Kapitel 12 Rettung

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Ich nahm nun richtige Schreie wahr, aber ich konnte sie nicht zuordnen. Es klang wie zwei oder drei verschiedene Stimmen. Auf jeden Fall war eine weibliche dabei. Ich versuchte aufzustehen, aber mein Körper ließ es nicht zu. Ich war, wie an den Boden gekettet, als wären schwere Metallketten an meinen Körper gebunden, die mir keinerlei Bewegungsfreiheit ließen.

Die Tür ging plötzlich ruckartig auf und prallte gegen die harte Steinwand, worauf die Tür leicht zurück fiel.  Ich hatte keinen freien Blick auf die geöffnete Tür, es standen irgendwelche Gegenstände vor mir, die ich erst im Licht erkennen konnte, welches jemand kurz darauf anschaltete. Ich musste mich erst an das Licht gewöhnen, da ich zuvor einige Stunden in der Dunkelheit verbracht hatte.

Ich schaute um mich herum und sah viele Regale um mich, die fast schon ein Labyrinth um mich bildeten. Ich erkannte eine Person, die in die Kammer stürmte und erst bei genauerem hinsehen, bemerkte ich, dass es Ilyass war. "Amina?", fragte er und blickte suchend durch die Regale. "Ich bin hier!", quietschte ich mit meiner Stimme raus und musste fast schon lachen, bei dem ächzenden Ton, der da aus meiner Kehle kam.

Er durchlief das Labyrinth und kam zu mir. "Komm steh auf.", forderte er mich auf. "Der Boden ist so bequem, ich will gar nicht aufstehen.", sagte ich ironisch. "Ich kann nicht aufstehen, ich spüre meine Beine kaum." fügte ich mit einer absinkenden Stimme hinzu und im nächsten Moment trug er mich auch schon auf seinen Armen. 'Wehr dich dagegen! Du weißt das ist Haram!', meldete sich meine innere Stimme wieder und sie hatte definitiv recht, doch ich hatte nicht die Kraft dazu, mich zu wehren.

Er trug mich durch die Kammer und dann einen schmalen Gang entlang. Anschließend ging es noch ein paar Stufen hoch. "Kannst mich jetzt runter lassen.", kam es dann aus mir und er ließ mich sofort runter. "Ja natürlich.", fügte er mocj hinzu. Die Frau von meinem Vater und hinter ihr irgendein etwa 20-25 jähriger Mann kamen auch die Treppe hoch und funkelten Ilyass böse an. Bei genauerem Hinschauen bemerkte ich, dass der Mann an der Lippe blutete und auch einen roten Abdruck im Gesicht hatte. Man konnte klar die Abzeichnung von fünf Fingern in seinem Gesicht sehen. "Ich zeig' dich an." schrien unsere gegenüber gleichzeitig und guckten dabei fies zu Ilyass, welcher nur desinteressiert hinschaute.

"Versuchts doch.", sagte er provokant und ich konnte sein Lächeln von der Seite sehen. "Als keine Info: Strafgesetzbuch, Paragraph 239 Absatz eins: "Wer einen Menschen einsperrt oder auf andere Weise der Freiheit beraubt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Also solltet ihr überlegen, wer hier wen anzeigt.", fügte er noch hinzu und ich war beeindruckt, dass er den Absatz so genau auswendig konnte.
"Ach noch was, Körperverletzung wurde von eurer Seite auch noch ausgeübt. Die Beule an Aminas Hinterkopf ist stark zu sehen. Ihr braucht wirklich professionelle Hilfe.", beendete er dann seine Rede.

"Geht's eigentlich noch? Ich wollte hier ohne böse Hintergedanken mit meinem Vater reden und dann sperrt ihr mich ein? Du bist doch echt nicht normal! Behandelst du deine Töchter auch so? Möge Allah ihnen viel Geduld mit so einem Psycho geben.", sagte ich so laut, wie es meine Kraft zuließ und Ilyass vollendete es mit einem knappen "Amin!"

Der Typ kam ein paar Schritte näher und wollte glaub ich auf mich losgehen, als Ilyass ihn dann böse an funkelten und mit einem sehr aggressiven Ton meinte: "Wenn du ihr auch nur ein Haar krümmen solltest, breche ich dir dein ganzes Genick. Du solltest mich lieber nicht unterschätzen."

Der Typ ging wieder zurück. "Du kleines Miststück hast mir mein ganzes Leben zerstört! Ich und meine Töchter waren die einzigen besonderen Frauen im Leben deines Vaters, bis du kamst und alles zerstört hast!" fing die Hexe an, doch ich ließ sie nicht weiter reden. "Nein! Du bist nur eine Notlösung gewesen! Meine Mutter war die wichtigste Frau im Leben meines Vaters! Einzig und allein meine Mutter und keiner sonst, nicht mal ich.", sagte ich und genau in diesem Moment öffnete sich die Haustür und Ibrahim und mein Vater kamen ins Haus. Sie guckten uns alle fragend an und dann auch noch einander. "Salam Alaykum. Deine Frau kann dir alles erzählen Baba, ich bin weg." sagte ich kühl und ging an allen vorbei und geradewegs durch die Haustür.

"Warte doch mal.", sagte mein Vater verwirrt, doch ich hielt es keine weitere Sekunde in diesem Haus aus. "Samhayi Baba, ich muss hier raus.", sagte ich, als ich an ihm vorbei lief. Ich bemerkte, dass es draußen bereits stockdunkel war, als ich das Haus verließ. Irgendwie kamen mir die Tränen, als ich nach dem ganzen Tag wieder frische Luft zu atmen bekam. Mir liefen unbewusst Tränen die Wangen entlang und tropfen an meinem Kinn dann endgültig ins Gras. Ich stand mitten im Vorgarten und hörte hinter mir laute Schritte auf der Veranda.

Liebe auf Umwegen♡ أحبكWo Geschichten leben. Entdecke jetzt