Kapitel 39 Schock und Erleichterung

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Ich und meine Tante guckten sofort in die Richtung, aus der die Stimme kam. Meine Vermutung wurde erfüllt, es war Ilyass, der zu meiner Verwunderung ein Hemd mit Krawatte trug. Ich ignorierte es aber, denn er tat mir einfach so unendlich leid. Das konnte einfach nicht wahr sein. "Das ist doch nicht dein Ernst! Sag, dass das nicht wahr ist! Sag es!", schrie Ilyass dann meine Tante an. "Ilyass...", sagten wir beide gleichzeitig. Er lief hin und her und ging sich einmal schnell durch die Haare. "Du hast mich Lebenslang belogen.", schrie er einmal und verließ das Haus mit einem lauten Türknall. Sie und ich guckten uns völlig überfordert an. Wir waren einfach beide wie in Trance, bis ich mich dann wieder sammelte und aufstand. Meine Tante guckte mich an und fasste sich dann auch wieder. "Ich muss ihm hinterher!", sagte sie dann. "Dann lass uns gehen.", erwiderte ich darauf hin. Sie holte schnell ihre Tasche und wir verließen auch schon das Haus. Wir stiegen in mein Auto und ich fuhr so schnell es ging nach Hause. Zum Glück parkte Ilyass Auto auch vor dem Haus.

Wir stiegen aus und ich öffnete dann die Haustür und wir liefen zusammen schnell die Treppen hinauf, bis wir vor Ilyass Wohnungstür standen. "Ich hab einen Schlüssel.", sagte meine Tante und öffnete die Tür. "Kann ich vielleicht erst kurz mit ihm reden?", fragte ich dann sehr sachte. Sie nickte. Ich ging in die Wohnung rein und suchte erst im Wohnzimmer nach Ilyass, als ich ihn dort nicht fand, ging ich langsam in sein Schlafzimmer. Ich öffnete ganz vorsichtig die Tür und sah wie er auf seinem Bett saß und den Kopf hängen ließ. "Ilyass?", fragte ich vorsichtig. "Geh!", sagte er laut und ließ mich dadurch zusammenzucken. Ich ging aber nicht, ganz im Gegenteil. Ich lief auf sein Bett zu und setzte mich neben ihn. Ich legte meine Hand auf seine Schulter und sagte "Ich werde nicht gehen. Ich kann dich so nicht alleine lassen." Er hob seinen Kopf und guckte mir einfach nur in die Augen und zum erstenmal konnte ich wirklich sehen, was er fühlt. Zum ersten mal konnte ich wirklich sehen, wie kaputt er war. "Wieso eigentlich das Outfit?", fragte ich dann völlig verwirrt. Er blieb still. "Ilyass?", hakte ich nach. "Ich wollte zur Familie des Mädchens gehen und mich dem Vater vorstellen, aber vorher wollte ich noch mit meiner <<Mutter>> reden.", sagte er dann und ließ seinen Kopf wieder hängen. Ich nickte einfach nur stumm. "Alles wird gut.", sagte ich dann fest entschlossen. "Sagt sich so leicht.", antwortete er nur.

"Ich werde nächste Woche handanhalten gehen.", sagte er dann vor sich hin. "Liebst du sie denn überhaupt?", kam meine Innerestimme mal zu Wort. "Nein.", sagte er dann knapp. "Wieso willst du dann um ihre Hand bitten?", fragte meine Innerestimme dann gereizt und verletzt zu gleich. "Weil wir Milchgeschwister sind!", sagte er dann lauter. Er hatte es noch nicht realisiert. Ich schaute ihn mit großen Augen an. "Nein sind wir nicht! Vielleicht hast du es noch nicht realisiert, aber wir sind keine Milchgeschwister!", sagte ich dann ebenfalls laut. Er guckte mich darauf hin einfach nur starr an. "Selbst wenn meine Tante meine Milchmutter wäre, wärst du nicht mein Milchbruder, weil es nicht deine Mutter ist und nebenbei wurde ich garnicht von ihr gestillt."

"Warte mal... Du hast ja recht.", stellte er dann leicht froh, aber auch niedergeschlagen zu gleich, fest. "Ich bin trotzdem immer für dich da. Sie ist zwar nicht deine leibliche Mutter, aber sie hat dich groß gezogen und liebt dich wie ihr eigenes Kind.", sagte ich dann zu Ilyass mit einer sehr sanften Stimme und strich ihm über die Schulter. "Man hätte es mir aber früher sagen sollen.", sagte er dann fest entschlossen. "Ich wollte ja, aber es gab nie den passenden Moment.", kam meine Tante mal zu Wort. "Ich lasse euch mal alleine.", sagte ich und stand auf. Ilyass hielt aber meine Hand fest und guckte mich vielsagend an "Danke.", brachte er dann raus. Ich lächelte ihn nur an und verließ das Zimmer und schließlich auch Ilyass Wohnung. Ich ging zu mir nach Hause und fing an meine Sachen in Kartons zu füllen, der nächste Monat war nämlich nicht sehr weit entfernt. Als ich mich , völlig erschöpft vom ganzen Tag, auf mein Bett fallen ließ, ließen mich die Gedanken an Ilyass nicht los. Ich musste irgendwie anfangen zu grinsen, als ich an vorhin dachte. Er hatte mich ao zuckersüß angelächelt.

Meine Gedanken wurden Alhamdulillah von meinem Handy unterbrochen, da dieses zum Gebet klingelte. Ich ging ins Bad und vollzog die Gebetswaschung, danach stellte ich mich auf meinen Gebetsteppich und fing an zu beten. Das ist mit Abstand das schönste Gefühl auf Erden. Ich machte auch viel Dua in jeden Sujud. Als ich mit meinem Gebet fertig war, legte ich mich wieder auf mein Bett. Ich starrte die Decke an und dachte einfach nur nach. Ich war nicht Ilyass Milchschwester, wir könnten also eine gemeinsame Zukunft haben.
Mit den Gedanken bei Ilyass fiel ich in einen traumlosen Schlaf.

Liebe auf Umwegen♡ أحبكWo Geschichten leben. Entdecke jetzt