Er fühlte sich eigenartig taub, etwas legte sich kalt und gnadenlos um sein Herz und drückte immer fester zu. Unbarmherzig zerquetschte es ihm fast die Brust. Das durfte doch nicht wahr sein! Das war ein Scherz und zwar ein Schlechter. Der Blauhaarige sah aus als hätte er ein Gespenst gesehen, ihm entwich die Gesichtsfarbe so heftig, dass man deutlich sah, wie blass er, von einer Sekunde zur Nächsten, wurde. Seine Mutter machte einen ähnlichen Eindruck, nur begann sie plötzlich zu zittern und ihr traten deutlich Tränen in die Augen. Ihr Bruder, der uniformiert in der Tür stand, legte ihr behutsam eine Hand auf die Schulter.
»Wenn du willst fahr ich euch ins Krankenhaus«, bot der Polizist an.
Dankbar nahm sie das Angebot an, nahm sich ihre Haustürschlüssel und strich ihrem Sohn über die Schulter. Aomine wurde ganz schlecht, vor genau dieser Situation hatte er sich bisher immer am meisten gefürchtet.
Aber was zum Teufel war eigentlich passiert? Wieso stand er plötzlich hier und musste sich sagen lassen, dass sein Vater im Dienst verletzt wurde? Und wo zum Geier war sein Partner Tora?
Dass sein Onkel persönlich gekommen war um seine Schwester und seinen Neffen davon zu unterrichten, verhieß nichts Gutes.
Und sein schlechtes Gefühl nahm immer weiter zu.
Was war das nur für ein Gefühlschaos?
Erst das drohende Aus mit Kagami-chan und nun der schwere Unfall seines Vaters?
Hasste ihn das Schicksal wirklich so sehr, dass es immer wieder einen drauf setzten musste? Schicksal und Timing waren eine scheußliche Kombination, ein Duo was es so eigentlich nicht geben durfte.
Auf den Weg zu dem Dienstwagen seines Onkels versagten ihm fast die Knie. Wieso zitterte er plötzlich so?
Als sie im Krankenhaus angekommen waren, durften sie sofort zu seinem Vater durch. Vor dem Krankenzimmer, hatte allerdings ein Arzt die beiden Angehörigen abgefangen.
»Aomine-san?«, fragte der Mann in dem weißen Kittel behutsam. Eine leichte Verbeugung war die Antwort und so kam er sofort zum eigentlich Punkt.
»Wie Ihnen der Polizeibeamte sicherlich schon mitgeteilt hatte, wurde Ihr Mann im Dienst angeschossen. Eine Kugel traf ihn im Bauch, die andere in der linken Schulter. Wir konnten beide ohne Komplikationen entfernen, aber ...«, er stockte kurz, das war kein gutes Zeichen. Wieder begann Aomines Magen wild zu rebellieren, wieso entglitt ihm alles so plötzlich? Und warum um Himmelswillen gehorchten seine Knie und Hände ihm nicht?!
»Er ist noch immer nicht bei Bewusstsein. Wir wissen nicht wann er wieder aufwachen wird, oder ob er es überhaupt jeh wieder wird.«
Sonoko-san gefror augenblicklich die Mimik und sie sah den Arzt verständnislos an. Angst spiegelte sich in ihren Augen wieder, bis der Arzt sie kurz tröstend an der Schulter berührte und dann ging. Ohne weitere Zeit zu verlieren, öffnete sie die Tür zum Krankenzimmer und unterdrückte ein panisches Glucksen, als sie ihren Mann sah. Doch die Schnappatmung setzte heftiger ein, als sie es hätte verbergen können. Leise japsend und unschlüssig stand sie am Fußende des Bettes und sah auf das blasse Gesicht ihres Mannes.
Es zerdrückte ihr das Herz, zerriss ihr die Seele.
Aomine näherte sich vorsichtig seiner Mutter, welche da stand, als hätte man sie verprügelt. Sie schien in den wenigen Minuten um Jahre gealtert zu sein. Langsam und sachte nahm er eine ihrer Hände und zog sie dann zu sich, um sie fest in die Arme zu schließen, worauf hin sie sofort anfing hemmungslos zu weinen. Noch nie in seinem Leben hatte er sich so hilflos gefühlt ... und so zerbrechlich.
Eigentlich wollte er seiner Mutter eine Stütze sein, aber ihm drohten die Knie einfach so nachzugeben.
Umso dankbarer war er, als Momois Mutter die Tür herein trat und ihre, in Tränen aufgelöste, Freundin mit sich hinaus nahm.
Nun stand er alleine hier, neben seinem um Jahre älteren Ebenbild, seinem Gewissen, seinem besten Freund und Lehrer,... seinem Vater.
Und das Drücken in seiner Brust, welches ihm das Atmen erschwerte wurde nicht besser. Es war als hätte ihn jemand in ein Vakuum gesetzt um zuzusehen, wie lange es brauchen würde, bis er erstickte.
Er musste raus, weg, weit weg. Das war ohnehin alles nicht wahr.
Da erlaubte sich irgendwer einen ganz miesen Scherz. Er war nach dem Telefonat mit der Fotografin einfach zu wütend gewesen und verdrehte Realitäten.
Genau, das war es. Vermutlich lag er in seinem Bett und würde im nächsten Augenblick aufwachen und immer noch böse auf den Rotschopf sein und sich keine Gedanken darüber machen müssen was er wohl tat, wenn sein Vater nicht mehr nach Hause käme.
Noch immer mit zittrigen Gliedern ging er an seiner Mutter vorbei, die sich noch immer an ihre beste Freundin klammerte und weinte.
Verdammt!
Es war keine verzerrte Realität. ...
Es war DIE Realität.
Mit der Einkaufstüte in der einen und sich den Schall mit der anderen Hand zurecht ziehend, schlenderte Kagami-chan durch die Straßen. Um diese Uhrzeit noch einen geöffneten Laden zu finden, grenzte an ein Wunder, aber was tat man nicht alles für eine Tante? Außerdem tat Ablenkung gut. Aomine schien ohnehin ziemlich verärgert zu sein. Er hatte sie nicht direkt abgewimmelt, immerhin hatte ihre Tante nach ihr gerufen, aber es war dennoch merkwürdig und das schlechte Gewissen regte sich. Er hatte sie ganz direkt gefragt, was er für sie war und sie hatte keine Antwort darauf geben können. Wie sehr sie sich doch gerade dafür hasste. Schwer seufzend sah sie sich um, dass es jetzt schon schneite gefiel ihr nicht. Sie war kein Freund von solch kaltem Wetter und schon gar nicht von Schnee. Schnee und Eis waren zwar schön, an sonnigen heiteren Tagen, aber dennoch viel zu kalt und ungemütlich. Fröstelnd zog sie die Schultern hoch zu den Ohren, weil sich eine Schneeflocke in ihren Kragen verirrt hatte. Wie sie den Winter hasste. Leise knirschte die frisch gefallene weiße Pracht, mit jedem Schritt, den die Fotografin machte. Ein erneutes Seufzen entwich ihr und ihr Atem kondensierte in einer kleinen Wolke vor ihr. Als sie aufsah, erblickte sie eine dunkle Silhouette ein paar Meter von sich, da wo sich die Treppe befand, die in ihr Viertel führte. Mit gerunzelter Stirn näherte sie sich vorsichtig der Person, die auf den Stufen saß. Wie konnte jemand bei dem Wetter und Schneefall auf dem kalten nassen Boden sitzen?! Kopfschüttelnd näherte Kagami-chan sich der Person und erschrak, als sie sah, um wen es sich handelte. Vorsichtig ging sie neben ihm in die Hocke und berührte ihn sanft an der Schulter.
»Hey?«, sagte sie leise. »Aomine? Was machst du hier? Du erkältest di---«, doch als er sie schließlich ansah verstummte sie schlagartig. Was war das nur in seinem Blick? Er sah nicht wütend oder genervt aus, so wie sie es erwartet hätte, es war ... etwas anderes. Es war, als hätte er gar nicht realisiert, dass sie da war.
»Was ist passiert?«, fragte sie zaghaft und fuhr mit einer ihrer Hände über seinen Schopf, auf dem sich schon etwas Schnee gesammelt hatte. Er musste schon eine ganze Weile hier gesessen haben. Der Ausdruck, den er in den Augen hatte, beunruhigte die Rothaarige und die Sorge stand ihr nun quer über die Stirn geschrieben. Er sah krank, müde und ... traurig aus, wie ein getretener Hund.
Das konnte doch unmöglich von dem Telefonat sein, ... oder?
Langsam senkte er den Blick, nahm ihre Hand und zog sie, wortlos, an sich in eine Umarmung. Vor Überraschung ließ sie ihre Einkaufstüte los und die Milchpackungen und die Butter kullerten heraus. Schweigend hielt er sie einfach fest an sich gedrückt. Langsam merkte sie, wie ihre Hose an den Knien nass wurde, weil sie nun im Schnee kniete. So hatte sie ihn noch nie erlebt, wieso sprach er nicht mit ihr? Vorsichtig löste sich die Rothaarige etwas von ihm und schlang nun die Arme um ihn. Er war kalt und feucht vom Schnee, der lautlos zu Boden fiel und eine dichte Decke bildete. Manchmal halfen Anwesenheit und das Gefühl, dass jemand da war, mehr als ein langes Gespräch. Sachte strich sie ihm über das nasse blaue Haar.
»Komm, ... hoch mit dir. Ich bring dich nach Hause«, sagte sie und griff ihn am Ellenbogen. Widerstandslos ließ sich der Power Forward von ihr hochziehen. Schnell bückte sie sich nach ihrem Einkauf, nahm dann schließlich seine Hand und stieg vorsichtig mit ihm die Treppe hinab. Auf dem Weg in das Viertel, in dem die beiden wohnten, sagte er noch immer kein Wort, bis sie in seine Straße einbiegen wollten. Denn plötzlich hielt er inne, dass er so abrupt stehen blieb überrascht sie sichtlich. Die Stirn in Falten legend, stelle sie sich direkt vor ihn und traktierte ihn mit ihrem Blick. Doch Aomine wich ihrem Blick aus, was sollte das? Wieso tat er das? Das war doch sonst nicht seine Art.
»Es wird keiner Zuhause sein.«
Fragend blickte sie ihn an, das war jetzt das erste Mal, dass er etwas sagte und dann ... so etwas.
»Was meinst du damit? Kommen deine Eltern später und du hast keinen Schlüssel dabei?«, fragte sie.
»So in etwa.«
So langsam kam ihr das immer merkwürdiger vor, aber sie sagte nichts weiter darauf und schlug nun eine andere Richtung ein.
»Dann kommst du eben mit zu mir, bis deine Eltern wieder da sind.«
Ihr Griff festigte sich um seine Hand. Er war noch immer Eiskalt.
Das sie so irrational handelte lag eigentlich nicht in ihrer Natur, aber sie hatte das Gefühl, dass sie etwas tun müsse. Sie fühlte wie ihre „Beziehung" den Bach runter zu gehen drohte, nur weil sie nicht offen genug war, nicht ehrlich. Auch wenn es ihr unangenehm war und sie sich fühlte, als würde sie sich aufdrängen, ließ sie ihn nicht los. Gerade auch wegen ihres doch recht unterkühlten Telefonates. Doch ein Gefühl sagte ihr, dass es wohl nicht direkt an ihr lag.
Nach wenigen Minuten hatten sie das Haus ihrer Tante erreicht und sie schloss auf. Unschlüssig stand er auf der Türschwelle. Als sie das bemerkte sah sie sich um, ihn schließlich erwartungsvoll an und stellte ihren Einkaufsbeutel ab.
»Komm rein«, sagte sie mit sanftem Nachdruck.
Er verhielt sich wirklich eigenartig.
Als sie schließlich in ihrem Zimmer waren, verhielt er sich wieder so ... seltsam, er stand wie ausgesetzt in ihrem Zimmer.
Schwer seufzend stemmte Kagami-chan die Hände in die Hüfte und sah ihn eindringlich an.
»Willst du drüber reden?«
Überrascht sah er sie an.
»Es gibt nichts zu bereden.«
»... Wie du meinst«, sagte sie kapitulierend, ließ prüfend den Blick über ihn wandern und runzelte die Stirn. »Du bist total durchnässt, ... du musst aus den Sachen raus.«
Langsam drehte sie sich einem Schrank entgegen.
»Ich weiß nicht einmal, ob ich überhaupt etwas habe, was dir passt«, doch dann fiel ihr ein, dass sie ihm, die Hose und das T-Shirt, welches sie sich damals geliehen hatte, noch nicht wiedergegeben hatte. Was für eine günstige Gelegenheit. Schnell durchwühlte sie die Schublade und zog die Hose und das Shirt heraus, um sich anschließend dem Power Forward entgegen zu drehen, der sich an ihrem Schreibtischstuhl niedergelassen hatte.
Sie war wie ausgewechselt, doch das schien er gar nicht zu bemerken. Sie verhielt sich nicht so wie er es vielleicht erwartet hätte.
Vorsichtig schritt sie auf ihn zu und reichte ihm die Sachen. Langsam hob Aomine die Hand, griff aber an den gereichten Kleidungsstücken vorbei, zog die Fotografin wieder zu sich und schlang die Arme um ihre Hüfte, während er sich mit dem Gesicht an ihren Bauch schmiegte. Jetzt wurde sie doch unruhig, er verhielt sich nicht normal, sie wurde den Gedanken nicht los, dass etwas passiert war. Sachte tätschelte sie ihm den Scheitel und legte die Sachen auf den Schreibtisch und anschließend den Arm auf seine Schulter.
»Ich bitte dich, rede mit mir. Irgendetwas ist doch los«, beschwor sie ihn.
Am liebsten hätte er ihr entgegen geschrien, dass sie ja auch nicht mit ihm redete, als er sie darum bat. Aber das hier war etwas komplett anderes. Es war persönlicher, ... schmerzhafter ... Er wusste nicht, ob er sauer auf sie sein sollte, oder einfach nur froh, dass sie gerade da war. Er war wie gespalten, hin und her gerissen zwischen dem Groll, den er eigentlich ihr gegenüber verspüren müsste und der Sorge um seinen Vater.
»Nein, ... es ist nichts«, flüsterte er. Plötzlich zerriss ein Klingeln die Stille.
Mist, mein Handy, durchfuhr es die Rothaarige. Doch er ließ sie ohne Vorwarnung los.
»Dein Handy, du solltest rangehen«, sagte Aomine ernst und schnappte sich das T-Shirt. Das war für sie das Signal ihn wohl kurz allein zu lassen. Nickend griff sie sich ihr Handy und nahm ab.
»Hallo?«
»Ha-chan? Gut, dass ich dich erreiche«, drang es nervös aus dem Apparat. »Ich ... ähm ...«
Stutzig runzelte die Rothaarige die Stirn, warum klang Momoi nur so gehetzt?
»Was ist?«
»Hast du Dai-chan gesehen?«
Die Managerin klang ehrlich besorgt, schnell warf die Fotografin einen Blick über die Schulter zu dem Power Forward, dieser hatte sich in der Zeit des T-Shirts entledigt, während sie ans Fenster gegangen war.
»Er ist hier. Warum? Was ist los?«, fragte die Fotografin leise und beunruhigt.
»Er ist ohne Bescheid zu sagen aus dem Krankenhaus abgehauen, seine Mutter sucht ihn und ist total besorgt.«
Nun war auch Kagami-chan besorgt, was hatte das zu bedeuten? Aus dem Krankenhaus abgehauen?
»Satsuki, was ist passiert? Was meinst du mit ...?«, doch ehe sie den Satz beenden konnte, stockte ihr der Atem und es zerriss ihr fast das Herz in ihrer Brust.
»Ha-chan? Hey, Ha-chan, bist du noch dran?«, drang es aus dem Handy.
»Ich meld mich«, sagte Kagami-chan kurz angebunden und legte auf. Langsam schritt sie auf Aomine zu, der wie erstarrt an ihrem Schreibtisch stand. Noch immer in der nassen Hose steckend, die trockene unschlüssig in den Händen haltend. Lieblos legte sie das Telefon beiseite und schritt auf den Hünen zu, als sie näher kam, verkrampfte sich ihr Herzmuskel. Er weinte, nicht geräuschvoll und laut, er stand einfach da, während auf seinem ausdrucklosem Gesicht, leise eine Träne herab rann. Sanft griff sie ihn am Arm, er sah sie nicht an, sondern schüttelte wortlos leicht den Kopf, während ihm ein schwerer Seufzer entwich.
»Sag mir bitte, was los ist«, bat sie ruhig. Nach kurzem Schweigen fuhr er sich mit seiner freien Hand übers Gesicht und wischte sich die Tränen aus den Augen. Er kam sich so verdammt albern vor.
»Es ... ich ... .«, begann er schließlich. »Ich komme gerade aus dem Krankenhaus. ... Mein Vater ist angeschossen worden ...«, erneut atmete er geräuschvoll aus. »... und er wacht einfach nicht auf, obwohl die Ärzte die Kugeln entfernt haben und eigentlich alles in Ordnung sein sollte.«
Entsetzten und Fassungslosigkeit zeigten sich auf Kagami-chans Gesicht und vermischte sich mit Bedauern und Mitgefühl.
Sie wusste, wie sehr er an seinem Vater hing. Dieser war mehr als nur sein Erziehungsberechtigter, er war mehr ein Freund, sein Vorbild, jemand dem der Power Forward nacheiferte. Es tat ihr weh ihn so zu sehen, so traurig und verletzt.
»D-das ...«, es war als wäre ihr ein Stein auf den Kopf gefallen, sie wusste einfach nicht, was sie sagen sollte, wie ihn gut zureden? Da gab es nichts zu beschönigen. Sie fühlte sich plötzlich so ausgeliefert, hatte Angst etwas Falsches zu sagen, also ließ sie einfach ihre Hand seinen Arm hinabgleiten und verschränkte ihre Finger miteinander. Er sah sie noch immer nicht an, aber erneut ran ihm eine Träne die Wange herunter. Wie sie sich dafür gerade hasste, sie konnte einfach nichts tun. Betreten sah sie zu Boden, bis sie schließlich den Entschluss fasste und sich nun direkt vor ihn stellte. Sie sah ihm an, dass er sich dafür schämte, hier mit Tränen in den Augen zu stehen.
»Hey«, begann sie vorsichtig. Ihrem Blick ausweichend, schüttelte er den Kopf und ein freudloses leises Lachen entwich ihm.
»Das ist total lächerlich«, raunte er mit brüchiger Stimme. »Jetzt steh ich hier und breche in Tränen aus.«
Zärtlich legte sie ihre freie Hand auf seine Wange. Sie wollte, dass der Blauhaarige sie ansah, dass sie ihm in die Augen sehen konnte. Seine Gefühle sehen, ... so wie er es getan hatte. Er sah ihr, bei ihrer ersten gemeinsamen Nacht auch bis auf die Seele und ausgerechnet er verwehrte ihr diesen Einblick in sein Inneres. Nun war es an ihr, ihm den Rücken zu stärken, ihm Halt zu geben.
»Aomine, sieh mich an«, sagte sie sanft und strich ihm tröstend über die Wange. Ein gequältes Seufzen kam von ihm, aber er sah sie nicht an. »Na komm schon«, säuselte sie leise, nahm nun sein Gesicht in beide Hände und zwang ihn mit sanfter Gewalt sie anzusehen. Es versetzte ihr einen schmerzhaften Stich ins Herz, ihn so gequält zu sehen. Einfühlsam lächelte sie ihn an und legte ihre Stirn an seine.
»Keine Sorge, es wird schon wieder«, flüsterte sie. »Du solltest zurück ins Krankenhaus gehen.«
»Ich konnte es nicht«, sagte er schließlich und vergrub nun sein Gesicht in ihrer Halsbeuge.
»Was?«, fragte sie, weil sie den Satz nicht ganz einordnen konnte.
»Ihn sehen, ich ... bin zwar ins Zimmer gegangen, aber ...«, er machte eine kurze Pause. »... als ich ihn da so liegen sah ..., ich weiß nicht ...«
Sachte strich sie über seinen Rücken. »Ich weiß nicht, was ich tun soll.«
»Ich werd es dir sagen«, sagte die Rothaarige schließlich ernst, in einem Ton der keine Wiederrede zuließ und sah ihm tief in die Augen. »Was wir jetzt tun werden.«
Nervös ging Momoi im Krankenhausflur auf und ab. Sie erreichte ihre Freundin einfach nicht mehr auf dem Handy, weil sich andauernd eine mechanische Stimme meldete, dass der gewünschte Gesprächspartner nicht zu erreichen war, aber sie war beruhigt, dass ihr Jugendfreund in guten Händen war. Ihre Mutter war gerade in die Cafeteria gegangen, um einen Kaffee zu holen. Während Sonoko-san noch bei ihrem Mann war. Die Frau war völlig am Ende mit den Nerven, obwohl es gute Nachrichten gab. Das war der Hauptgrund, weshalb sie dringend Kagami-chan versuchte zu erreichen. Schwer seufzend beschloss sie sich auf einem der Stühle nieder zu lassen und atmete tief durch. Bis sie schließlich überrascht aufsah. Ein einnehmendes und erleichtertes Lächeln bildete sich auf ihren Lippen und sie sprang sofort auf.
»Ha-chan, Dai-chan«, entfuhr es ihr. Es war für sie beruhigend die beiden zu sehen, allem Anschein nach hatte ihre Freundin ihn hergebracht, da sie ihn fest an der Hand hielt und ihn mehr oder minder hinter sich her zog. Es war ihm deutlich an zu sehen, wie sehr es ihn mitnahm.
»Wieso bist du abgehauen, was ...«, doch bevor Momoi weiter reden konnte, fuhr ihr Kagami-chan unbeirrt ins Wort.
»Jetzt nicht. Warte bitte kurz«, entgegnete sie und warf dem Basketballspieler einen flüchtigen Blick zu, der jedoch nur Augen für die Tür hatte, hinter der sein Vater lag.
»Aomine? Komm schon, geh rein«, sagte sie mit sanftem Nachdruck und schob ihn leicht in die Richtung, doch sie spürte, wie sein Griff um ihre Finger fester wurde. Das Signal war nicht fehlzuinterpretieren und erneut lächelte sie einfühlsam.
»Na gut. Satsuki, wartest du hier?«
»Natürlich«, sagte sie leise und setzte sich wieder, während die Fotografin die Tür öffnete.
Es war für ihn ein Wirrwarr an Gefühlen, die plötzlich in ihm hochkochten. Nie hätte er mit solch einem Anblick gerechnet.
»D-du ...«, wollte Aomine stammeln, aber bekam keinen weiteren Mucks raus, viel zu perplex stand er in der Tür und starte abwechselnd auf seine Mutter und dann zu seinem Vater, der ihn müde anlächelte.
»Hey, Großer«, sagte dieser erschöpft.
Seiner Mutter liefen Tränen der Erleichterung und Befreiung übers Gesicht und sie hielt fest umklammert die Hand ihres Mannes. Auch in Kagami-chans Gesicht spiegelte sich Erleichterung wieder, langsam ließ sie die Hand des Blauhaarigen los und drängte ihn ein wenig vor. Sie selbst machte ein paar vorsichtige Schritte zurück und sah beruhigt zu, wie Aomine auf seine Eltern zu ging und seinem Vater eine Umarmung schenkte, welche seinen Sohn tief zu ihm herunter zog. Leise stahl sich die Rothaarige aus dem Zimmer, ein breites Lächeln im Gesicht. Als sie die Tür hinter sich schloss, sah sie wie Momoi sie heiter anlachte.
»Du verhältst dich ja wie ein Mädchen. Unfassbar.«
»Was meinst du denn damit?«, fragte die Fotografin.
»Naja, nimmst ihn ans Händchen und schaffst ihn hierher«, säuselte sie.
»Das hätte jeder gemacht«, entgegnete die Rothaarige.
»Du bist aber nicht jeder«, berichtigte Momoi sie sanft lächelnd.
»Ich weiß nicht, ... ich hielt es für wichtig«, sagte Kagami-chan plötzlich und wirkte verunsichert. Ihre eigene Handlungsweise traf sie jetzt wie ein Hammerschlag. Sie hatte ohne weiter zu überlegen, einfach instinktiv etwas Initiative ergriffen.
Nur kurze Zeit zuvor hatten sie ein wirklich unschönes und nichts klärendes Gespräch, aus dem sie schon die Vermutung anstellte, dass er vielleicht mit ihr Schluss machen würde, doch dass es so kam, ...
Diese Situation hatte etwas in ihr Geweckt, das man vielleicht Fürsorge nennen konnte. Eine innere Stimme hatte ihr einfach so dazu geraten, zu handeln. Den Dingen ihren Lauf zu lassen, einfach zu trösten und da zu sein.
Ihr kleines Ich belohnte sich dafür selbst mit einem breiten Grinsen und auch Momoi lächelte sie weiter an.
»Wichtig?«, fragte nun die Rosahaarige.
»Ich will nicht, dass er so leidet, es tut mir irgendwie weh ihn so zu sehen«, sagte sie leise und wehleidig.
»Wieso ist dir das so wichtig?«, hakte die Managerin weiter nach, weil Kagami-chan ihrer Frage auswich.
Was genau bin ich für dich? Ich will wissen woran ich an dir bin.
Die Frage von ihm hatte sich soeben selbst beantwortet und mit einem leichten Lächeln antworte die Rothaarige ihrer Freundin.
»Weil er mein Freund ist.«
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Camera Obscura
FanfictionAlles läuft so schön mit Anlauf gegen den Baum, erst macht Haruka einen Abflug von der Treppe und landet prompt in den Armen eines fremden Jungen, dann verschlägt es sie auf eine Schule und in eine Klasse in der man sie ansieht als wünsche man ihr d...