Kapitel 7 Mein Vater

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Er ging mit mir die Treppen hintunter und lief draußen mit mir zu einem schwarzen Mercedes. Er setzte mich auf den Beifahrersitz und schnallte mich an. Jegliche Versuche, mich dagegen zu wehren, schlugen fehl. Er aktivierte die Kindersicherung noch bevor ich auf den Gedanken kam auszusteigen.

Er stieg auf der anderen Seite ein und s
tippte auf seinem Handy etwas herum. "Du sagst mir jetzt sofort, was das hier soll oder ich rufe die Polizei.", drohte ich, obwohl ich mein Handy nichtmal dabei hatte. "Sei kurz ruhig.", sagte er dann und startete den Motor. "Nein! Du sagst mir jetzt sofort was los ist!", behaarte ich um ein vielfaches lauter als zuvor. "Wir müssen dir jemanden vorstellen." sagte er wieder ruhig. "Es ist besser, wenn du es jetzt hinter dich bringst.", fügte er noch hinzu. "Wen?" sagte ich nun ruhiger, aber er ignorierte meine Frage. "Unseren Vater?" hakte ich nach und hoffte tief in meinem Inneren, dass er es verneinen würde. "Unter anderem." sagte er ruhig und sein Blick war auf die Straße fixiert und beachtete mich nicht.

Ich hatte genug Zeit, um meinen Bruder genau zu mustern. Er sah ganz anders aus, als ich ihn in Erinnerung hatte! Er hatte eine sehr markanten Gesichtsform, welche durch seinen 3 Tage Bart umrahmt wurde. Er hatte sehr dunkle Augen und genau so schwarze Haare, wie meine restlichen Brüder und ich. "Hast du mich jetzt genug gemustert?", kam es plötzlich aus ihm raus und ein Lächeln bildete sich auf seinen Gesicht. "Nein noch nicht, kannst du nochmal zu mir schauen?", sagte ich und versuchte ernst zu klingen. Ich war ausgesprochen locker, bzw. versuchte ich so zu tun. Mein Herz schlug mir bis unter mein Kinn und ich wäre am liebsten aus dem fahrenden Auto gesprungen, als heute noch meinem Vater zu begegnen.

Das Auto blieb stehen. Seine Miene verfinsterte sich und mir lief ein Schauder über den Rücken. Ich spürte wie sich sämtliche Haare an meinem Körper aufstellten und sich eine Gänsehaut bildete. Ich guckte mich einmal im Rückspiegel an und richtete mein Kopftuch. Ich sah noch akzeptabel aus. Ayub stieg aus und ich machte es ihm nach. Ich überprüfte kurz unsere Umgebung und merkte das wir relativ außerhalb der Stadt waren, denn diesen Teil kannte ich garnicht. Ich bekam ein unwohles Gefühl bei dem Gedanken meinem Vater nach 13 Jahren gegenüber zu stehen. Ich hatte schon vergessen wie er aussah. Ich hatte ihn als großen starken Mann mit einer finsteren Aura in Erinnerung. Ayub merkte womöglich, dass ich sehr angespannt war und legte einen Arm um mich.

"Wird schon", versuchte er mir Mut zuzusprechen, doch es
brachte nichts. Ich sah Ibrahim und Umar auf der Veranda stehen und auf uns zu kommen. Sie sahen alle sehr ernst aus. Ich hätte alle drei augenblicklich einfach umbringen können. Wir lernten uns gerade kennen und ein Tag darauf brachten sie mich zu meinem Vater? "Sei auf alles gefasst." kam es aus Umar. Meine Ängste breiteten sich in mir aus und ich bekam ein unwohles Gefühl. Reflexartig drehte ich mich um und wollte an Ayub vorbei gehen, doch der hielt mich auf. Ich war definitiv noch nicht bereit dazu, meinem Vater gegenüber zu treten. "Ich kann das nicht.", gab ich zu und versuchte mich an ihm vorbeizudrängen. "Amina, bitte.", sagte jetzt Ibrahim.
Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und ich konnte nichts mehr sagen. Ich wollte einfach nur noch weg. Es fühlte sich so an, als würde ich keine Luft mehr bekommen. Ich spürte, wie ich immer hastiger atmete und trotzdem noch Angst hatte, nicht genug Sauerstoff zu bekommen.

"Amina, du hyperventilierst.", sagte einer der Jungs und ich konnte nicht mal mehr einstufen, wer von ihnen das sagte. Man setzte mich auf eine der Treppenstufen und ich versuchte mich zu beruhigen.
"Du entscheidest, ob du das kannst oder nicht.", sagte Umar dann und ich schaute zu ihm hoch. Ich nickte und blieb noch eine lange Zeit auf der Treppenstufe. Ich hatte viel Zeit nachzudenken und entschied mich schlussendlich, mich dieser Konfrontation zu stellen.

Ich hörte die ganze Zeit auch Kinderschreie aus dem und konnte schon erahnen ,was im Haus auf mich zu kommen würde. Wir betraten zu viert das Haus und Umar führte mich ins Wohnzimmer. Da saß er, mein Vater. Er saß mit dem Rücken zu uns gerichtet. Ich schluckte schwer.

"Baba?" sagte Umar. "Ja mein Sohn?", kam es dann aus meinem Vater, der sich dann auch umdrehte. Er sah mich noch nicht, da ich hinter Umar und Ayub stand. "Wir haben dir jemanden mitgebracht.", sagte dann
Ayub und trat zur Seite. Ich guckte in die fast schwarzen Augen meines Vaters und mir war echt zum Heulen zu mute, da meine Vergangenheit sich vor meinen Augen abspielte und als ich im Hintergrund 2 Mädchen im Alter von etwa 11 und 12 sah wurde es noch schlimmer. In ihrem Alter war ich schon längst im Heim. Mein Vater stand auf und ich spannte meinen Kiefer an, um keine Emotionen zu zeigen. Er kam mir irgendwie zu nah und es wurde mir einfach zu viel. "Amina? Bist du es wirklich?", stellte er eine rhetorische Frage.

Ich antwortete nicht darauf, weil ich noch zu tiefst verletzt war. Er wollte eine Hand auf meine Wange legen, aber ich ging ein Schritt zurück, um seiner Hand zu entkommen. Ich drehte mich um und spürte wie meine Augen rot wurden. Ibrahim, der hinter mir stand, ließ mich passieren und ich wollte raus gehen, als mich eine Frau im Alter von etwa 40 oder vielleicht etwas älter anhielt. "Du musst Amina sein oder?
Ich bin deine neue Mutter." sagte sie und brachte damit jeden Milliliter Blut, der in meinem Körper floss, zum Kochen.

Liebe auf Umwegen♡ أحبكWo Geschichten leben. Entdecke jetzt