Kapitel 19 FSK 12

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Ich schreckte zusammen und guckte die Person erleichtert an, als ich bemerkte, dass es nur mein Bruder war. "Was ist los?!" fragte er geschockt, als er mir ins Gesicht sah. Ich merkte, wie mir unbemerkt ein paar warme Tränen über die Wangen liefen. Ich hasste es zu weinen! Niemand sollte sehen, wie schwach ich eigentlich war! Ich hasste es wirklich so sehr. Ich konnte immer noch nicht reden und er nahm mich einfach in die Arme. Wir sind zwar gleich alt, aber dennoch ist er viel größer und sieht auch älter aus. Er strich mir über den Rücken und versuchte mich zu beruhigen, aber es funktionierte nicht mal halbwegs. Ich stand einfach unter Schock. So etwas war mir die zwanzig Jahre zuvor noch nie passiert. Als Ilyass noch dazu kam, fragte Ibrahim ihn sofort aus, was los war. "Da war so ein Nazi. Hab Amina so gut ich konnte verteidigt.", erklärte er kurz. "Wie siehst dieser ***** aus???" sagte Ibrahim richtig wütend und spannte seine Muskeln und seinen Kiefer an! "Ibrahim, es hat sich erledigt. Entspann dich. Die Securitys haben ihn mitgenommen.", versuchte Ilyass ihn zu beruhigen. "Was heißt hier <<Entspann dich>> Ich muss meine Schwester doch beschützen!", sagte er dann noch wütender und man konnte Selbstzweifel im Unterton heraus hören.


"Ibrahim, ich bin auch noch da! Ich werde sie auch immer beschützen!", sagte Ilyass dann fest entschlossen. Er schenke mir einen fürsorglichen Blick, aber verfinsterte ihn schnell wieder, als Ibrahim ihn dabei erwischte. "Weiß ich zu schätzen. Danke dir. Ich muss auch auf die Toilette, geht ihr schon mal rein.", sagte Ibrahim und löste sich von mir und verschwand hinter der Toilettentür. "Komm.", sagte Ilyass und führte mich zurück in den Kinosaal. Ich hatte eigentlich gar keine Lust mehr auf Kino, da ich einfach nur geschockt war. Seit dem ich Kopftuch trage, ist mir noch nie etwas der gleichen passiert! Ich setzte mich auf meinen Platz und Ilyass setzte sich neben mich. Ich guckte ihn kurz fragend an, da er genau wusste, dass Ibrahim dort saß. "Sobald Ibrahim kommt, setzte ich mich wieder um. Dieses Mädchen nervt mich voll. Die ganze Zeit kommt sie mir so nah und kaut ihren komischen Kaugummi.", erklärte er dann kurz.

"Ich kann auch dort sitzen.", gab ich kleinlaut von mir, da ich irgendwie immer noch unter Schock war. "Das würdest du für mich tun?", fragte er unglaubwürdig, worauf ich nur nickte. Wir tauschten also unsere Plätze und kurz darauf kam auch Ibrahim zurück und der Film fing wieder an. "Der Junge war mir lieber als du.", motze mich das Mädchen von der Seite an. Ich hatte mich in der Zwischenzeit wieder beruhigt und verdrehte einfach nur meine Augen. "Halllooo?! Der Junge war mir lieber als du!", meckerte sie nochmal und ein paar andere Besucher drehten sich schon zu uns um. "Ufff eine Mülltonne wäre mir auch lieber als du!", gab ich gereizt von mir und im nächsten Moment bereute ich es auch schon. Eigentlich war ich immer sehr nett und freundlich zu Fremden, aber in letzter Zeit ist so viel passiert! Ich bin einfach nur noch von allem und jedem gereizt.

Das Mädchen blieb den restlichen Film ruhig und wir konnten den Film in ruhe weiter gucken. Als der Film endlich zu ende war, gingen wir aus dem Kino und die Jungs fragten mich, ob ich was essen gehen möchte. "Ich möchte bitte einfach nur nach Hause.", sagte ich dann und man konnte deutlich Verzweiflung aus meiner Stimme raushören. Die beiden guckten mich bemitleidenswert an und nickten einfach nur stumm. Auf dem Weg zum Auto bekam ich irgendwie Lust auf Eis, aber nicht irgendeins, sonder Mc Sunday mit Schokosoße. "Ibrahim?", fing ich wie ein kleines Kind an. "Ja?", antwortete er. "Können wir vielleicht bei Mc's vorbei fahren und mir ein Eis kaufen?", fragte ich dann und musste am Ende selbst über mich lachen, weil diese Kleinkind Art nicht zu mir passte. Auf Ibrahim's Gesicht bildete sich ein Lächeln und er verdrehte belustigt seine Augen. "Ja können mir machen, Kind.", sagte er und lief in Richtung sein Auto. Wir stiegen ein und fuhren direkt zu Mc's. Meine Laune wurde irgendwie immer besser, weshalb ich den Jungs auch erlaubte sich ins Lokal zu setzten und dort zu essen. Später entpuppte sich diese Entscheidung jedoch als eine sehr schlechte Idee.

Wir gingen also ganz normal in das Lokal rein und bestellten. Ich hatte nur Lust auf ein Eis und die Jungs kauften sich Menüs mit Fischburger. Wir setzten uns dann hin und fingen an zu essen bzw. genoss ich mein Eis. Ich war so vertieft in mein Eis, dass ich gar nicht bemerkte, dass auch bekannte Gesichter in diesem Mc's Lokal saßen. Ich guckte mich also einmal unauffällig um und da kreuzten sich auch schon unsere Blicke. Der Neffe meiner Stiefmutte saß keine zwei Meter von mir entfernt. Ich zog reflexartig meine Augenbrauen zusammen und drehte mich einfach wieder zu meinem Eis um. Ich entschied mich dazu, ihn zu ignorieren und mein Eis genüsslich weiter zu essen. Die Jungs hatten ihn zum Glück noch nicht gesehen, was mir ein wunder war, da er und seine Freunde, fast schon unsere Wangen streichelten, so nah waren sie.

Ich betete innerlich, dass Ilyass ihn nicht bemerkte, denn der Neffe meiner Stiefmutter, dessen Name ich immer noch nicht kannte, hatte die ganze Zeit so einen provozierendes Lächeln auf seinen Lippen. Ich ahnte Böses, denn der Typ schielte immer wieder rüber, was ich vom Augenwinkel her bemerkte. Ich wurde aus unerklärlichen Gründen richtig nervös. Ich malte mir die verschiedensten Szenarien aus, was hätte passieren können, aber das es dann ganz anders kam hätte ich natürlich nicht ahnen können. Als wir alle fertig waren, standen wir auf und wollten gehen, als mir einer der Freunde, des Neffen meiner Stiefmutter, ein Bein stellte und ich fast auf den Boden fiel. Zu meinem Glück stand Ilyass vor mir, weshalb ich nur gegen ihn knallte. "Tut mir leid", sagte ich. Ilyass drehte sich natürlich um und da bemerkte er dann auf die Gruppe. Er spannte sofort wieder seine Muskeln an und zog seine markanten Augenbrauen zusammen. Es sah so aus, als ob er gleich auf sie los ginge, was bei deren dreckigen Lächeln auch kein Wunder war.

"Lass uns einfach gehen!", versuchte ich Ilyass mit einer sanften Stimme zu beruhigen. "Hast Recht.", stimmte er mir zu und wir verließen Mc's. Wir liefen zum Auto und als ich mich gerade hinein setzen wollte, bemerkte ich das der Neffe meiner Stiefmutter und nur noch ein Freund von ihm ebenfalls aus dem Mc's kamen. Ich schaltete sofort meine Adleraugen an, da mir sein Freund sehr bekannt vor kam! Irgendwo hatte ich ihn schonmal gesehen. Nur ich wusste nicht wo. Entweder auf einem Bild oder in echt, aber ich wusste es nicht. Ich stieg ins Auto ein und fing an schwer zu überlegen, bis es mir wie Tomaten von den Augen fiel. Leyla hatte mir mal ein Bild von diesem jungen Mann gezeigt. Ich glaube es war ihr Bruder oder Cousin, naja auf jeden Fall Familie. Eigentlich wohnte ihre Familie etwas weiter entfernt, was darauf schließen ließ, dass der Junge sie besuchen wollte! Ich hoffte so sehr, dass er wenigstens alleine kam! Ibrahim musste noch tanken gehen, weshalb sich die Fahrt etwas in die Länge zog. Kurz vor unserem viertel fragte ich dann Ibrahim: "Wie heißt eigentlich der Neffe unsere Stiefmutter?"

Er zog eine Augenbraue hoch, was ich durch den Rückspiegel sehen konnte und antwortete dann nur knapp "Bilal." Ich nickte nur vor mich hin und danach sagte auch keiner mehr etwas. Als wir aber schließlich ankamen, fragten Ilyass und ich Ibrahim, ob er Lust hätte noch zu uns zu kommen, bzw. zu einem von uns, doch er lehnte dies ab, da er noch zu tun hatte. Ilyass und Ich gingen also nichts ahnend die Treppen hoch, als wir schon mehrere Stimmen hörten, wir dachten uns erst nichts dabei, aber als wir in unserem Stockwerk ankamen, standen der Neffe meiner Stiefmutter, sein Freund und Leyla an der Tür. "Der schon wieder!", sagte Ilyass in einem agressiven Ton vor sich hin. Als wir den Treppenabsatz erreichten, bemerkten uns erst die 3 Personen. Leyla und ihr vermutlicher Bruder guckten relativ freundlich, während Bilal wieder nur hässlich lächelte. "Ohh Salam Amina.", sagte Leyla zuckersüß. "Wa Alaykum Salam Leyla", antwortete ich darauf und täuschte ein Lächeln vor.

"Kommt doch rein!" sagte Leyla zu den zwei Jungs, als Bilal mich kurz anguckte und seinen Blick wieder Leyla schenkte "Wohnt Amina etwa auch hier?", fragte er und auf seinen Lippen bildete sich wieder dieses Grinsen. Doch bevor Leyla antworten konnte, schnitt Ilyass ihr schon das Wort ab und sagte in einem sehr aggressiven Ton "Nein, sie wohnt da nicht." Leyla guckte mich unauffällig fragend an, doch ich zuckte nur genau so unauffällig mit den Schultern. Ilyass packte mein Handgelenk sachte und zog mich zu seiner Haustür. Er öffnete im Handumdrehen die Tür und schon waren wir in seiner Wohnung. Es ging alles viel zu schnell, als dass ich reagieren könnte. "Was sollte das?"; fragte ich, als ich endgültig realisierte was passiert war. "Als ob ich dich mit diesem Bilal in eine Wohnung lasse!! Hast du dieses hässliche Lächeln nicht gesehen?", fragte er und ich spürte, wie er vor Wut bebte. Er ließ sich auf dem Sofa nieder. Er ließ seinen Kopf hängen, was darauf schließen ließ, das ihn irgendwas bedrückte. Ich näherte mich langsam dem Sofa und blieb kurz davor stehen. Ich wusste, dass das was wir taten nicht richtig war. Wir sollten lieber nicht alleine miteinander sein, schließlich war er nicht mein Mahram. Ich konnte aber nicht anders, als bei ihm zu bleiben. Er sah so traurig aus und ich wollte unbedingt wissen, was ihr bedrückte.

Liebe auf Umwegen♡ أحبكWo Geschichten leben. Entdecke jetzt