Kapitel 5 Meine Brüder

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Ich lief mit schnellen Schritten weg, doch als ich bemerkte, dass mich die Leute verfolgten und ebenfalls schneller wurden. Ich fing also an zu rennen. Ich war schon damals sehr flink gewesen und da ich dort meine Kindheit verbracht hatte, kannte ich die Gegend auch ,wie meine Westentasche.

Ich rannte und hörte nur hinter mir sowas wie "Bleib doch bitte stehen.", doch ich dachte nicht mal im geringsten daran. Ich vermutete sogar einmal meinen Namen gehört zu haben, aber vielleicht war das auch nur Einbildung. Ich rannte immer weiter, bis ich das Gefühl hatte in Sicherheit zu sein. Ich schlich mich leise zu meinem Auto und als ich gerade die Fahrertür öffnen wollte, legte jemand seine Hand auf meine Schulter. Ich hörte eine schweratmende Person hinter mir und ich hatte in diesem Moment wirklich Angst. Ich traute mich kaum, mich jetzt umzudrehen, aber ich tat es trotzdem.

Mein Auto hatte ich neben eine Straßenlaterne geparkt, weshalb ich die Person noch relativ gut erkennen konnte. Es war Ilyass Freund, der ungefähr so alt war wie Ilyass, das vermutete ich zumindest. "Geht's noch?" schrie ich und im nächsten Moment lag meine Hand auch schon auf seiner Wange.
"Du hättest mich vor Schreck fast umgebracht.", schrie ich immer noch. "Wie könnt ihr n-" wollte ich wieder schreien, doch der Typ nahm mich in die Arme, der Typ nahm mich in die Arme?! Ich stieß ihn sofort von mir Weg und schrie nochmal "Spinnst du?" Er lachte kurz, mit einem kalten Unterton, auf. "Kannst du dich den garnicht an mich erinnern? Amina, schau mir in die Augen und sag mir das ich dir kein bisschen bekannt vorkomme!" Ich verstand nicht so recht.

Er guckte mir intensiv in die Augen, irgendwas kam mir tatsächlich bekannt vor, doch ich wusste nicht was es war. "Und?", hackte er nach. Ich zuckte nur mit den Schultern. Er holte sein Portmonee aus seiner Jackentasche raus und suchte nach etwas. Dann holte er ein kleines Blatt raus. Als ich den Druck des Blattes sah, füllten sich meine Augen mit Tränen und ich sah rein garnichts mehr.

"Ibrahim?", stotterte ich unter Tränen. Der Zettel aus seinem Portmonee war das Bild unserer Mutter. Er nahm mich als Antwort nur in die Arme. "13 Jahre habe ich dich nicht gesehen. Du hast mir so gefehlt.", sagte er, was mich nochmehr zum weinen brachte. Mit der Zeit hörte ich Schritte um uns rum. Drei weitere Menschen kamen dazu und ich konnte alle drei identifizieren Subhan'Allah!

Einer war Ilyass, aber die anderen beiden waren Umar und Ayub! Meine älteren Brüder. Die beiden kamen auch zu uns und wir umarmten uns einfach nur noch. Ich hatte mein ganzen Aufenthalt im Heim auf diesen Moment gewartet und erst 13 Jahre später geschah es auch. Ich war Allah in diesem Moment so dankbar. Nach unser unendlich langen Umarmung stiegen Ibrahim und ich in mein Auto und der Rest fuhr bei Umar mit. Ich ließ Ibrahim fahren, da ich nicht in der emotionalen Verfassung war, noch Auto zu fahren. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Ich hatte meine Brüder wieder in meinem Leben.

Wir fuhren zu unserem Wohnkomplex und stiegen dort alle zusammen aus. Wir gingen dann die Treppen hoch und ich bot den Jungs an, mit zu mir zu kommen, doch sie wollten nicht. Umar und Ayub blieben bei Ilyass und nur Ibrahim kam mit zu mir. Wir waren Zwillinge, weshalb wir immer zusammen waren, schon als kleine Kinder. Unsere älteren Brüder wollten uns etwas Zeit zusammen lassen, da wir schon immer die Bezugspersonen für einander waren.

Er erzählte mir einiges von unserem Vater und auch , dass er eine neue Frau geheiratet hatte. Mehr wollte ich von ihm aber auch nicht wissen. Wir redeten die ganze Nacht über banale Dinge und ich bekam dieses besondere Gefühl der Geborgenheit, was ich als Kind schon immer bei meinem Bruder verspürte. "Wieso seid ihr mir eigentlich hinterher gerannt?", fragte ich dann aus dem nichts.

"Also als wir eigentlich nach Hause fahren wollten, kam mir in den Sinn mal auf dein Briefkasten zu gucken und dann habe ich halt unseren Nachnamen gesehen. Kurz darauf bist du zu deinem Auto und wir haben entschlossen dir hinterher zu fahren. Ilyass kam aus Langeweile einfach mit und als du dann aus dem Heim kamst wollte ich eigentlich nur mit
dir reden, aber du bist weggerannt, apropos das war eine gute Reaktion. Auf jeden Fall konnte ich dich dann noch am Auto abfangen", erklärte er kurz und ich nickte verstehend.

Liebe auf Umwegen♡ أحبكWo Geschichten leben. Entdecke jetzt