6 - Dezember

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Es vergingen weitere Tage, in denen ich mich unweigerlich jedes mal ein Stück mehr mit meinem Schicksal anfreundete.

Die Zeit verstrich und ich hatte das Gefühl, bereits seit einer Ewigkeit hier in diesem Zimmer zu leben. Alleingelassen mit meinen Gedanken an Zuhause saß ich teilweise stundenlang vor dem Fenster und sah dem Schnee zu, der langsam zu Boden rieselte. Ich wollte über die Mauer, ich wollte abhauen und endlich wieder frei sein. Dieser Wunsch blieb zwar aber die bittere Realität das nicht so einfach zu schaffen, minderte meine Hoffnung.

Je länger ich mich in diesem Zimmer aufhielt desto größer wurde die Resignation nie mehr nach Hause zu kommen. Dieser Gedanke erfüllte mich mit Trauer sorgte aber nicht mehr dafür, dass ich weinte. Ich kam mir so unglaublich leer vor.

Am 01. Dezember dann wurde ich aus diesem Raum entlassen.

Mein vorläufiges Zuhause war nun nur noch ein Teil meiner Vergangenheit. Es würde nicht mehr bleiben als eine Erinnerung an eine Zeit, die mich quälte.

Jede einzelne Faser meines Körpers und meines Bewusstsein waren in diesen vier Wänden Opfer eine schmerzhaften Folter geworden.

Mir wurden Klamotten zurecht gelegt, die ich draußen niemals anziehen würde. Viel zu schick. Ich beugte mich der Anweisung.

Ich hatte soviel tolles von meinem Entführer gehört, dass ich den Tag kaum abwarten konnte ihn endlich vollkommen bewusst zu sehen. Ich würde ihm alles gegen den Kopf knallen. Meine Gedanken, meine Gefühle und ich würde ihn verachten. So wie er mich zu verachten schien. Ich war für ihn nichts wert und er für mich nicht.

So zwängte ich mich widerwillig in das enge Kleid und zog die Pumps an. Dann nach einer weiteren halben Stunde wurde ich letztlich abgeholt. Zwei Männer darunter mein Schläger holten mich ab.

„Ich hoffe diesmal ohne Übergriffe auf meine Person." diesen provokanten Satz konnte und wollte ich nicht unterdrücken. Ja, ich war provokant. Ich hatte viel Zeit zum nachdenken gehabt und wurde mir bewusst was für ein Mensch ich war. Ab und an zu vorlaut und wie erwähnt provokant.

„Das liegt an dir!" konterte der breitschultrige Mann mit dem russischen Akzent und ging hinter mir her. Ich verließ das Gebäude. Viel mehr hatte ich von dem Anwesen nicht gesehen. Das Bauwerk stand unmittelbar an der hohen Wand und hatte mir nicht viele Möglichkeiten geboten etwas anderes zu sehen.

Ich trat durch die Tür ins Freie. Ein eisiger Wind empfing mich. Der Mantel dämpfte den Übergriff auf meinen Körper nur mäßig ab. Das war mir egal, ich genoss es. Ich genoss die Geräusche, die meine Schritte auf dem Schnee machten. Das leise Knacken erinnerte mich an meine Kindheit. Wir waren damals immer rausgestürmte wenn der erste Schnee gefallen war und das hatte sich dann immer genauso angehört. Die beiden Männer führten mich zu einem schwarzen BMW, in den ich mich setzte. Wohin ging es?Würden wir das Anwesen verlassen? Wir fuhren etwa 10 Minuten zu einem weiteren Gebäude, vorbei an einer riesigen Scheune samt Koppel, einem Park und mehreren kleinen Bauwerken.

Die Mauern verließen wir dabei nicht.

Ich war überrascht wie groß das hier war. Vor einem imposanten Herrenhaus parkten wir schließlich und ich sollte den Wagen verlassen. Die beiden Männer gingen stumm sowohl vor als auch hinter mehr her. Die Aufregung wurde immer größer so wie meine Wut, mein Hass auf diesen Mann.

Wenn es die Situation zuließ würde ich ihn töten, so viel stand fest!

Ich durchquerte eine riesige Empfangshalle, einen endlos scheinenden Flur und wurde schließlich in eine Art Saal gebracht. Alles protzte nur so vor Wohlstand. Dieser Mann hatte sehr viel Geld. Das führt mich zur der Frage was er von einer Mittelschicht-Teenagerin wie mir wollte?

Vor mir erstreckte sich eine Tafel gedeckt mit allerlei Köstlichkeiten. Es roch fabelhaft und ich musste zugeben ich bekam etwas Appetit. Doch diesem Begehren würde ich nicht nachgehen. Ich würde eher sterben als überhaupt etwas zu essen.

„Setz dich!" wies mich der freundliche Schläger an. Ich kam der netten Bitte nach und warf ihm einen abwertenden Blick zu. Als er den Saal verließ hoffte ich inständig, diesen Mann mit den Namen Ivan nie wieder sehen zu müssen.

Wieder wartete ich und die Gedanken kreisten in meinem Kopf.  Ich ließ meinen Blick über das Essen gleiten, Suppe, sämtliche Fleischsorten, Gemüse, Obst alles was man sich vorstellen konnte. Mein Magen knurrte leise vor sich her. Um die Spannung zu unterdrücken, die mich Gefangen nahm trank ich mir ein Glas Rotwein. Ob das in meinem gesundheitlichen Zustand so gut war interessierte mich nicht. Der Wein würde mir eh nicht den Gefallen tun und mich umbringen. Ich brauchte Mut um komplett ausrasten zu können wenn mein Entführer auftauchte.

Nach zwei weiteren Gläsern Rotwein geschah es schließlich.

Sein Wort - Mein Gesetz (slow update / In der Überarbeitung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt