Die fünf Auserwählten

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Nummer 1:

"Sie hieß Kristin, sie war gerade 16 Jahre geworden und lebte mit ihre Familie in einer kleinen Stadt. Sie war reich und gut aussehend. Genetisch hatte sie alles das bekommen was man brauchte. Als Mister Norton sie hierher holte, bekam sie Panikattacken, die sich nicht einspielten. Nach 4 weiteren Wochen, war sie panisch und saß nur in ihrem Zimmer. Starrte apathisch in die Ecke und fing irgendwann an mit sich selber zu reden. Gesundheitlich wurde sie immer schwächer und brachte sich schließlich um. Aus diesem Grund wirst du auch keine einzige Rasierklinge in deinem Bad finden."

Ich lauschte den Worten gespannt wie ein kleines Kind und bekam alleine bei der ersten Erzählung schon eine Gänsehaut. Valentin und ich saßen nebeneinander auf dem Bett und blickten ins Feuer. Ich hatte mein Kopf an seine Schulter gelehnt und hörte ihm aufmerksam zu.

Nummer 2:

"Oh, das war Leyla. Sie war eine schöne junge Frau gerade 18 Jahre. Er hatte sie durch KO-Tropfen hierher geholt. Sie hatte Stress mit ihren Eltern und fand, dass das eine super Idee war mal ein paar Tage von Zuhause weg zu sein. Sie hatte gehofft, dass ihre Eltern sich Sorgen machten. Doch schnell erkannte sie, dass sie nicht nur ein paar Tage hier bleiben sollte sondern für immer. Diese Vorstellung war dann nicht mehr so prickelnd. Sie versuchte zu fliehen und verletzte sich dabei stark. Sie erlag einer Infektion, die nicht zu stoppen war. Eines morgens lag sie tot in ihrem Zimmer."

"Das verstehe ich nicht..." murmelte ich. "Er ist doch super ausgestattet was die Medizin betrifft." warf ich meinen Gedanken ein.

"Nach diesem Ereignis, hatte Mister Norton den medizinischen Komplex errichtet."

Ich verstand, er hatte bei jedem Mädchen dazugelernt und sich verbessert.

Nummer 3:

"Kaily, sie war 17 Jahre alt und lebte am längsten hier. Sie hatte sich mit ihrem Schicksal interessanterweise ziemlich schnell abgefunden. Sie war sehr nett und versuchte es Mister Norton recht zu machen. Ich glaube, sie war in den Mann verliebt. Das muss man dazu sagen, alle Mädchen fanden den Mann toll. Ich glaube aber eher, dass es an dieser Krankheit liegt. Stockholm Syndrom, mein ich heißt sie. Naja, Kaily war sehr bemüht und eines Tages war sie verschwunden. Niemand weiß wohin... außer Ivan und Mister Norton"

"Keiner weiß warum?Keiner weiß, warum sie nicht hierher passte?"

Würde so etwas mit mir auch geschehen? Würde auch ich einfach nicht hierher passen und sterben? Ich kniff die Augen zusammen, dieser Gedanke machte mir Angst. Valentin legte seine rechte Hand auf meine und ich öffnete die Augen.

"Keine Sorge du bist perfekt! Er würde dir niemals etwas antun!"

Mir blieb nichts anderes übrig, ich musste seinen Worten Glauben schenken.

Nummer 4:

"Pricilla... sie war wirklich total verrückt. Sie war von der Fußsohle bis zur Haarspitze in Mister Norton vernarrt. Krankhaft! Sie wollte nichts anderes als mit ihm Zeit verbringen. Sie zog sich aufreizend an und hatte keine Scham sich an den Hausherrn ranzuschmeißen. Wie eine billige Nutte."

"Was gefiel Mister Norton daran denn nicht, waren sie nicht hier gewesen um sein Spielzeug zu sein?" Das ergab für mich keinen Sinn. Wenn er so akribisch gearbeitet hatte wie bei mir, wusste er doch was für ein Art Mensch sie war.

"Sie stürzte von dem Aussichtsturm... Mister Norton ließ es wie ein Unfall aussehen aber wenn du mich fragst, hatte er sie geschubst! Danach ließ er das Fangnetz montieren."

"Sie waren alle total unterschiedlich aber das musste er doch gewusst haben. Weiß er etwa nicht worauf er steht?" fragte ich und fing an Valentins Hand mit meiner zu drehen. Sein und mein Blick ruhten auf unseren Händen.

"Mister Norton ist sehr speziell... bisher war noch kein Mädchen aufgetaucht, das sich ihm anpassen konnte!" erklärte Valentin und legte den Kopf an die Kopflehne, dabei drehte er sein Gesicht zu mir. Ich tat es ihm gleich.

"Dann bleibt nur noch eine!" flüsterte ich.

Nummer 5:

"Katleen... sie war bildhübsch und immer freundlich. Sie war vermeintlich perfekt für ihn. Sie war ebenso anmutig und kultiviert wie er selber. Ich glaube er hatte Gefallen an ihr gefunden.."

"Warum musste sie sterben?"

"Sie floh als es eine Gelegenheit gab und er folgte ihr durch den Wald. Er fand sie auf der Lichtung wieder, die du bereits kennst. Die Flucht nach Norden führt unweigerlich an den Ort vorbei. Sie war schwer verletzt und starb noch an Ort und Stelle. In seinen Armen. Mister Norton hatte danach ziemlich lange kein Mädchen mehr entführt... du bist die Letzte... bei der er zugegeben ziemlich rabiat vorgegangen war."

Ich erinnerte mich an den Unfall und musste Valentin beipflichten, charmant war das nicht gewesen.

"Aus all seinen Auserwählten lernte er dazu und versuchte es besser zu machen... Emily." Sein Blick wurde ernster. "Ich will nicht, dass du auch gehen musst tu dir selber einen Gefallen und versuche dich mit der Situation abzufinden." Diese Worte waren sicherlich richtig und doch sorgten sie für eine Übelkeit, die ich nicht ausstehen konnte. Ich ließ von seiner Hand ab und stand von dem Bett auf. Valentin richtete sich auf und folgte mir.

"Ich habe keine Wahl entweder Sterben oder ein Leben leben was nicht meines ist. Ich sterbe, Valentin. Jeder Tag, den ich hier weiterhin verbringe wird dafür sorgen, dass ein Teil von mir abstirbt. Bis ich eines Tages in den Spiegel sehe und mich nicht mehr erkenne. Ich kann nicht so tun als wäre mir mein Leben, das ich draußen in Freiheit geführt habe, nichts wert." Ich musste mich zusammenreißen um nicht komplett in Tränen auszubrechen. Das erste Mal, seit ihr hier war hatte ich jemanden bei dem ich mich gehen lassen konnte, bei dem ich meine Gedankensuppe teilen konnte in der Hoffnung er würde sie mit mir auslöffeln.

Valentin griff meine Schultern und ich konnte seinen besorgten Blick kaum aushalten.

"Ich verstehe das... Emily wirklich... mit vier anderen Mädchen haben wir das alle schon durchgemacht. Was euch angetan wurde ist grausam und ich würde das niemals gut reden... aber Emily bitte entscheide dich für das Richtige." Ich neigte meinen Kopf und sah gen Boden. Was war schon Richtig?!

"Wir machen einen Deal ok? Du versucht dich die nächsten zwei Wochen anzupassen. Solltest du es in dieser Zeit noch immer nicht akzeptieren können werde ich dir helfen..." Ich sah auf.

"Du bringst mich hier raus?" fragte ich und konnte die aufflackernde Hoffnung nicht verbergen.

Er schüttelte den Kopf.

"Nicht wirklich, ich kann dir helfen zu sterben wenn es dein Wunsch ist." Diese Worte zerschmettern meinen Hoffnungsschimmer innerhalb einer Sekunde.

"Es tut mir leid, was anderes kann ich dir nicht anbieten." Seine Stimme klang dünn und leise. Ich verstand was er damit bewirken wollte und war ihm dankbar. Ich ging einen Schritt vor und umarmte den jungen Mann, der diese Geste erwiderte.

"Deal!"

Sein Wort - Mein Gesetz (slow update / In der Überarbeitung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt