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Stille füllte den Raum.
Eine einzelne Träne kullerte meine Wange hinunter, erreichte mein Kinn und tropfte schließlich auf meine Jeans, auf der sich ein dunkelblauer, kleiner Fleck bildete.
Mein Kopf pochte, mein Herz schmerzte.
Mir wurde mehr als bewusst, was ich grade getan hatte.
Ich hatte den wichtigsten Menschen in meinem Leben verdammt verletzt.

Natürlich hatte ich es getan, um uns beide vor Chan Woo zu schützen, jedoch fühlte ich mich gerade wie der grausamste Mensch auf Erden, auch wenn ich gar keine andere Wahl gehabt hätte.

Die Stille wurde gebrochen, durch ein lautes Aufschluchzen, das Taehyung's Mund verließ und meinem Herz nur noch mehr Schmerz hinzufügte.

"Sag mir b-bitte, dass das grade ein Scherz ist, Jeongguk. S-Sag mir, dass ich träume oder dass du mich grade verarscht, alles, nur sag mir nicht, dass das die.. Wahrheit ist" flehte er beinahe und sah mich leidend an.

Es ist nicht die Wahrheit.

"Es ist die Wahrheit" krächzte ich, worauf Taehyung verletzt seine Hand vor den Mund schlug, um seinen vermutlichen nächsten Schluchzer abzudämpfen.
Ich fühlte mich so schrecklich.
Alles fühlte sich tausend mal schlimmer an, als ich es mir vorgestellt hatte.

"Warum?" flüsterte er.
"Es war nur knapp eine Woche, Jeongguk. Weißt du, w-wie scheiße glücklich ich in dieser Woche war? Warum kannst du das so einfach in den Müll treten?" sprach er mit bebender Stimme und sah mich verletzt an.
Noch eine Träne verließ mein Auge.

"I-ich dachte" ..
"Ich dachte du liebst mich genauso, w-wie ich dich liebe" flüsterte er nun beinahe und ich sah auf meine Hände, ich konnte ihm nicht mehr in die Augen sehen.
Ich fühlte mich widerlich.

"Du hast so lange gelitten, weil ich einfach nicht einsehen wollte dass ich auch Gefühle für dich entwickelt hatte, du hast so lange durchgehalten, das alles-"

"Das alles, für diese eine Woche? Warum? Warum machst du das mit mir? Jeongguk,.." sprach er schon verständnislos über mein Handeln und fasste sich anschließend an sein Herz.

"Das da ist grade in eintausend Teile zersplittert. Ich v-verstehe es nicht einmal. Scheiße, Jeongguk, warum sagst du nichts?! Bin ich dir schon so unwichtig, dass du nicht einmal mehr mit mir reden willst?!" schluchzte er qualvoll, ich versuchte aus Reflex, nach seiner Hand zu greifen, doch er schlug sie mit zitternder Unterlippe weg.

Was hab ich nur getan?

"Tae, es-" - "Hör verdammt nochmal auf mich 'Tae' zu nennen und mach es nicht noch schlimmer! Ein paar Wochen, Jeongguk! Ich dachte, dass alles perfekt wäre, war es das nicht? War ich dir nicht gut genug? Was war los? Verdammt, weißt du denn nicht, wie sehr ich dich liebe?! Hab ich es dir zu selten gezeigt?" versuchte er verzweifelt, heraus zu finden, warum ich mich von ihm trennen wollte.

"D-das ist es nicht" brachte ich kleinlaut heraus.
"Ich habe nach und nach während der Sache mit Jimin damit begonnen, meine Gefühle zu dir zu senken, d-denke ich.
Vie-Vielleicht sollte es nur eine Woche sein. Vielleicht sollte es u-uns einfach nur zeigen, dass es nicht funktionieren würde. Dass jemand anders für mich bestimmt wäre" log ich verzweifelt und bemerkte gleichzeitig, wie egoistisch und bescheuert sich das anhörte.

"Jeongguk, das kann nicht dein Ernst sein!" gab er, lauter werdend, von sich, während er aufstand und mich noch immer weinend anblickte.
"Ich hab deine Blicke gesehen, deine Blicke voller Liebe und Zuneigung, dass wir nicht genug voneinander bekommen konnten, dass wir gar nicht mehr ohne einander konnten, du kannst mir jetzt nicht sagen dass du dir deine Gefühle zu mir abgewöhnt hast, hör auf mich anzulügen"

Ich schluckte und sah zur Seite.

"Und?"

Ich blickte zu ihm auf.

"Ist er wenigstens gut? Fickt er dich besser als ich?" - "TAEHYUNG!" brüllte ich verzweifelt, stand aufgebracht auf und hielt mir beide Hände an den Kopf, die Tränen strömten nur so über mein Gesicht.

"DANN ERKLÄRE MIR DEN VERDAMMTEN GRUND, WARUM DU MICH STEHEN LÄSST, JEON JEONGGUK! ICH LIEBE DICH, MEHR ALS ALLES ANDERE AUF DIESER WELT, DU KANNST MICH DOCH NICHT EINFACH VERLASSEN, WAS HAT ER, WAS ICH NICHT HABE?!
JEONGGUK, REDE MIT MIR, SCHEIßE, ICH LIEBE DICH DOCH!" schrie er weinerlich und sah aus, als könnte er jede Sekunde vor Heulkrämpfen zusammenbrechen, ich konnte diesen Anblick nicht länger ertragen.

Sag ihm, dass Chan Woo dich erpresst.
Sag ihm, dass du ihn auch liebst.
Sag ihm, dass du ihn nicht verlassen willst, dass du ohne ihn nicht kannst.

"Ich- Ich hab es dir doch schon gesagt! I-ich hatte keine so starken Gefühle mehr für dich wie zu Anfang, da-da hab ich bemerkt, dass diese ganzen starken Gefühle f-für ihn entwickelt habe, ich-"

"Ich liebe dich halt nicht mehr."

Es klatschte.

Mit rasendem Herzen fasste ich mir an meine linke Wange, die gerade eine Ohrfeige kassiert hatte.

"Ich kann nicht mehr" flüsterte er, während er seine Hand langsam hinunter nahm und sah mich voller Schmerz und Enttäuschung an.
"Ich hatte jeden Tag das Gefühl, die ganze Welt umarmen zu wollen, als ich dich bei mir hatte. Ich liebe dich so sehr, wie ich noch nie zuvor einen Menschen geliebt habe. Es war alles so neu und unerforscht mit dir, ich habe dir dein erstes Mal geschenkt, dachte tatsächlich, das würde bis in alle Ewigkeit halten.
Ich würde nie aufhören, dich zu beschützen.
Ich würde nie aufhören, dir Kraft zugeben.
Und so lange ich noch klar denken könnte, würde ich auch nie aufhören, dich zu lieben." er machte eine Pause und atmete zittrig ein und aus.

"Da sieht man mal, wie krass man sich im Leben - und in Menschen - täuschen kann. Scheiße, ich muss wohl echt unerträglich gewesen sein. Ne ganze Woche hast du es ausgehalten, Glückwunsch" lachte er sarkastisch und ich schüttelte unter Tränen den Kopf.

"Taehyung, so ist es nicht, g-glaub mir" sprach ich hektisch, doch er setzte bereits an, um in den Flur zugehen.

"Schön, du bist mich dann jetzt los, das wolltest du ja die ganze Zeit schon, denke ich mal" sagte er mit bebendem Unterton, ich rannte ihm hinterher, doch er sah mich nur noch schmunzelnd an.

Die letzte Träne, die ich heute von ihm sehen würde, kullerte seine Wange hinunter, bis er dann die Worte aussprach, die mein Herz komplett zum kaputtgehen brachten.

"Ich dachte wirklich, dass du mich liebst. Das habe ich getan. Dich über alles geliebt. Und das bis jetzt noch.
Tja.. Ich würde mal sagen, diese Beziehung hat dann jetzt ihr Ende gefunden"

Ehe ich nicken konnte, hörte ich das laute Zuschmettern der Haustür.
Benommen lehnte ich mich an die Wand im Flur und starrte ins Leere.

Ich hatte es getan.
Ich hatte ihn gehen lassen.
Das, was ich nie tun wollte.
Bis ich es nun musste.

Ich hatte Kim Taehyung, die Liebe meines Lebens, gehen lassen.

why? - vkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt