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"Eomma, beruhig dich e-erst einmal" flüsterte ich und versuchte ruhig zu bleiben, als wir am Küchentisch saßen.

Ich wollte nicht, dass sie sah, wie zerbrochen ich innerlich war.

Sie murmelte öfters unverständliche Sachen vor sich hin, hustete dann und setzte sich aufrecht hin, sodass ich wieder in ihr Gesicht schauen konnte.

"Eomma, ich mache dir einen Tee, ja? Du kannst so unmöglich erzählen" sprach ich leise und ging ein paar Schritte weiter in die Küche, wo ich als nächstes eine Tasse aus dem Schrank nahm.

"Dein Vater führte über ein Jahr ein Doppelleben, er hat in Daegu eine Freundin und ein Kind." kam es plötzlich aus ihrem Mund und ich drehte mich geschockt um, wonach ich die Tasse fallen ließ, die in weniger als einer Sekunde auf dem Boden in tausend Teile zerbrach, was ich jedoch nicht beachtete.
"Was?" brachte ich kleinlaut heraus und starrte sie mit aufgerissenen Augen an.
Das war alles nur ein schlechter Scherz.
"I-ich kam einfach nachhause u-und er meinte er m-müsste mit mir reden, da.. da hat er mir alles erzählt u-und-" - "Eomma, das ist nicht wahr. So ist er nicht. Sag mir die Wahrheit." sagte ich ruhig und ballte meine Hände zeitgleich zu Fäusten.
"Es ist die Wahrheit, Jeongguk, ich wünschte es wäre nicht so. Ich wünschte es mir so." flüsterte sie und schaute zu Boden.
Eine Weile sagte niemand von uns etwas, ich lehnte mich schweigend an den Küchentisch an und meine Mutter saß am Esstisch, sich die Tränen abwischend.

"Ich will alles wissen." sagte ich monoton und fing an, zu zittern.
Sie setzte sich aufrecht hin und blickte mich an, jedoch schaute sie schnell weg.

"Ich kam von der Arbeit nachhause und sah, dass dein Vater schon zuhause war, was mich v-verwunderte. Ich habe ihn gefragt, warum er schon da wäre und er meinte, er müsste mit mir reden und es wäre ernst. Es.. Es ging alles so schnell.
Im nächsten Moment sagte er mir dann, dass er seit 14 Monaten ein Doppelleben führt, er-" sie schniefte und schaute nach oben, um nicht zu weinen, was ihr jedoch nicht gelang.
"Er.. Er hat in Daegu eine Freundin. Sie leben in einem großen Haus. Sie hat einen 15 Jahre alten Sohn. Sie haben einen Hund. Einen.. Zwergspitz. Deine Lieblingsrasse, weißt du noch?" erzählte sie unter Tränen und lächelte mich krampfhaft und schmerzlich bei dem letzten Satz an.
Ich schluckte und meine Lippe begann erneut zu zittern. Ich bemerkte, dass mir Tränen die Wangen hinunter flossen.
Er konnte uns das nicht antun. Warum tat er das?

"Sie ist schwanger von ihm. Sie erwarten in 2 Monaten ein Mädchen." sagte sie leise.

"Die perfekte Familie also" gab ich monoton von mir und starrte Löcher in die Wand. "Wie hat er sie kennengelernt?" war meine nächste Frage.
"Er.. Er meinte, dass sie Sekretärin in der Firma ist, bei der er als Architekt arbeitet."

"Ich begann, auszuflippen und brüllte ihn an, dass das nicht wahr sein konnte, ich schmiss alle Vasen im Schlafzimmer um und schrie ihn an und-"
"Eomma, was?" forderte ich sie auf, weiterzureden. "Ich.. Ich bin auf dem Boden zusammengebrochen.. Und d-da.." sie schluchzte auf. Es schmerzte in meiner Brust.
"Er nannte mich 'elend' und 'armselig'" flüsterte sie und lehnte sich zurück.

Ich schluckte.

"Ich sah es nicht ein u-und beschimpfte ihn, ich kreischte rum und.. Er nannte mich eine Klette, da ich ihn nicht gehen lassen wollte. D-du weißt, wir stritten uns, a-aber ich habe ihn doch geliebt. Er hat seit mehr als einem Jahr ein anderes Leben, in Daegu, mit bald 2 Kindern, dieser.." - "Mistkerl." vollendete ich ihren Satz und haute mit meiner Faust auf den Tisch. Ich stand auf und ging in den Flur, in dem mein Handy sich befand, dass ich vor langer Zeit von meinen Großeltern geschenkt bekam, die vor einem Jahr verstorben waren. Ich suchte nach meinem Vater in der Kontaktliste und tippte auf 'anrufen'.

"Hallo Jeongguk, es-"

"Es tut dir leid?! Weißt du was? Den Scheiß kaufe ich dir nicht ab."

"Jeongguk, hör mir zu, ich wollte das nie!"

"Ist das dein Ernst? Du lässt uns hier allein und verpisst dich einfach? Du lebst seit einem Jahr bei einer scheiß Sekretärin und ihrem Sohn?! Das wolltest du nie?! Du bist so falsch."

"Jeongguk, du bist mein Sohn, ich wollte-"

"Ich war dein Sohn, du Mistkerl! Wie feige bist du eigentlich? Ein Jahr? Du hast doch eine perfekte Familie, wozu brauchst du mich denn noch?! Weißt du was? Verpiss dich einfach zu deiner Familie, ich will dich nie wieder in meinem Leben sehen.
Du bist für mich gestorben. "

Mit diesen Worten legte ich auf und begab mich fluchend in das Wohnzimmer, in dem meine Mutter saß und mich krampfhaft anlächelte.
"Eomma, es tut mir-" - "Es muss dir nicht leid tun, Jeongguk. Es ist okay" flüsterte sie und lächelte wieder leicht. "Es muss mir leid tun, weißt du? Mir wird gerade klar, dass ich in den letzten Monaten so gut wie kein bisschen für dich da war. Die Diskussionen mit deinem Vater waren mir anscheinend immer wichtiger." erzählte sie leise und ich blickte sie stumm an, da ich genau wusste, wovon sie sprach und keine Worte fand.
"Das tut mir so unfassbar leid" schluchzte sie und ich ging zu ihr um sie in den Arm zu nehmen.
"Schon o-okay, es ist vorbei." antwortete ich leise.
"Ich möchte mit dem alten Leben abschließen. Bist du.. dabei?" fragte sie mich und lächelte mich traurig an. Ich nickte und bemerkte, wie meine Augen feucht wurden.

"Wir schaffen das, Eomma."

why? - vkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt