22.

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"Ich verbinde dir jetzt die Augen." flüstert mir Eaven leise in mein Ohr.
"Ich will nicht das du siehst wo wir hingehen."
Ich höre Lohana hinter mir auf meinem Sofa lachen. Sie scheint zu wissen wo er mit mir hin will.
Mir dagegen ist nicht nach lachen zu Mute ich habe ein wenig Angst blind an seiner Seite zu laufen, selbst wenn ich ihm vertraue.
Ich atme einmal tief durch.
"Okay." sage ich und spiele nervös an der Halskette herum die ich in einem der Schränke im Schlafzimmer gefunden habe. Sie ist aus Silber und hat einen komisch förmigen Anhänger, zwei miteinander verbundene Bögen die in einer Spitze enden. Ich mag die Form.
"Du brauchst keine angst zu haben. Ich tue dir nichts."
Er stellt sich hinter mir und verbindet mir mit einem schwarzen Tuch die Augen.
Eaven nimmt mich an der Hand und führt mich ins nichts.
Es ist kalt und ich bereue es, mir keine Jacke angezogen zu haben.
Wir müssen irgendwo draußen sein, nachdem wir aus dem Aufzug gestiegen sind. Ich weiß nicht ob wir nach oben oder nach unten gefahren sind.
Ich spüre Hände an meinem Hinterkopf und zucke reflexartig zusammen.
"Ganz ruhig. Ich bin es nur.
Ich werde dir jetzt die Augenbinde abnehmen, du lässt die Augen aber immernoch geschlossen solange bis ich dir sage das du sie öffnen sollst."
Sagt er leise und beruhigend.
Ich mag den Klang seiner Stimme, sie hört sich vertraut an und verursacht bei mir ein Gefühl was ich nicht definieren kann, ein kribbeln was mir nicht bekannt ist. Es ist nich das kribbeln aus meinem Traum es fühlt sich weitaus anders an, besser und ich spüre es nur mit Eaven in meiner Nähe.
Er nimmt mich erneut an die Hand und führt mich langsam ein paar Schritte.
"Du kannst die Augen aufmachen."
befiehlt er mir flüsternd.
Langsam und vorsichtig öffne ich meine Augen.
Für einen kurzen Moment kann ich nichts erkennen, die Sonne blendet mich zu sehr.
Nach wenigen Sekunden kann ich alles klar und deutlich erkennen.
Es ist die Aussicht aus meinem Traum.
Ich sehe Wasser und hellbraunen fast schon gelben Boden vor dem Wasser.
Ich sehe die braunen Stämme die sich verästeln und an grünen Blättern enden.
Ich mache den Mund auf, will etwas sagen, doch bekomme keinen Ton heraus.
Zu faszinierend ist die Aussicht die ich mir wortwörtlich erträumt habe.
Ich spüre einen Windzug aber keine Kälte. Ich weiß nicht warum aber ich Strecke meine Arme aus und genieße den Wind und schließe meine Augen wieder.
Das bekannte kribbeln aus meinem Traum übermannt mich und ich fange an zu lächeln.
Zu lange habe ich diesen Moment erwartet dieses Gefühl zu spüren ohne aus dem Traum gerissen zu werden.
Ich öffne meine Augen und genieße die Aussicht und das langersehnte kribbelnde Gefühl.
"Das nennt sich Freiheit.
Du bist frei und musst dich an kein vorgeschriebenes Leben halten, du kannst sein wer du willst und machen was du willst, musst dich nicht an Regeln halten, deine Gefühle verstecken und deine Stimme verstellen. Willkommen in einer Welt in der du über dich selber bestimmen kannst." flüstert er mir leise in mein Ohr, als ob es hier oben jemanden geben würde der uns nicht hören soll.

Doch hier ist niemand außer mir und Eaven der direkt hinter mir steht und mich vorsichtig an der Taille hält als hätte er Angst ich könnte fallen.
Ich nehme meine Arme langsam runter und greife nach Eavens und nehme sie von mir weg. Es ist als ob Eaven an der Stelle einen kribbelnden Abdruck hinterlässt.
Ich mag seine Nähe, aber das ist mir dann doch etwas zu nah.
"Hast du angst ich könnte springen?" ich drehe meinen Kopf nach hinten um ihn in die Augen sehen zu können.
Obwohl ich die gleiche Farbe in meinen Augen habe wie er könnte ich Stunden verbringen ihm in seine zu sehen.
Er lächelt und greift vorsichtig nach meinen Händen.
Das gewohnte kribbeln verlässt mich und wird durch das bessere Gefühl ersetzt was ich nur in Eavens Nähe spüre.
"Ein wenig, aber ich würde dir so etwas nie zutrauen." flüstert er mir lächelnd, tief in meine Augen schauend, zu.
Er lässt eine Hand von mir los, greift mit seiner vorsichtig an mein Kinn und dreht mich zu sich um, sodass ich ihm noch tiefer in die Augen sehen kann.
"Es kommt mir vor als würde ich dich seit Ewigkeiten kennen Liven." flüstert er zu mir. In mir fängt alles an zu kribbeln und zu Schaudern, es fühlt sich gut an, aber auch beängstigenden und unbekannt.
"Mir geht es genauso." sage ich leise zu ihm mein Blick immer noch tief in seinen Augen versunken.
Eaven lässt meine andere Hand los, legt seine Hände vorsichtig an meine Wangen und zieht mich langsam zu seinem herauf. Er ist ein ganzes Stück größer als ich weshalb ich mich auf Zehenspitzen stellen muss um mit ihm auf Augenhöhe zu sein.
Jegliche angst verlässt mich und ich halte Eaven mit beiden Händen an der Taille, wie er es vorhin bei mir tat.
Ich kann ihm nun noch direkter in die Augen schauen und sie leuchten förmlich.
Er schließt seine Augen und kommt meinem Gesicht langsam näher.
Ich schließe die Augen ebenfalls wartend auf das was passiert.
Er legt seine Lippen auf meinen Mund.
Er küsst mich.
So etwas habe ich bei meinen Eltern auf ihrem Bild von der Eheschließung gesehen es kam gezwungen rüber, Aber hier ist nichts gezwungen und gestellt alles ist echt und mit Gefühlen.
Ich erwiedere seinen Kuss.
Zum ersten Mal in meinem ganzen Leben spüre ich was es bedeutet jemanden richtig zu lieben. Der Kuss fühlt sich gut an warm, weich, vorsichtig.
Er löst sich von mir und ich komme langsam bin meinen Zehenspitzen runter und atme tief durch.
Er beugt sich zu mir runter, legt seine Stirn gegen meine und sieht mir tief in die Augen.
"Ich... liebe dich Liven." flüstert er ganz leise und unsicher, als ob er es bereuen würde es gesagt zu haben, zu mir.
So fühlt sich also Liebe an. Es kribbelt in ganzen Körper, die Gedanken schwirren von ihrem Weg ab und machen was sie wollen, spielen verrückt, es fühlt sich gut an endlich von jemanden geliebt zu werden, dessen Liebe man erwiedern kann.
Nicht wie bei meinen Eltern, die Emotionalen nullstand haben und sich nur wegen dem zwang des Systems lieben müssen und wohl garnicht wissen was Liebe ist.
Ich weiß es und ich kann diese Liebe erwiedern.
"Ich dich auch." flüstere ich ihm zu und küsse ihn vorsichtig, er erwiedert ihn ebenso vorsichtig.
"Hast du schon mal einen richtigen Sonnenuntergang gesehen?" fragt er mich als wir uns aus dem Kuss lösen und uns einfach nur ansehen.
"Nein." sage ich leise.
Ich habe mich nie einen richtigen Sonnenuntergang beobachten oder sehen können. Um diese Zeit lag ich meistens in meinem Bett und habe gedankenverloren an die Decke gestarrt oder war Duschen.
"Dann bleiben wir jetzt hier und sehen uns einen an?" schlägt er mir lächelnd vor.
Ich nicke zustimmend.
Ein Windhauch umspielt die hohe Fläche auf der wir stehen und mir wird kalt, ich spüre wie ich anfange zittern.
Eaven zieht sich seine Jacke aus und legt sie mir um die Schultern.
"Besser?" fragt er leise ich nicke erneut und wir setzen uns auf den Boden.
Ich lehne mich mit meinem Kopf gegen seine Schulter. Eaven streicht mir vorsichtig kupferfarbene Haarsträhnen, die in meinem Gesicht hängen hinter mein Ohr und wir beobachten gemeinsam den Sonnenuntergang.


When I Close My Eyes Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt