musterte sie seine Miene noch etwas, dann lächelte Riko leicht und entschied sich. Hyūga ließ sich nicht lumpen und zahlte, wie er es gesagt hatte. Langsam gingen die beiden weiter ihres Weges, ohne ein bestimmtes Ziel zu haben. Eine Weile unterhielte sie sich über total belanglose Dinge, wie das Wetter und das sie das Eis ziemlich lecker fand. Als sie sich ihm wieder kurz zuwandte musste er grinsen. Fragend blickte sie ihn an und leckte weiter an ihrem Eis.
»Wieso grinst du so?«
»Du hast da etwas Eis an der Wange. Also das Essen musst du noch üben«, sagte er schmunzelnd.
»Was welche Seite?«, fragte Riko peinlich berührt und wischte erst einmal über ihre rechte Wange, doch da hatte er schon seine Hand ausgestreckt und fuhr über ihre Andere.
»Siehst du, schon weg.«
Sich darüber im klaren, das sich ihr Herzschlag plötzlich unangenehm beschleunigte, stieg dem Coach augenblicklich die Röte ins Gesicht und die beiden starrten sich eine gefühlte Ewigkeit schweigend an. Was war das nur gerade für ein Kribbeln in seinen Fingerspitzen und in ihrer Wange? Verlegen blickten beide schnell zu Boden.
»Ich ... ähm ...«, versuchte Hyūga einen Anfang zu finden, aber Riko lächelte leicht.
»Schon in Ordnung, danke.«
Langsam gingen sie weiter und peinliches Schweigen breitete sich aus, bis Riko erneut das Wort ergriff.
»So unter uns gesagt, das Trainingsspiel fand ich richtig gut.«
Diese Ansage kam wirklich aus heiterem Himmel, leicht überrascht warf Hyūga ihr einen Seitenblick zu.
»Wie kommst du so plötzlich darauf? Du hast uns doch allen schon deine Erkenntnisse dazu mitgeteilt und willst das Training umstellen.«
»Ja, aber ich wollte es dir noch einmal sagen«, sagte Riko klarstellend. »Ihr habt euch nicht schlecht geschlagen.«
»Das lag auch daran, dass Kagami wieder bei der Sache war.«
»Das mag wohl stimmen.«
»Ich höre da ein "aber" raus«, sagte der großgewachsene Junge.
»Kein "aber", ich wollte dir nur sagen, dass es wirklich ein gute Leistung war, auch wenn wir verloren haben. Aus Niederlagen lernt man bekanntlich am besten«, sagte sie aufbauend.
»Wie du meinst.«
Nun klopfte sie ihm beherzt auf den Rücken und hackte sich wieder bei ihm ein.
»Ja, so meine ich es und jetzt komm mit, genießen wir doch einfach mal das schöne Wetter.«
Noch immer sichtlich überrascht, nahm der Brillenträger diese ungewohnte Gemütsregung Rikos hin und nickte nur zustimmend.

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