Kapitel 66: „Oder daran, dass ein Psychopath ihn beinahe umgebracht hat…“
Kyle wusste sehr genau, dass Sam wieder zurück in Hiltons war, denn nach Wochen der Stille hatte er wieder Leben in der Wohnung über ihm wahrgenommen. Es war die Woche nach Janines Hochzeit und obwohl er nicht direkt eingeladen gewesen war, bereute er es mittlerweile, dass er nicht doch einfach vorbei gesehen hatte. Er hatte sich in den letzten Monaten mehr oder weniger gut mit Henry verstanden und dieser war auch zu einem Freund geworden. Auch gegen Janine hatte er nie etwas einzuwenden gehabt und sein Gefühl sagte ihm, dass Janine stets irgendwie auf seiner Seite gewesen war. Jetzt hingegen, war es bereits zu spät sich darüber einen Kopf zu machen, denn während er am Samstag in seiner Wohnung gesessen und den Anzug angestarrt hatte, denn er sich, nur für den Fall der Fälle, bereit gelegt hatte, hatte ihn der Mut verlassen. Er war sich nicht sicher gewesen, ob er schon bereit war für eine Konfrontation mit Sam, die unweigerlich stattgefunden hätte, wäre er dort aufgetaucht.
Als er das erste Mal mitbekommen hatte, dass Sam offenbar zurück gekehrt war, war ihm das Herz für einen kurzen Moment stehen geblieben und er war versucht gewesen, nach oben zu gehen und sie willkommen zu heißen. Die Versuchung hatte geendet, als ihm eingefallen war, was alles geschehen war und was Sam ihm vorenthalten hatte. Kyle konnte es nur schlecht beschreiben, was ihn eigentlich genau daran hinderte, einfach zu ihr hinzugehen und mit ihr zu sprechen, doch es war etwas großes, denn er konnte seinen Stolz einfach nicht überwinden. Sam hatte ihn verletzt, so wie es alle Frauen früher oder später taten, doch Sam hatte es nicht aus Bosheit getan sondern mehr aus Gründen, die er zwar nach wie vor nicht ganz verstehen konnte, die jedoch wahrscheinlich doch sehr tief saßen. Sam war von Anfang an ein Mensch gewesen, der sich nicht einfach so jemanden anvertraute und darin lag wohl auch das Problem, das Kyle insgeheim beschäftigte.
Er war sich sicher gewesen, dass im Laufe der Zeit, die sie beide miteinander verbracht hatten, ihre Beziehung so sehr gewachsen war, dass sie mehr oder weniger offen miteinander reden konnten, doch das hatten sie nicht getan. Das einzige Mal, dass ER wirklich offen zu sich und auch zu ihr gewesen war, war der Moment gewesen, in welchem er ihr gesagt hatte, dass er sich in sie verliebt hatte. Doch in welchem Moment, war SIE denn vollkommen ehrlich und offen zu ihm gewesen?
Die Einsicht, dass er Sam bei weitem nicht so gut kannte, wie er geglaubt hatte schmerzte ihn also wohl am meisten und hinderte ihn somit auch daran, zu ihr hinzugehen. Seinen Stolz runter zu schlucken und sich einen Ruck zu geben.
Eine weitere Sache, die ihn daran hinderte war jedoch auch das, was vor über sechs Wochen geschehen war. Er wusste nicht, wie er mit Sam darüber sprechen konnte, wenn er doch auch mit sonst niemandem wirklich darüber reden konnte. Der Tag, an dem Dennis zu ihm gekommen war hatte ihm zwar geholfen besser zu verstehen, doch hatte dieser Tag nicht wirklich dazu beigetragen, das was er erlebt hatte und was ihn wohl sein ganzes Leben lang begleiten würde, wirklich zu verarbeiten.
Dennis hatte sich bei ihm entschuldigt, hatte ihm erklärt weshalb er nicht mit ihm gesprochen hatte, hatte versucht das was geschehen war, irgendwie logisch zu erklären, doch alles was Kyle in dieser Zeit gehört hatte war, dass Dennis es bereute nicht ehrlich gewesen zu sein.
Alle in dieser Geschichte waren nicht ehrlich gewesen und diese Verlogenheit hatte nun zur Folge, dass ein dutzend Menschen unter dem litten, was passiert war. Kyles Gedanken waren so bizarr, dass er selber nicht wirklich im Stande war, ihnen wirklich zu folgen und so versuchte er sich jetzt einfach auf die Vorlesung zu konzentrieren, in welcher er gerade saß.
Das neue Semester hatte begonnen und während in Hiltons vorher alles wie leer gefegt ausgesehen hatte, sprühte es in diesen Wochen wieder vor Leben. Die Nachricht über Kyles Knieverletzung und die damit verbundene Tatsache, dass er wohl niemals wieder der Starstürmer sein würde, der er einst gewesen war, hatte seine Runde äußerst schnell gemacht und so hatte, nach kürzester Zeit, das gesamte College bescheid gewusst. Zumindest kamen nicht alle zu ihm und teilten ihm ihr Bedauern mit. Natürlich, die Blicke verrieten alles, doch er wäre nicht im Stande auch noch mit den Worten dieser Menschen, die er doch eigentlich alle nicht kannte, fertig zu werden.
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Sag niemals nie, Schätzchen!
Roman d'amourSam Raven war ein Mädchen, das niemals auffiel. Bereits auf der High School hatte sie zu jenen Mädchen gehört, die sich in der Bibliothek verschanzten, der Zeitungs AG angehörten und stets gute Noten schrieben. Auf der High School war es jedoch sehr...