Kapitel 40

1.4K 111 9
                                    

Als das Ufer des Sees näher kam, hätte ich am liebsten wieder kehrt gemacht. Wenn man die Atmosphäre nach einer Katastrophe sieht, ohne den drohenden Schrecken, wurde einem übel. Man hatte keine Sichtbarrikaden mehr vor dem Leid anderer Menschen, man wurde gezwungen ihnen ins Gesicht zu sehen und es zu ertragen.

Schon von Weitem hörte man die Schreie, sowohl voller körperlichem Schmerz der Verwundeten, die sich mit verzerrtem Gesicht einen Verband auf ihre Verletzungen drückten, als auch seelischem Schmerz derer, die vielleicht gerade einen toten, geliebten Menschen aus dem Wasser zogen.

Mit einem kleinen Ruck stoppte unser Kahn auf dem Sand des Ufers und ich trat vorsichtig aus ihm heraus, die Augen weit geöffnet und mit Tränen in ihnen.

Ich sah eine Frau, die ein kleines Kind aus dem Wasser zog, es in den Arm nahm, es schluchzend hin und herwog und dabei bitterlich weinte.
Ich sah einen Mann, der einen anderen Mann aus dem Wasser zog, ihn betrachtete, als wäre er ein Alien und sich dann mit eisernem Gesicht abwandte.
Und ich sah mehrere Kinder, die nach ihren Eltern schrien und weinend am Ufer hin und herrannten.

Ich machte einen Schritt auf die Menschen zu, betrachtete jeden und wünschte, ich könnte irgendetwas tun.

Man nannte sie Nienna, die Herrin des Mitleids und der Trauer, die das weltliche Leid beweinte, um es zu überwinden, und wer ihr lauschte, lernte das Mitleid und das Ausharren in der Hoffnung. Sie brachte Stärkung für den Geist und verwandelte Kummer in Weisheit.

Einer Eingebung zufolge ging ich zu einem Mann, der über eine Frau gebeugt hockte und die Hände vor sein Gesicht geschlagen hatte. Ich zwang mich, den toten, schlaffen Körper anzusehen, die Tränen kamen von ganz allein.

Der Mann hob den Kopf, als ich mich neben ihn hockte und anfing zu weinen. Er erstarrte, die Hände halb auf dem Weg auf seine Beine, den Mund geöffnet.

Ich sagte einfach nichts und weinte um das Leben der Frau, die noch nicht einmal die Hälfte ihres Daseins erlebt hatte.

"Ich... danke Euch", sagte der Mann plötzlich und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. "Mein Herz sieht wieder klar."

Durch meinen tränenverschleierten Blick sah ich, wie er aufstand und sich in eine andere Richtung aufmachte, um anderen Menschen zu helfen, die vielleicht noch die Chance auf Rettung hatten.

Ich erhob mich, lief am Ufer entlang und weite mit zerrissenen Familien, verlorenen Männern und elternlosen Kindern, und spürte dabei, wie mit jeder einzelnen Träne mein Herz weiter aufatmete. Jedem, den ich mit meiner seltsamen Kraft zu heilen schien, sah mich erfürchtig an, doch ich konnte in ihren Blicken sehen, wie sie wieder neue Hoffnung schöpfen und begannen, sich gegenseitig zu helfen.

"Wo hast du das gelernt?" Eine weibliche Stimme riss mich aus einer seltsamen Trance, in die ich anscheinend verfallen war. Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und drehte mich um, um Sigrid zu sehen, die mich halb ängstlich, halb neugierig ansah.

"Was?", fragte ich erschöpft.

"Du gehst zu ihnen, weinst und plötzlich fühlen sie sich wieder gut", erklärte sie.

Ich zuckte müde mit den Schultern. "Keine Ahnung, ich mach es halt einfach", antwortete ich. Ich hatte während ich Sigrid meine Geschichte erzählt hatte, als wir in Seestadt ankamen, kein Wort über meine seltsamen, übermenschlichen Kräfte verloren, doch mindestens bei Kilis Heilung hätte sie schon bemerken müssen, dass ich kein normaler Mensch war. Eigentlich war ich gar kein Mensch, sondern ein auf Magie zusammengesetztes Wesen.

Ich schüttelte irgendwie angeekelt den Kopf, um diesen seltsamen Gedanken zu vertreiben und schob mich mit einem kurzen "entschuldige" an Sigrid vorbei.

Ich ging zu Fili und Bofur, die gerade mit Oins Hilfe ein Boot in den Fluss schoben und in ihrer Arbeit innehielten, als ich mich näherte. Oin betrachtete mich nachdenklich, während Fili auf mich zuging und mich besorgt ansah.

"Mir geht's gut", sagte ich lächelnd. Ich hatte so viel geweint, dass mein Sichtfeld durch die geschwollenen Tränensäcke kleiner geworden war. Ich wollte gar nicht wissen wie ich aussah, wahrscheinlich so wie ich mich fühlte: kaputt und müde.

"Nur ein bisschen müde", ergänzte ich erschöpft.

"Setz dich doch schonmal ins Boot." Fili nahm meinen Arm und half mir einzusteigen, dann drehte er sich zu Kili um und rief nach ihm, doch sein Bruder ignorierte ihn. Er sprach gerade mit Tauriel, die ihn liebevoll ansah. Doch dann erstarrte sie und stellte sich extrem gerade mit einem starren Blick nach vorn über Kilis Kopf hin und sagte etwas auf elbisch.

Legolas stand drei Schritte weiter weg von der Elbin und redete mit ihr.

"Was sagt er?", fragte Fili mich mit zusammengekniffenen Augen. Ich versuchte mich an den Film zu erinnern und antwortete dann: "Legolas sagt ihr, dass sie Abschied von dem Zwerg nehmen soll."

"Arrrgh, dieser..." Fili fluchte auf Khuzdûl, wobei ich mir sicher war, dass es nichts Nettes war und ballte seine Hände zu Fäusten. Selbst wenn sein Bruder auf eine Elbenfrau stand, Fili wollte nur, dass Kili glücklich war. Und wenn Legolas Tauriel für sich wollte, machte ihn das gleichzeitig zu Filis Feind.

Doch bevor Fili etwas unternehmen konnte, wandte sich Kili mit gesenktem Blick ab und ging einen Schritt auf uns zu. Er hielt kurz inne, drehte sich nocheinmal um und gab Tauriel etwas in die Hand, dann kam er zu uns und stieg mit ins Boot. Wir fuhren los in die Richtung des Berges und nach einer kurzen Strecke drehte ich mich nochmal um und sah zurück. Ich konnte Sigrid und Thilda sehen, wie sie überglücklich auf Bard und Bain zurannten, sich umarmten und lachten und musste bei dem Anblick auch lächeln. Ihre Freunde schien irgendwie fehl am Platz, mit dem Rauch, der von den Trümmern der Seestadt herüberwehte, aber sie war trotz allem ein kleiner Fleck voller Hoffnung.

------

Am Ufer angekommen rannten die Zwerge sofort los. Ich ließ mir Zeit, ließ sie grinsend davonrennen, sah mir die Umgebung an, staunte über die wunderschöne Landschaft und fuhr mit meinen Fingern über den rauen Stein.

Ich kletterte auf eine kleine Anhöhe und vor mir öffnete sich der Blick auf den Eingang des Einsamen Berges.

Er war so hoch. Höher als jeder Baum, den ich je in meinem Leben gesehen hatte, tief in den Felsen gebaut und teilweise zerstört durch den Drachen lag er vor mir. Erfürchtig betrachtete ich von Weitem die riesigen Statuen an den Seiten, die meinen Blick mit ihren großen Steinaugen erwiederten. Zu meiner linken stand eine Stadt, dessen Häuser auf die selbe Art und Weise zerstört wurden wie die in der Seestadt: Drachenfeuer. Es hatte die Steine geschmolzen, das Holz verbrannt und nichts als Asche und Tod hinterlassen.

Ich lief die letzte Strecke zum Berg schneller, weil ich ihn endlich betreten und die riesigen Hallen erblicken wollte, die mir der Film in ihrer Pracht gezeigt hatte. Je näher ich kam, desto weiter steckte der Berg seine Spitze in den Himmel und desto größer wurden die Statuen.

Ich stand direkt vor dem Eingang des Erebor, dem Königreich, dessen Gold ganze Flüsse füllen konnte und dessen König bald ein absolutes Miststück werden würde.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Naaaaa meine Freunde?

Ohne Mist, ich bin so froh, wenn die FF vorbei ist :D
Ich werde es vermissen, sie zu schreiben, aber ich werde trotzdem so froh sein, sie nicht mehr schreiben zu müssen.

Wer weiß, vielleicht kommt ja noch ein Teil 2? :3
Das wäre ziemlich krass!

Ich bin so gespannt, wie ihr das Ende finden werdet :D
-Lejna baut Spannung auf, Lejna will euch quälen!-

Jaaah... genug scheiße gelabert xD

Cuio vae, mellyn!
Lejna

Hobbit FF - Take me to somewhere elseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt