23.

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Es ist bereits dunkel und ich bin im Halbschlaf versunken als Eaven mich vorsichtig hoch nimmt.
Für einen kurzen Moment fühle ich mich ängstlich, wie in der Nacht in der mich Eaven mit Lohana und irgendeinem anderen Typen aus dem System befreit haben, für einen kurzen Moment habe ich angst schüsse zu hören und grelles Licht auf meinen Augen zu spüren.
Aber ich höre nichts außer Eavens Schritte und unseren Atem.
Ich lehne meinen Kopf gegen seine Schulter und schmiege mich eng an sie.
Ich höre ihn leise lachen, dann gibt er mir einen Kuss auf meine Wange.
"Du bist ganz kalt." flüstert er leise zu mir. Ich nicke erschöpft.
Heute war mein erster Tag in einem neuen Leben, ohne Regeln und Vorschriften,mit einem Ort von dem ich bisher zu träumen schien, mit Gefühlen die ich nie richtig einschätzen konnte.
Ich habe mich zum ersten mal frei gefühlt, zum ersten Mal mein Leben gespürt und wie viel es doch Wert ist, mit den richtigen Menschen.
Ich habe zum ersten Mal richtige Liebe gespürt und was es bedeutet sie endlich erwiedern zu können und nicht verstecken zu müssen.
Zum ersten Mal in meinem Leben fühle ich mich richtig glücklich.
"Ich bin müde." flüstere ich erschöpft, vergrabe mein Gesicht tief in Eavens Schulter und gähne ausgiebig.
"Tust du mir einen Gefallen und drückst bitte auf den Aufzugknopf ?" bittet er mich leise.
Ich stöhne müde, öffne aber meine Augen und drehe vorsichtig meinen Kopf von seiner Schulter weg.
Es dauert einige Sekunden bis sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben und ich sehe den grün leuchtenden Knopf.
Ich strecke einen Arm vorsichtig danach aus und drücke den Knopf.
Hinter der Aufzugtür rumpelt es und nach einem kurzen kling öffnen sich die Türen zu den Seiten und Eaven tritt mit mir auf dem Arm ein.
"In welchem Stockwerk wohnst du nochmal? " fragt er mich lächelnd.
Er zieht mich zu sich hoch und gibt mir einen kurzen Kuss auf den Mund.
Mich durchfährt ein kribbeln und ich lächele müde.
Ich strecke meinen Arm aus und drücke auf den Aufzugknopf mit meinem Stockwerk.
"Im fünfzehnten." flüstere ich und kuschel mich wieder eng an seine Schulter.
Der Aufzug fährt mit einem Ruck nach unten und ich zucke zusammen.
Eaven lacht leise und streicht mir beruhigend über die Schulter.
"Keine Angst. Hier kommt nur selten jemand hoch, eigentlich so gut wie niemand außer mir, weshalb der Aufzug nach oben hin ein wenig eingerostet ist. Das letzte mal ich hier war, war vor zwei Wochen, bevor man mir sagte, dass ich dich befreien soll. Als ich damals hier angekommen bin war ich jeden Tag hier oben, mir ganz gleich ob ich im Haus nebenan wohne. Ich habe Nächte hier oben mit denken verbracht." erzählt er mir träumend und zieht mich zu sich hoch, sodass meine Stirn gegen seine lehnt und ich seinen warmen Atem auf meiner Haut spüre.
"Du bist die erste der ich diesen Ort gezeigt habe. Es war damals der einzige Ort an dem ich mich hier wirklich wohl fühlte. Ich hatte damals angst davor, dass die anderen Bewohner hier über mich redeten, da meine Augenfarbe hier einzigartig war. Ich habe Monate gebraucht um mich hier einzufügen.
Ich wollte nicht, dass es dir genauso ergeht, weshalb ich dir zugeteilt würde um dir zu helfen dich hier einzufügen. Aber irgendwie hast du es geschafft meine ganzen Gedanken an dich zu reißen und mich in dich zu verlieben." er lächelt mich an und sieht mir tief in die Augen.
Ein kribbeln durchströmt mich und ich lächle ebenfalls. Ich fühle mich gut in seiner Nähe, es ist als ob die ganze Welt anhalten würde und es nur uns geben würde, uns wie wir mit einander reden über alles mögliche egal ob sinnvoll oder dumm.
Ich schließe meine Augen und spüre wie er meinen Lippen näher kommt.
Kling. Der Aufzug geht auf. Ich höre ein gehässiges aufschnauben und Eaven setzt mich schnell aber vorsichtig auf den Füßen ab.
Ich schaue zu Boden und merke wie meine Wangen rot werden.
"Guten Abend Eaven." meint jemand mit sichtlich amüsierter tiefer Stimme.
"Dir auch Miron." sagt Eaven lässig.
"Ich würde gerne nach unten fahren, wenn ihr dich bitte den Aufzug verlassen könntet?" bittet er abschätzig an Eaven gerichtet.
Eaven lacht, nimmt meine Hand und wir gehen an diesem Miron vorbei durch den Gang zu meiner Unterkunft.
Vor meiner Tür sehe ich zu ihm rauf und er fängt an laut und herzhaft los zu Lachen.
Ich kann nicht anders und versuche auch zu lachen, doch es kommt nur ein komisches husten und ein paar schiefe Töne und ich verstumme erprupt.
"Was ist?" Eaven verstummt kurz nach mir und sieht mich fragend an.
Er streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht und nimmt mein Kinn sanft, sodass ich ihn an sehen muss.
"Nichts... Es ist nur... Ich kann nicht mehr lachen. Ich weiß nicht mehr wann ich das letzte mal richtig gelacht habe, wann ich überhaupt je gelacht habe." erkläre ich ihm traurig.
"Das ist doch nicht schlimm. Hier hast du genügend Zeit um es wieder zu erlernen und wenn nicht, dein lächeln allein gibt mir das Gefühl, dass die Zeit stehen zu bleiben scheint.
Ich liebe dich und ich wette irgendwann kannst du laut und herzhaft lachen." muntert er mich auf.
Ich lächle.
"Siehst du genau in diesem Moment steht alles und jeder still." sagt er leise und kommt meinem Mund näher.
"Ich liebe dich Eaven." flüstere ich und schließe die Augen um ihn zu küssen.
Als wir uns atemlos voneinander lösen nimmt er mich in die Arme.
Ich erwiedere seine Umarmung und drücke ihn fest an mich.
"Ich geh jetzt wohl mal lieber rüber zu mir, es ist spät und du bist müde.
Ich komme morgen früh zum Frühstück vorbei und dann zeig ich dir wie man kocht okay?" flüstert er mir in mein Ohr und lässt mich los.
Ich gebe ihm einen Kuss auf die Wange bevor er sich zum gehen abwendet, sich aber auf dem Weg zum Aufzug immerwieder zu mir umdreht und mich anlächelt.
Als er in den Aufzug steigt wende ich mich meiner Tür zu und greife nach dem Schlüssel in meiner Hosentasche.
Ohne direktem Umweg lege ich mich mit Sachen und Schuhen bekleidet in das riesige rote Bett in meinem Schlafzimmer und schlafe sofort ein.
Tief und fest, traumlos und glücklich.

When I Close My Eyes Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt