Epilog

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Der gepflasterte Weg zu meinem Zuhause lag vor mir, ein einzelnes Licht brannte noch in einem Fenster des Gebäudes.

Ich hatte Angst. Wie würde meine Familie reagieren, wenn ich einfach so durch die Tür spaziert kam? Ich war über ein Jahr weg, hatten sie gedacht, dass ich tot war?

Am liebsten wäre ich ihnen nicht unter die Augen getreten. Mein Erscheinungsbild machte es nicht besser: ich trug noch die Sachen der Schlacht, hatte immer noch den inzwischen verkrusteten Kratzer über meinem Gesicht und ein gebrochenes Herz.

Ich schlich den Weg entlang, bis ich vor der Tür meines trauten Heimes stehenblieb. Ich streckte meine Hand nach dem Klingelkopf aus, zögerte aber kurz bevor ich drückte. Das hier fühlte sich an wie ein Mix aus einem Referat vor der Klasse, wenn man seine Notizen vergessen hatte und einem Schlag in die Magengrube.

Letztendlich überwand ich mich doch und drückte auf die Klingel, während ich hörte, dass im Inneren des Hauses das "Ding-Dong" erschallte. Zu erst rührte ich nichts, doch nach einer Minute hörte ich, wie sich leise Schritte der Tür näherten und sah durch das Milchglas, wie sich eine Hand an die Klinke legte.

Die Tür wirde aufgerissen und meine Mutter starrte mich an. Ihr Gesichtsausdruck war eine Mischung aus traurig, geschockt und ungläubig, doch nachdem sie mich eine Weile angestarrt hatte, nahm sie mich fest in den Arm und drückte mich weinend an sich.

"Hallo Mama", flüsterte ich und lächelte, während ich ihre Umarmung erwiederte.

"Gott, mein Kind... Ich...", stammelte sie. "Komm rein."

Ich folgte ihr in das Haus und zog das teilweise zerstörte Kettenhemd über meinen Kopf, bevor ich es nach kurzem Überlegen einfach an den Kleiderhaken hing.

Jetzt hatte ich nur noch das Hemd an, das Kili mir gegeben hatte. Ich drängte den Gedanken an die Zwerge gewaltsam in den letzten Winkel meines Bewusstseins und ging in das Wohnzimmer.

Meine Mutter stand dort, sah in meine Richtung und starrte mich an, als wäre ich eine Außerirdische. Dann fiel ihr Blick auf meine Wange und hinunter auf mein blutgetränktes Hemd und sie schlug entsetzt ihre Hände vor ihren Mund.

"Mein armes, armes kleines Kindchen", sagte sie und nahm mich nocheinmal in den Arm. Ich genoss die Wärme, die ihr Körper ausstrahlte und seufzte.

Plötzlich löste sich meine Mutter wieder von mir und sah mich mit zusammengekniffenen Augen an.
"Wo zum Henker bist du gewesen? Weißt du eigentlich, wie mich die Sorge beinahe zerfressen hat? Wie deine Schwester jeden Tag zu mir ins Bett kam und meinte, dass sie nicht schlafen könne, weil sie mal wieder einen Albtraum von deinem Verschwinden hatte?"

Schuldgefühle machten sich in mir breit und erstickten alles andere. "Ich kanns mir vorstellen... Aber... Es tut mir leid", sagte ich leise und senkte den Kopf.

Meine Mutter sah mich noch einen Augenblick lang an und lächelte dann. "Du kannst mir morgen alles erzählen."

Damit schickte sie mich ins Bett und ich wusch mir das ganze Blut mit einer ausgiebigen Dusche von meinem Körper. Der sanfte Strahl des Wassers fühlte sich unglaublich an, er wusch den ganzen Dreck, die ganze Trauer und den ganzen Schmerz von mir und nachdem ich wieder aus der Dusche kam, fühlte ich mich wie neugeboren.

In den nächsten Jahren ging mein Leben seinen gewohnten Gang. Naja, einigermaßen. Ich wiederholte die zwölfte Klasse, traf meine alten Freunde wieder und versuchte mein kleines Abenteuer tief in meinem Herzen zu tragen, ohne traurig zu werden.

Um mein Erlebnis frisch zu halten, meldete ich mich bei dem Bogenschieß-Verein unserer Stadt an, fand jemanden, der mit mir den Schwertkampf übte, saß manchmal stundenlang starr in meinem Zimmer, um meine Magie zu stärken, die ich wahrscheinlich eh nie wieder einsetzen konnte, da es in der Menschenwelt so gut wie nirgendwo Magie gab und verschlang alle Bücher von Tolkien, die ich noch nicht gelesen hatte mit dem Hintergedanken, dass die ganze Welt tatsächlich existierte. Selbst ein Buch zum Elbischlernen fand den Weg in meine persönliche Tolkien-Bibliothek. Ich versuchte, so gut ich konnte diese geheimnisvollen Sprachen zu lernen und öfter kam es vor, dass ich meine Mutter mit einem elbischen Gruß begrüßte.

Meine Mutter... Sie hatte mir zu erst nicht glauben wollen, dass mein Ausflug tatsächlich so geschehen war, aber irgendwann konnte ich sie davon überzeugen, dass ich die Wahrheit sagte.

Eines Tages kramte ich die Hobbit-Filme hervor und starrte sie mit gemischten Gefühlen an. Einerseits drängte mich mein Herz, sie mein ganzes Leben lang nonstop zu sehen, andererseits hatte ich irgendwie Angst davor. Aber natürlich legte ich die erste DVD in meinem Player und begann die Reise noch einmal sehnsüchtig zu durchleben.

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THE END

Hobbit FF - Take me to somewhere elseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt