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Fest drückte ich Taehyungs Hand, achtete jedoch noch darauf, ihm nicht wehzutun.

Die Sonne schien heute stark und es waren nur wenige Wolken am Himmel zu sehen.
Das perfekte Wetter eben, um einen kleinen Spaziergang zu machen.

"Schon komisch, dass es schon fast ein halbes Jahr her ist, oder?" murmelte Taehyung und ich sah kurz zu ihm, während sein Blick nur monoton auf den Grabstein gerichtet war.

"Ja.. Die Zeit vergeht schneller, als ich gedacht hätte." seufzte ich und konnte meinen Blick selbst nicht mehr von den eingravierten Worten nehmen, musste sie immer wieder aufs Neue lesen.

'Geliebt und unvergessen' stand auf dem Granit und ich wusste, ich würde Jimin und alles was geschehen war tatsächlich niemals vergessen können.
Das würde wohl niemand von uns können, so sehr wir es uns auch wünschten.

"Bereust du, was passiert ist? Die Trennung, die Entführung, das alles?" fragte mein Freund und sah mich diesmal bei seinen Worten an.
Eine kurze Stille zwischen uns kehrte ein, in der ich selbst überlegen musste.
Trotzdem kam ich schnell zu einer Antwort.

"Nein.. Ich denke nicht." sprach ich.
"Auch wenn es die bisher schlimmsten Monate unserer Leben waren würde ich sie, jetzt, wenn ich so drüber nachdenke, nicht rückgängig machen wollen.

Ich hab gelernt Dinge viel mehr zu schätzen.
Das alles - vor allem das mit uns.. die ganze Beziehung.
Als du weg warst und mir selbst irgendwann klar wurde, dass du weg wärst und nie mehr zurückkommen würdest, da war ich am Ende.
Am Ende, weil mir erst als ich wusste, dass ich dich nie mehr sehen würde, klargeworden ist, wie sehr ich dich brauchte.
Und das tue ich immer noch."

Nun drehte ich mich ganz zu ihm, sah ihn an und griff nach seiner anderen Hand.

"Ich kann nicht ohne dich, und ich will auch nicht mehr ohne dich.

Du hast mich damals in Schutz genommen und mir geholfen, vom ersten Tag an, als ich damals von Chan Woo zu Boden geworfen wurde und wir nur noch als einzige im Schulgang standen.
Du kanntest mich nicht mal und hast mich direkt behandelt wie einen Freund.
Du hast mich aufgemuntert, warst für mich da als mein Vater abgehauen ist und als ich jemanden gebraucht hab.

Du bist der unschuldigste, liebenswerteste, wunderschönste und tollste Mensch, den ich je kennenlernen durfte und ich bin so dankbar dafür, dich wieder bei mir zu haben.
Und Ich weiß, ich hab's wahrscheinlich schon hundert mal gesagt, aber ich liebe dich. Von ganzem Herzen." beendete ich meine Liebeserklärung an Taehyung und musste selbst feststellen, dass meine Augen sich bei meinen Worten schon mit Tränen gefüllt hatten.

"K-Kookie" krächzte er, während eine einzelne Träne über seine Wange kullerte.
Schnell zog ich ihn in meine Arme und vergrub mein Gesicht in seiner Jacke.

So standen wir dort.
In unseren Armen liegend, weinend.
Einfach, weil wir glücklich waren.

Bald wäre ein Jahr vergangen, seitdem ich Taehyung kennengelernt hatte.
Ein Jahr, nachdem mein Leben ein einziges Chaos wurde.
Es war so viel geschehen in diesem Jahr, so viele Probleme waren auf mich zugekommen.

Doch auch wenn ich so oft fast die Hoffnung aufgegeben hätte, das Schicksal meinte es letztendlich doch gut mit mir.

Und so wie es aussah, waren nun wirklich alle Probleme gelöst.

Doch was kam nun?
War dies also das Ende unserer Geschichte?
Unserer turbulenten Liebesgeschichte?
Folgte nun das Happy End, wie in all den Filmen und Romanen, wie man es gewohnt war?

Nein. Mir war klar, das wäre nicht das Ende.

Ich wusste zwar nicht, wie es jetzt für uns weitergehen würde.
Ich wusste nicht, was noch alles auf uns zukommen würde, was für Probleme es noch geben würde.

Doch ich wusste, dass ich Taehyung liebte und dass er mich liebte.
Mehr als alles andere auf der Welt.
Wir hatten uns.
Und wir würden jede noch so schwere Zeit überstehen, da war ich mir sicher.

Ich hatte mich so oft gefragt, warum.

"Warum muss ich leiden?"
"Warum kann ich nicht glücklich sein?"
"Warum erlebe ich das alles?"
"Warum wird immer alles zerstört?"
"Warum ich?"

Bis jetzt fand ich keine einzige Antwort auf meine Fragen.

Vielleicht brauchte ich jedoch auch keine.

Vielleicht war der Gedanke, dass es Schicksal war, eine schon genügende Antwort.

Schicksal, dass ich damals Taehyung traf.
Schicksal, dass ich mich ausgerechnet in meinen besten Freund verliebte.
Schicksal, dass wir durch all die schweren Zeiten gehen mussten, bevor wir zueinander fanden.

Denn ohne diese Erfahrungen hätte ich nie gelernt, dass es sich lohnt, für jemanden zu kämpfen.

Ganz egal, was dazwischen kommt.
Ganz egal, wie oft man auf sich gestellt ist, nicht mehr weiter weiß oder am Boden ist.

Ich wusste nun, was für mich zählte.
Was wirklich wichtig war und was ich brauchte.
Für mich zählten keine materiellen Werte.
Kein Geld, keine Autos und keine hervorragenden Schulnoten.

Das, was ich wirklich für mein Glück brauchte, war lediglich ein Mensch, der mich beschützte.

Der mich tröstete in schlechten Tagen und mich zum Lachen brachte in guten Tagen.

Ein Mensch, der mich so liebte, wie ich wirklich war.

Und dieser Mensch trug für mich den Namen "Kim Taehyung".

Ende

why? - vkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt