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- Taehyung POV. -

4 Stunden zuvor

"J-Jimin"

Ich sah, wie Jimin ziemlich zurückhaltend auf mich zuging.
Schließlich stand er nun vor mir und hatte seinen Blick zunächst auf den Boden gerichtet, hob ihn dann doch und schmunzelte, als er mir in die Augen sah.

"Hey." - "H-hallo"
Verwirrung stieg in mir auf, da ich gar nicht wusste, wie ich mich nun Jimin gegenüber verhalten sollte.
Nachdem ich herausgefunden hatte, dass er die ganze Zeit über wusste, dass Jeongguk mich liebte und ihn bei mir ins Schlechte geredet hatte, um eine Chance bei mir zu haben, hatte ich ihn wie niemand anderen verabscheut.
Er hatte Jeongguk mit seinen Worten, er und ich könnten nie ein Paar werden, sehr verletzt und durch seine Aktionen unsere Freundschaft zerstört.

Doch nun hatten wir uns monatelang nicht gesehen und ich spürte heute keinen abgrundtiefen Hass mehr gegenüber Jimin.
Das Thema Jeongguk und Taehyung hatte sich wohl erledigt, aufs Neue, aber diesmal, so wie es aussah, für immer.
Doch hieß das, mein Hass gegenüber Jimin hätte sich damit auch erledigt?

Jimin wollte mich nur noch für sich selbst haben und hatte erst komplett mit seinen Aktionen aufgehört, als ich ihn geohrfeigt hatte und ihm gesagt hatte, er sollte uns endlich in Ruhe lassen, was er letztendlich auch getan hatte.
Vielleicht wäre er in den letzten Monaten über mich hinweg gekommen und ihm wäre klargeworden, dass er ziemlich viel Scheiße mit uns abgezogen hatte.

"Wollen wir uns drüben unterstellen?" fragte er und nickte in eine Richtung, in der sich eine Bushaltestelle mit kleinem Dach befand.
Ich nickte stumm und wir wechselten die Straßenseite, worauf wir uns dann auf die Bank unter dem Dach setzten.
Jeder hatte seinen Blick auf die Straße gerichtet, auf der schon leichte Pfützen vom Regen entstanden waren.

Ich hörte, wie Jimin seufzte.
"Wie geht es dir, Taehyung?"

Sollte ich ihm die Wahrheit erzählen?
Wollte er sie überhaupt hören?
Warum hatte er mich überhaupt angesprochen?

"Soll ich ehrlich sein?" - "Nae."

"Es geht mir grottenschlecht" sprach ich meine Gedanken tatsächlich laut aus und fügte ein kleines, sarkastisches Lachen hinzu.
Mir war klar, dass er nun fragen würde warum, daher machte ich mir gar keine Mühe, eine Begründung abzustreiten.
Was hätte ich noch zu verlieren gehabt?

"Jeongguk und ich haben uns getrennt. Besser gesagt hat er sich von mir getrennt."
Jimin sah mich nun an, tatsächlich etwas mitleidend.
"Das tut mir leid, Taehyung. Darf ich fragen war-" - "Sei ehrlich, Jimin, was empfindest du noch für mich, was möchtest du jetzt, warum hast du mich angesprochen? Wir haben uns Monate nicht gesehen, warum grade jetzt?
Ich weiß nicht, wie ich mit dir reden soll, wenn ich trotzdem noch dieses Bild von dem Jungen im Kopf habe, der meinen Freund verdammt verletzt hat und meine Freundschaft mit ihm zerstört hat, der mein Vertrauen ausgenutzt hat. Es.. Es verwirrt mich." unterbrach ich ihn ernst und sah ihm in die Augen, die etwas Überraschung ausstrahlten.

Nach ein paar Sekunden Stille ergriff er das Wort.
"Ich.. Ich hab' dich angesprochen, weil ich jetzt Klartext sprechen möchte.
Du hast Recht, ja, es sind Monate vergangen, und ich hatte ziemlich viel Zeit zum Nachdenken.
Was ich getan hab', war scheiße von mir, das ist mir jetzt bewusst.
I-ich weiß nicht, ich wollte einfach nicht zulassen, dass ihr beide ein Paar werdet, deshalb hab' ich diese Aktion durchgezogen und mich echt bescheuert verhalten.
Ich.. Ich war ein Idiot. Und ich möchte nicht, dass wir so auseinander gehen, weil ich so ni-nicht mehr ruhig schlafen kann, i-ich hab diese Schuldgefühle, weißt du?"
Ich nickte, etwas überrascht von Jimins Sentimentalität.

Er klang wirklich einsichtig, als würde ihm das, was er uns angetan hatte, tatsächlich leidtun.
Hätte er sich womöglich wirklich geändert, in diesen Monaten?

"Tae-Taehyung.. Ich möchte mich dafür entschuldigen, was ich euch angetan hab. Und es tut mir noch mehr leid, dass es letztendlich doch nicht zwischen euch funktioniert hat. Ehrlich.
Ich möchte einfach, dass wir irgendwann wieder Freunde sein können.
Das wäre wirklich toll." sprach er daraufhin leise und sah wieder auf seine Füße, während ich den Kloß in meinem Hals runterschluckte.

Jimin klang wirklich, als wäre ihm eine Versöhnung ernst.
Ich wusste nicht, was ich zu seinen Worten sagen sollte, denn er hatte mich wirklich umgehauen, so hatte er sich zuvor bei mir nie gezeigt.
Auf einmal schien er mir wieder wirklich sympathisch, wie bei dem ersten Mal, als ich ihn getroffen hatte.

Warum sollte ich es nicht einfach versuchen?
Er war wohl nur auf eine Freundschaft aus, er wollte nur, dass ich ihm verzieh.
Was war also so schlimm an einem Neuanfang?

Klar, es war das schlechte Gewissen Jeongguk gegenüber, da ich dem Jungen, der ihm viel Leid zugefügt hatte, der in mich verliebt gewesen war, eine zweite Chance geben würde.
Doch Jeongguk selbst liebte mich nun, laut ihm, nicht mehr.
So wie es aussah, war ich ihm schließlich wohl doch egal.
Also brauchte ich kein schlechtes Gefühl dabei zu haben, wenn ich Jimin verzieh, oder?

"Ich.."
Eine kurze Stille kehrte ein, in der Jimin schon fast hoffnungsvoll zu mir sah.
"Ich möchte dir noch eine zweite Chance geben, Jimin."

Ein Lächeln, das mit der Zeit immer breiter wurde, Schlich sich auf sein Gesicht, worauf ich ebenfalls schmunzeln musste.
"Es ist viel Zeit vergangen, Menschen ändern sich. Vom Negativen zum Positiven.." Ich hielt inne.

"Ich- Ich hab es dir doch schon gesagt! I-ich hatte keine so starken Gefühle mehr für dich wie zu Anfang, da-da hab ich bemerkt, dass diese ganzen starken Gefühle f-für ihn entwickelt habe, ich-"

"Ich liebe dich halt nicht mehr."

"Oder vom Positiven zum Negativen" beendete ich meinen Satz leise und presste meine Lippen aufeinander.

"Ich danke dir, Taehyung. So etwas würde nicht jeder für mich tun." lächelte er mich dennoch dankbar an und stand auf.
"Wollen wir vielleicht noch kurz zu mir? Ich hab Essen zuhause" schlug er vor und kicherte kurz darauf, da er wusste, dass ich normalerweise immer dabei war, wenn es Essen gab, jedoch zeigte ich mich zunächst skeptisch.
"Ich weiß nicht, ich wollte eigentlich nur 'ne Packung Milch kaufen und hab' deshalb mein Handy nicht dabei um zuhause Bescheid zu sagen-" - "Aber wenn du nur kurz bleibst, ist da wohl nichts bei, oder?" schmunzelte Jimin und hielt mir kurz darauf die Hand hin.

Ich seufzte und reichte ihm dann doch die Hand, worauf er mich lachend auf die Beine zog.
"In Ordnung" gab ich nach, worauf er nur weiterhin lächelte und mich schließlich in Richtung seines Autos mitzog.

Als wir dann auf den beiden vorderen Sitzen saßen, drehte er sich noch einmal zu mir.
"Vielen Dank, Tae. Ich bin mir sicher, dass ich es diesmal nicht vermasseln werde."

Ich seufzte. "Ich kann ja nicht ewig der Vergangenheit hinterhertrauern"
Mit diesen Worten startete er den Wagen und wir begaben uns auf den Weg zu Jimin's Zuhause.

Es war schon okay, Jimin eine zweite Chance zugeben.
Er hatte sie verdient, nachdem er so besorgt und nachtragend klang, als er sich für seine Aktionen entschuldigt hatte.
Vielleicht konnten wir uns wirklich wieder gut anfreunden und das wäre der Start in eine neue, vertraute Freundschaft.

Doch in Wirklichkeit war das der eiskalte Start in einen schrecklichen Alptraum, wie ich ihn nie zuvor geträumt hatte.

why? - vkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt