Knappe Kiste

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Man konnte es weibliche Intuition nennen oder einfach nur Zufall aber mein Weg führte mich geradewegs zur Bibliothek. Das Gefühl die beiden genau dort zu finden war zu stark um es zu ignorieren. Ich versteckte mich vor den Pflegern und merkte so schwer war es gar nicht unentdeckt durch die Gänge dieses Irrenhauses zu schleichen. 

Nach etwa 15 Minuten hatte ich mein Ziel erreicht und blieb vor der Türe stehen. Ich ging  umfasste den Knauf und eröffnete den muffigen, riesigen Raum. 

„Sam?" fragte ich leise und wollte niemanden auf mich aufmerksam machen, der nicht nicht die gesuchte war. Ich betrat das Innere und ging leise zwischen den teilweise deckenhohen Regalen her. Ein leises, unterdrücktes Keuchen entnahm ich im Nachbargang. Erprobt blieb ich stehen und hörte auf zu atmen. Es war doch etwa nicht das, das wie ein Geistesblitz durch mein Kopf schoss? Ich schluckte und wurde noch langsamer. Ich wollte es nicht hören und ich wollte es erst recht nicht sehen. 

„Hallo?" hörte ich Marcus Stimme, die durch den Raum hallte. 

„Mist...!" fluchte ich kaum hörbar. Ich hatte vergessen die Türe zu schließen. Das Keuchen verstummte und ich war mir sicher es war genau das, was ich mir dachte. Wenn Thomas und Sam gerade dabei waren eine Nummer zu schieben durfte Marcus sie nicht finden. Er würde sie beide umbringen! Das würde sein männlicher Stolz niemals verkraften. Ich setzte meine Beine in Bewegung, schnappte mir ein beliebiges Buch und stürmte zur Türe bevor der Leiter der Anstalt auch nur auf die Idee kam irgendjemanden zu suchen.

„Emily?" fragte er verwundert als er mich erblickte. Ich setzte ein Lächeln auf und blieb vor ihm stehen. „Was machst du hier?" fragte er und hob eine Augenbraue. 

„Ich... ich wollte mir ein Buch ausleihen!" antwortete ich souverän und hielt ihm die Lektüre vor die Nase.

„Mir war gar nicht klar, dass du dich für Fische interessierst." Ich blinzelte und versuchte weiterhin überzeugend zu wirken. 

„Mein Vater war Angler und mit diesem Buch wollte ich Erinnerungen aufleben lassen, damit ich mich noch mehr auf morgen freuen kann!" Er nickte verständnisvoll und die Skepsis verschwand aus seinem Blick. „Das ist eine gute Idee." Meinte er und forderte mich wortlos auf das Zimmer zu verlassen, als er um meinen Rücken herum nach dem Türknopf griff und die Türe hinter uns zuzog.

„Emily ich habe nachgedachte, im Prinzip ist das hier ein Neuanfang deines Lebens. Meinst du nicht wir müssen diesen Neuanfang irgendwie würdigen?" fing er an als wir nebeneinander hergingen. Ich hielt das Buch vor meiner Brust und fand darin Schutz. Nach dem Kuss fühlte ich mich in Marcus Gegenwart noch seltsamer als vorher schon.

„Wie meinst du das?" wollte ich wissen und er blieb stehen. Er drehte sich zu mir, ich tat es ihm gleich und so standen wir voreinander auf dem Flur. Er schnappte sich einer meiner braunen Haarsträhnen und sah auf sie herab.

„Ich dachte an eine neue Frisur." Seine Augen sahen auf und fixierten meine, die ihn nur Verwunderung entgegenbrachten.

„Wir müssen es ja nicht übertreiben aber so ein Longbob würde dir sicherlich gutstehen!" Die Verwunderung blieb viel mehr darüber, dass er wusste was ein Longbob als über die Idee an sich. 

„Ich würde gerne darüber nachdenken." Versuchte ich Zeit zu gewinnen. Er nickte und verstand meine Bitte. 

„Aber sicher." Dann ging er wieder los und ich folgte ihm. Er brachte mich in sein Büro. Ein Geruch von Rosmarin empfing uns als wir den Raum betraten. Ich fragte mich im selben Moment, als der Geruch an meine Nase herantrat warum genau ich ihm gefolgt war. Er hatte mich nicht mal aufgefordert mit ihm mit zugehen. 

 „Setz dich." Forderte er mich auf und ich folgte seinen Worten, dabei legte ich das Buch auf den kleinen dunkelbraunen Tisch neben der Couch auf die ich mich niederließ. Er hingegen nahm auf dem Sessel an der Seite Platz und zückte Stift und Block.

Sein Wort - Mein Gesetz (slow update / In der Überarbeitung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt