6.

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"Liven Purch wir nehmen sie hiermit in Gewahrsam und bringen sie zu ihrem Arbeitsauftrag in das Regierungsgebäude." sagt der Anführer der Gruppe Wächter, die vor wenigen Sekunden in unser Haus einmarschiert ist, um mich von zu Hause weg zu bringen.
Ich verlasse meine Eltern und beginne ein komplett neues Leben in einer völlig fremden Region.
Meine Augenfarbe wird mir genommen, dann bin ich Erwachsen und kann ein an einem Mann gebunden werden Ehe schließen und Kinder bekommen. Ich habe angst davor, angst mit unbekannten Menschen in einer fremden Umgebung zu leben und mein Augenlicht zu verlieren, angst vor einem lebenslangen gleichen Ablauf im ewigen weiß des Systems.
Ich überlege einen kurzen Moment den Wächter der vor mir steht zu treten und abzuhauen aber die beiden Wächter hinter ihm würden mich in windeseile packen, zu Boden zerren und mich mit Handschellen zu ihrem Mobil bringen.
Doch ich lasse es, ich möchte das meine Eltern als nett, artig und dem System untergeordnet in Erinnerung behalten und nicht als bösartig, rebellisch und anders.
Ich nicke starr und gehorchend, wie so oft schon.
Die Wächter stellen sich in ihrer Formation um mich herum.
Einer vor mir, einer links und einer rechts von mir und begleiten mich aus dem Haus heraus auf den Gehweg.
Ich drehe mich ein letztes mal um und sehe meine Eltern starr und emotionslos dem Abschied ihrer Tochter entgegenblickend.
"Tut doch irgendwas. Weint, fleht, bettelt darum mich nicht einfach so gehen zu lassen." flehe ich innerlich, doch weiß das sie das nicht tun werden.
Die Menschen in dieser Welt haben keine Gedanken und Gefühle. Ich scheine die einzige zu sein die eigenständig denken und wie ein Kleinkind unverstellt sprechen kann.
Ich bin alleine, anders und einsam.
Die Wächter begleiten mich zu ihrem Mobil. Ich bin noch nie in so etwas mitgefahren. Ich habe es bis jetzt immer nur in der Straße oder irgendwo in der Stadt stehen sehen, wenn die Wächter andere Teenager zu ihrem Arbeitsauftrag und in ihr Erwachsensein gebracht haben.
Ich werde gebeten mich in die Mitte in der hinteren der zwei Sitzreihen zu setzen.
Links und rechts steigen jeweils die beiden Wächter ein. Am Fahrersitz schräg vor mir sitzt der dritte Wächter.
Mir wird flau im Magen und ich bekomme innere Panik, ich habe angst, ich will das alles nicht, will nicht mit nochmehr fremden und monoton redenden Menschen zusammen leben müssen, ich will meine Augenfarbe nich verlieren, nicht jeden morgen und den Spiegel schauen, wenn mir zwei schwarze Augen leer und emotionslos entgegen starren.
Das Mobil fährt los.
Ich versuche äußerlich ruhig und leer zu erscheinen, doch innerlich kocht und brodelt es in mir. Ich muss mir verkneifen eine Träne über mein Gesicht laufen zu lassen.
Die Wächter würden bemerken, dass ich anders bin und mich noch an Ort und Stelle erschießen.
Das können sie meinetwegen machen, Dann hätte dieses schreckliche Leben in Gleichheit und Langeweile ein Ende, aber nicht hier vor meinen Eltern.
Ich habe sie nie richtig lieb gehabt, weil ich nicht wusste wie.
Wie soll man jemanden lieben der keine Emotionen aufweist und dir seine Liebe nicht so wiedergeben kann, wie du sie ihm gibst?
Aber im Moment würde ich alles dafür tun um nochmal auszusteigen und meine Eltern zu umarmen, ihnen für mein Leben zu danken, obwohl ich es hasse und körperlicher Kontakt bis auf die vorgewiesenen Partner verboten sind.
Ein letztes mal sehe ich mein Heimathaus, meine Eltern stehen nicht mehr draußen, sie werden weiterleben wie bisher als ob sie nie eine Tochter hatten, werden jetzt wieder blind gehorchen und ihren Arbeitsaufträgen nachgehen.
Ein letztes mal fahre ich durch die Straßen in denen ich mein ganzes Leben in einsamkeit und Alleinsein verbracht habe und ich will zurück.
Jetzt schon zurück in mein altes Leben, in meine unbeschwerte Kindheit, wo ich lachen, Spaß haben und machen könnte was ich wollte.

When I Close My Eyes Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt