Du gewinnst zwar die Schlacht aber nicht den Krieg

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Nach dem wohl notwendigen Spießrutenlauf durch den riesigen Saal, suchte ich die Stille und entschuldigte mich für eine ungewisse Zeit. Nicholas verstand, dass die Situation nicht einfach für mich war und ließ mich ziehen.

Es war bereits kurz vor 0:00 Uhr und somit Zeit Ivan eine Lektion zu erteilen.

Nervös ging ich in meinem Zimmer auf und ab. Der Russe würde sicher gleich auftauchen und mir mein Leben zur Hölle machen wollen. Ich wusste der Plan zwar war einfach jedoch sehr effektiv.

Warum war ich also so aufgeregt?

Das bedrohliche Klopfen an der Türe ließ mich zusammenzucken. Ich drehte mich blitzschnell zu der Richtung aus der die Gefahr langsam auf mich zukommen würde.

„Herein." Rief ich und sah noch einmal kurz zu dem kleinen Tisch zu meiner linken. Alles war vorbereitet, der Vodka war kaltgestellt, die K.O.-Tropfen griffbereit.

Die Türe öffnete sich und der breitschultrige Mann betrat das Zimmer. Gemächlich ließ er die Holzkonstruktion ins Schloss fallen und drehte den Schlüssel um.

„Wir wollen doch nicht gestört werden..." flüsterte der ungebetene Gast und sah mich mit einem verschwörerischen Grinsen an. Ich erkannte, die Gier in seinem Gesicht. Mir war nicht klar, wie lange er schon darauf gehofft hatte mich körperlich zu misshandeln doch seine Vorfreude war genauso wenig zu übersehen wie seine Ungeduld endlich loslegen zu können.
„Ich dachte mir, dass der Abend mit einem letzten Getränk wunderbar beginnen würde." Warf ich frech ein und deutete auf die Flasche, mit dem Wissen, dass genau dieser Wodka seine Lieblingssorte darstellte. Nicht abgeneigt nickte er und setzte sich in den Ohrensessel. Er schien sich selber beruhigen zu wollen und ich war für diese Entscheidung dankbar. Die Kleine Flasche, die das Schlafmittel beinhaltete, zog so leise und vorsichtig wie ich konnte aus einer Schublade. Ich linste verstohlen über meine Schulter zu dem Russen, der sich in alter Manier eine Zigarette anzündete. Er bekam nichts mit, das war mit die wichtigste Voraussetzung für das Gelingen des Plans. Ich präparierte sowohl sein Getränk als auch meines mit den K-O-Tropfen. Wenn er nicht ganz dämlich war nahm er sich sicherlich mein Glas um sicher zu gehen, dass kein Gift drin war. Man würde wohl sagen, ich hatte zu viel Zeit und es gab zu viele Krimis aber so lief es doch. Die ganze Geschichte glich einem Thriller, der nur auf einem Sender im Fernsehen laufen konnte.

Meiner selbst ziemlich sicher, drehte ich mich zu dem Wartenden, der aufsah als ich mich in Bewegung setzte. Ich reichte ihm den eisgekühlten Vodka. Ivan richtete sich auf und sah mich skeptisch an.

„Auf einen wunderbaren Abend!" sagte ich ironisch und musste schließlich so tun, als würd er wirklich zu seinem Einsatz kommen. Er streckte zwar die Hand zu dem Getränk aus, nahm sich jedoch meines. Ich war überwältigt über meine Cleverness und wusste, der Spuk würde in wenigen Sekunden vorbei sein. Er würde wie ein nasser Sack umkippen und in den Schlaf ohne Träume fallen.
„Was hast du eigentlich vor?" fragte ich und setzte das kalte Glas an meine Lippen an. Ohne eine Antwort oder Vorwarnung, sah ich wie Ivans Glas an der Wand zerschellte. Meines folgte zugleich. Er hatte mit den Alkohol aus der Hand geschlagen und nur ein erschreckte Blick blieb in meinem Gesicht zurück. Kurz darauf spürte ich den harten Boden unter mir. Durch einen heftigen Stoß gegen meinen Körper hatte er mich auf den Grund befördert. Bevor ich es schaffte mich zu erheben, spürte ich einen Fuß auf meiner Brust.
„Was glaubst du eigentlich wie dumm ich bin?!" knurrte der nun finster blickende Mann über mir. Mein Rücken schmerzte und der Druck auf meiner Brust, den er erhöhte, raubte mir den Atem.
„Es wäre so einfach... dir deinen Brustkorb zu zerschmettern." Ein riesiger Kloss bildete sich in meinem Hals. Diesen Hass hatte ich nicht erwartet. Er beugte sich runter und griff meinen linken Arm. Grob zog er mich vom Boden zu sich empor. Aus Reflex wehrte ich mich gegen seinen Übergriff, was sofort mit einem Schlag auf meine rechte Wange vergütet wurde. Ich biss mir auf die Zunge um nicht zu schreien. Die Genugtuung würde ich ihn nicht geben.
„Deine frechen, provokanten Äußerungen brachte meine Ohren sofort zum Klingeln! Mir war klar du hattest einen Plan, sonst hättest du nicht so vorlaut reagiert! Die Idee mit dem Vodka war gut aber nicht gut genug!" Er ließ von meinem Arm ab und packte meinen Nacken. Seine Finger bohrte sich in mein Fleisch. Ich umfasste seine Handgelenke als er meinen Kopf nach hinten zog. Ein Aufschrei entwich meinem Mund. „Ich weiß auch, dass du nicht dumm bist. Aus diesem Grund habe habe ich mich dafür entschieden gar nichts zu trinken! Nun weißt du, dass ich kein Bauer bin, der auf Spielereien einer kleinen Hure reinfällt!" Er zog mich ganz nah an sich. Ich spürte seinen Atem auf meinem Gesicht. „Du bist selber schuld... aber weißt du auch mit gebrochenen Knochen kannst du noch abhauen... Du hast dir das alles selber eingebrockt!" verkündetet er mit einem aufkeimenden Grinsen. „Was wirst du tun?" fragte ich ungewollt angsterfüllt. Der Plan war nicht aufgegangenen. Was würde mich nun erwarten?

Er zerrte mich zu meinem Bett und ich versuchte erneut dagegen anzugehen. Ich holte aus und traf ihn an einer sehr verwundbaren Stelle. Die Aktion zeigte eine Reaktion, Ivan ließ mich los. Ich stürmte zur Türe, stolperte beinahe fing mich jedoch und drückte die Klinke runter. Stimmt, er hatte abgeschlossen. Blitzschnell drehte ich mich zu dem sich krümmenden der den Schlüssel hochhielt und aufsah.

„Suchst du den hier?" fragte er provokant und richtete sich auf. „Emily... das war ein riesen Fehler!" Hilfesuchend sah ich mich in meinem Zimmer um, etwas musste doch zu finden sein. Ich hastete zum Kamin und packte nach dem Kaminbesteck. Abwehrend hielt ich die Kamingabel vor mich und zeigte Ivan, ich würde ihn abstechen, wenn es sein musste.
„Verzieh dich!" schrie ich und deutete einen Angriff an zog das Besteck jedoch wieder zurück. „Ich brauche deine Hilfe nicht mehr... ich habe genügend Menschen, die mich hier rausbringen werden!" Diese Aussage sorgte für das Zusammenziehen seiner Stirn.
„Genau! Richtig gehört ich wollte dich nur außer Gefecht setzen damit du einfach die Schnauze hältst und mir nicht weiter auf den Sack gehen kannst!"
„Töricht. Verlässt du dich etwa auf Valentin?" Darauf antwortete ich nicht.
„Los geh!" Ivan richtete sich unbeeindruckt von meiner Aufforderung sein Hemd, zog eine neue Zigarette hervor und zündete diese seelenruhig an. Erst als er den ersten Zug genommen hatte sah er auf und fixierte mich mit seinen grünen Augen so wie ein Raubtier seine Beute.
„Wenn du meinst, ich denke das Opfer, das du hier hättest bringen müssen wird dir am Ende lächerlich vorkommen... du wirst dir wünschen du hättest mich einfach machen lassen und ich hätte deine Flucht geplant." Er versuchte mich zu verunsichern, das war mir klar. Doch ich würde ihm keine Chance bieten meinen Verstand mit seinen hohlen Phrasen zu manipulieren.
„Geh jetzt!" wiederholte ich mich. Zu meiner Überraschung setzte sich der Russe tatsächlich in Bewegung Richtung Türe. Ich spürte die Erleichterung und das schien auch er zu merken. Er änderte seinen Kurs und stürmte auf mich zu, mit einer schnellen Bewegung riss er mir meine Waffe aus der Hand, warf diese quer durch den Raum und presste mich gegen die kalte Wand neben dem Kamin. Ich keuchte auf als meine Wirbel ungebremst auf den Widerstand stießen. „Du magst diese Schlacht gewonnen haben aber den Krieg verlierst du!" hauchte er mir mit einer markerschütternden Stimme ins Ohr. Er ließ von meinem Ohr ab und widmete sich meinem Gesicht, dabei kam er mir mit seinen Lippen gefährlich nahe. Wenige Zentimeter trennten seinen Mund von meinen. „Ah Emily...!" Ich wehrte mich nicht und gab ihm freie Bahn. Ich wollte einfach, dass er ging und mich alleine ließ selbst wenn ich das Opfer in Form eines Kusses über mich ergehen lassen musste. Ich spürte, wie sich seine Mundwinkel nach oben zogen und das bekannte Grinsen erschien, ein Kuss blieb jedoch aus. Dann spürte ich einen brennenden Schmerz auf meiner Hand. „Ein kleines Andenken an unsere gemeinsame Zeit." Erst jetzt nahm er Abstand zu mir und ging zum Ausgang. Er schloss auf und öffnete die Türe. Ich starrte ihn an, ich würde erst wieder blinzeln, wenn er weg war. „Прощай! Viel Spaß mit deinem weiteren Leben!" wünschte er mir noch und verschwand endlich aus meinem Blickfeld. Mein Brustkorb hob und senkte sich viel zu schnell und ich sackte zusammen. Mein Kreislauf verabschiedete sich und ich hatte Mühe nicht umzukippen. Ich hockte an der Wand gelehnt und sah auf die schmerzende Stelle. Er hatte die Zigarette auf meinem Handrücken ausgedrückt. Ich strich mir über die gerötete Stelle und lächelte vielleicht aus Verzweiflung, vielleicht aus Erleichterung. Wenn das alles war, was von Ivan blieb, das und ein paar Prellungen hatte ich den Abend ohne KO-Tropfen besser überstanden als ich hätte hoffen dürfen.

Sein Wort - Mein Gesetz (slow update / In der Überarbeitung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt