Die seitliche Tür ging auf und mein Kopf drehte sich automatisch in die Richtung.
Ein Mann betrat den Saal. Ich wusste nicht wohin ich zuerst sehen sollte.
Ein großer, schlanker Mann. Sein makellose porzellanähnliche Haut bildete den perfekten Kontrast zu seinen dichtem, schwarzen Haaren. Seine unnatürlich tiefblauen Augen fixierten mich sofort. Sie nahmen meinen Blick gefangen, durchbohrten meinen Geist und schienen all meine Gedanken lesen zu können.
Mir wurde heiß und kalt zugleich.
Noch nie war ich einem Menschen begegnet, der gleichzeitig so anmutig und gefährlich wirkte wie mein Gegenüber. Seine schmalen Lippen emotionslos, seine Haltung wie eine Soldat. Ich kannte solche Typen nur von Magazinen oder aus dem Fernsehen, bearbeitet mit Photoshop oder sonstigen Programmen.
Doch er stand wahrhaftig vor mir in natura, ungeschminkt und in Farbe. Mir war klar, dieser Mann würde jeden der ihn begegnete sofort bis aufs Mark einschüchtern. Sein Wohlstand und sein unbeschreibliches Sexappeal trug er vor sich her wie ein Schild. Er war sich seiner selbst und seiner Wirkung auf anderen vollkommen bewusst.
Unter anderen Umständen, hätte ich mich wahrscheinlich sofort mit allen Fasern meines Körpers in ihn verliebt. Wahrscheinlich hätte ICH ihn verfolgt und entführt. Ihn in einen Keller eingeschlossen, mit der einzigen Absicht ihn besitzen zu können.
So einen Mann würde ich niemals besitzen können, niemand würde das.
Aber die Umstände waren wie sie waren und mein Hass war zwar gemindert aber immer noch groß genug um ihn umbringen zu wollen. Ich erhob mich schlagartig und spürte den Alkohol. Meine Standfestigkeit war minimal eingeschränkt. Ich wusste, ich sah nicht mal annähernd gut genug für ihn aus.
„Warum bin ICH hier?" diese Frage drängte sich unweigerlich, in Anbetracht seiner Erscheinung, auf.
Warum hatte er MICH ausgesucht? Das Mauerblümchen, die Streberin von nebenan?
Mein Gegenüber machte nicht mal Anstalten auf meine Frage eingehen zu wollen und ging zu dem Stuhl am andere Kopfende der Tafel. Er nahm unbeirrt das Besteck in die Hände und widmete sich seinem Essen. Er ignorierte mich, das überraschte mich. Er schien es drauf an zulegen. Er beschwor die Wut wieder hervor, die ich kurzzeitig verloren hatte.
Ich stieß mit Schwung den Stuhl um, dieser landete mit einem lauten Knall, der von den Wänden widerhallte, auf den Boden. Dann hastete ich auf ihn zu und fixierte den Mann, der von meinem Auftreten wenige beeindruckt war. Er schnitt sein Fleisch als würde keine hysterische Teenagerin auf ihn zulaufen, die nur eine Absicht hatte ihm den Hals umzudrehen. Erst als ich kurz vor ihm stehenblieb erhob sich der Mann, legte sein Besteck zu Seite und tupfte sich mit einer Stoffservierte den Mund ab. Dabei würdigte er mich nicht mal eines Blickes.
„Ich will nach Hause, du hast mich absichtlich angefahren. Du hättest mich umbringen können!" schrie ich nun erbarmungslos. Ich wollte ihm eine Backpfeife geben, die sich gewaschen hatte. Ich wollte sein makelloses markantes Gesicht mit meiner Handfläche treffen. Dann würde sich wenigsten ein bisschen Farbe dort wiederfinden. Doch entgegen meines Dranges riss ich mich zusammen und ballte die Fäuste.
Endlich widmete er sich meiner Person doch strafte mich auch weiterhin mit Schweigen.
„Rede mit mir oder kannst du das nicht?" schrie ich aufgebracht und ungeduldig. Er brachte mich zur Weißglut mit diesem ignoranten Verhalten.„Du wirst dich an den Gedanken hier zu leben noch gewöhnen." Das waren die einzigen Worte, die ich zu hören bekam. Seine tiefe Stimme bereitete mir eine Gänsehaut so unfassbar nüchtern und emotionslos zugleich.
„Niemals!" brüllte ich den Mann vor mir an und konnte meine vor Wut entgleisten Gesichtszüge nicht mehr kontrollieren.Ich wusste nur ich musste raus!
Ich musste an die frische Luft!
Ich musste abhauen!Ich drehte mich kurzerhand von dem Mann weg und stürmte zur Türe. Diese warf ich mit Schwung auf und hastete hinaus. Die beiden Männer vor der Türe hielten mich nicht auf. Sie ließen mich ziehen. Das hätte mich stutzig werden lassen müssen, tat es aber nicht.
Ich war einfach nur froh, hier rauszukommen.
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Sein Wort - Mein Gesetz (slow update / In der Überarbeitung)
Mystery / Thriller"Hättest du mich gesucht?" "Überall!" "Was wenn du mich schließlich gefunden hättest?" "Dann hätte ich dich zurückgeholt..." Nun lächelte er. "Zurück hierher?" "Zurück hierher...!" "Warum?" "Eines sollte dir gesagt sein... ich werde...