Kapitel 48

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Ich irrte verzweifelt durch die Gänge, ohne dass mir etwas auch nur irgendwie bekannt vorkam.

Außer Puste blieb ich stehen und stützte meine Hände auf meine Oberschenkel. Wie zur Hölle sollte ich noch rechtzeitig zu den Zwergen kommen?

"ICH BIN NICHT MEIN GROßVATER!" Auf einmal hörte ich eine laute Stimme brüllen, dessen Echo im ganzen Berg widerhallen zu schien.

Thorin!, dachte ich erleichtert und versuchte den Punkt auszumachen, von dem die Stimme kam. Ich fand mich in einer riesigen Halle wieder, dessen Boden aus purem Gold bestand und dessen Wände anmutige Banner schmückten. Ich konnte Thorin nicht sehen, doch ich hörte, dass er noch da war. Anscheinend war der Kampf mit dem Drachen in ihm lauter als im Film.

Es war seltsam, auf einem Boden aus Gold zu laufen, es fühlte sich härter an, als es aussah, aber auf irgendeine Weise hatte man ein sicheres Gefühl.

"Thorin!", rief ich und hielt nach dem Zwerg ausschau. Er antwortete nicht, aber ich hatte ihn erspäht.

"Thorin", sagte ich noch einmal und sprintete zu ihm hin. Der sah mich mit einem neutralen Blick an und wartete auf das, was ich zu sagen hatte. "Ich weiß, dass du gleich rausgehen wirst und dass du, wenn du dann etwas gekämpft hast auf den Rabenberg gehen willst, aber-"

"Moment mal", unterbrach mich Thorin, während er zu laufen begann, wahrscheinlich zu den anderen. "Wovon genau redest du?"

Ich seufzte. "Das klingt richtig gestört und verrückt, aber du darfst nicht, unter gar keinen Umständen NIEMALS auf den Rabenberg gehen. Das Heer, was gerade vor deinem Berg kämpft ist nicht das einzige der Orks."

Thorin hörte mir aufmerksam zu, aber an seinem zweifelnden Blick konnte ich erkennen, dass er mir nicht wirklich Glauben schenkte. Verzweifelt fuhr ich mir durch die Haare und schüttelte den Kopf.

"Wenn du auf den Rabenberg gehst, werden Kili, Fili und du sterben!", rief ich und blieb stehen.

"Woher willst du das wissen?", fragte er scharf und kniff die Augen zusammen.

"Ich... weiß es einfach", wich ich der Frage vage aus. "Bitte. Du musst mir vertrauen!"

Thorin starrte mich eine Zeit lang an, während ich zurückstarrte, bis er schließlich wieder die Stimme erhob: "Ich kann nichts versprechen."

Er wandte sich wieder von mir ab und lief weiter.

"Wie bitte?!", antwortete ich verzweifelt. Ich hatte keine Ahnung, wie ich ihn davon überzeugen sollte. "Willst du das Leben von deinen Neffen aufs Spiel setzen?"

Thorin starrte eine Weile nachdenklich geradeaus, ohne mir zu antworten. Nachdem er eine Weile geschwiegen hatte, wobei ich schon dachte, dass er mir nie antworten würde, sagte er: "Nein. Ich verspreche, falls ich auf den Rabenberg gehen sollte, wobei mir immernoch schleierhaft ist wieso", er warf mir einen kurzen Blick zu, "werde ich allein gehen."

Ich schüttelte den Kopf. "Thorin. Wenn du da hoch gehst, wirst du sterben!"

Thorin warf mir noch einen letzten, durchdringenden Blick zu und bog um eine Ecke, hinter der sich alle anderen Zwerge befanden.

Er zog sein 'will you follow me one last time'-Ding durch und alle Zwergen nickten entschlossen und zogen ihre Waffen, doch bevor sie die Glocke anbringen konnten, um einen epischen Auftritt hinzulegen, trat ich heran und räusperte mich. Von draußen wehten die Kampfgeräusche herüber, doch jetzt machten sie mir nicht mehr so viel Angst.

"Verzeiht die Unterbrechung. Dwalin, Kili, Fili, könnt ihr mal kurz herkommen?", fragte ich und die angesprochenen Zwerge nickten. Die kamen zu mir, wobei sie von den neugierigen Blicken der anderen verfolgt wurden.

"Ich... wollte euch nur warnen", begann ich. "Ich weiß, dass das jetzt total unglaubwürdig klingt, aber falls Thorin euch befiehlt, mit ihm zum Rabenberg zu gehen... Könnt ihr dann Nein sagen?"

Zwei Augenpaare sahen mich verwirrt an. Das dritte wissend.

"Wenn Thorin es uns befiehlt, folgen wir ihm. Er ist unser König." Dwalin verschränkte die Arme vor der Brust und musterte mich. "Warum sollen wir nocht auf den Rabenberg?"

Ich seufzte und machte den Mund auf, um zu antworten, aber Fili fiel mir ins Wort.

"Weil wir sonst sterben." Er warf mir einen kurzen, besorgten Blick zu und wandte sich dann zu den anderen beiden.

"Alisa weiß, wie dieser Krieg ausgehen wird, sie hat es... gesehen. Sie möchte nur, dass uns nichts passiert." Er unterbrach sich und wirkte kurz abwesend.

"Und was sollen wir sonst machen?", fragte Kili. "Thorin allein gehen lassen? Ich werde ihn bestimmt nicht sterben lassen."

"Ich habe schon mit deinem Onkel gesprochen", antwortete ich. "Er sagt wenn er geht, dann allein. Aber ich..." Ich holte tief Luft. "Ich werde ihm nachgehen."

Alle drei fingen gleichzeitig an zu protestieren.

"Auf gar keinen Fall, das ist viel zu gefährlich."
"Du bist ein Mädchen, auf keinen Fall so gut wie wir. Das schaffst du nicht."
"Das lass ich nicht zu. Du könntest dabei sterben!"

Ich musste irgendwie lächeln. "Ich kenne die Pläne der Orks. Ihr nicht. Ich habe meine Magie. Ihr nicht.
Und außerdem weiß ich inzwischen, wie man mit dem Schwert umgeht. Ich weiß, dass du kein Vertrauen in meine Kräfte hast", sagte ich an Dwalin gerichtet. "Du musst auch nicht ihnen vertrauen, sondern mir. Ich weiß, was ich tue, auch wenn ich auf dich wie ein kleines, schwaches Mädchen wirke." Dwalin zögerte verbissen, doch schließlich nickte er.

"Na schön. Von mir aus." Er wandte sich von uns ab und half den anderen mit der Glocke.

"Passt auf, wir haben nicht mehr viel Zeit. Gleich kommt unser Einsatz und dann können wir uns nicht mehr absprechen. Ich habe einen Plan."

Kili sah mich erwartungsvoll an, doch in Filis Blick lag ein Hauch Verzweiflung.

"Wenn ihr gleich losrennt und euren Feinden eure Waffen in die Körper rammt, dränge ich mich am Rand, wo die wenigsten Kämpfe sind, zum Rabenberg vorbei. Wenn ich dort angekommen bin, warte ich auf Thorin und helfe ihm."

Kili nickte. "Das klingt nach einem guten Plan. Und du bist sicher, dass du das allein schaffst?"

"Kili, willst du Alisa gerade wirklich allein auf den Rabenberg lassen, wo unzählige Gefahren lauern können? Und das ohne schlechtes Gewissen?" Fili sah seinen Bruder entsetzt an und schüttelte energisch den Kopf, sodass seine Zöpfe wie wild umherflogen.

"Sie sagt sie schafft das. Ich vertraue ihr", antwortete Kili und legte seinem Bruder eine Hand auf die Schulter. Dann sah er wieder zu mir, grinste und sagte: "Wir sehen uns. Auf der Siegerseite."

Mit diesen Worten ging er davon und stellte sich auf seine Position.

"Ich lass dich nicht gehen. Nicht allein." Fili kam mir zuvor. "Und wenn ich dich ansonsten an irgendetwas in diesem Berg festbinden muss."

Ich wusste, dass es keinen Sinn machte, in dieser Situation gegen die Sturheit der Zwerge anzukommen, also musste ich wohl oder übel einen Kompromiss finden.

"Schön. Was schlägst du vor?", fragte ich und zog die Augenbrauen nach oben. Fili sah mich für ein paar Sekunden nachdenklich an und verschränkte die Arme.

"Wenn du gehst, dann komme ich mit."

"Gut. Wenn es das ist, was du willst", willigte ich schließlich nach einer kurzen Abwäg-Pause ein. "Aber du bleibst in meiner Nähe und machst auf keinen Fall irgendetwas Dummes."

Er murmelte irgendetwas, was ich nicht verstehen konnte. Aber ich beschloss, dass es mir egal war und drehte mich um, um zu den anderen zu gehen.

"Alisa? Warte." Der Zwerg griff nach meiner Hand und zog mich zurück zu sich. Mein Herz begann schneller zu schlagen, während er mich einfach nur ansah und nervös machte.

"Versprich mir, dass du auch nichts Dummes machst", flüsterte er. Ich nickte und um die seltsame Situation loszuwerden, schloss ich Fili noch einmal in eine Umarmung.

"Lass mich nur nicht allein."

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