Das Metall, mit dem die Schaukel befestigt war, knarrte fürchterlich, als ich hin und her schwang. Es war lange her, dass hier die letzten Kinder gespielt hatten. Jahre. Und mit diesen Jahren war dieser Ort in Vergessenheit geraten.
Ich erinnerte mich noch, als die Sonne durch die Eichen, die ihn umrahmten funkelte und ein uns ein Farbenspiel der Extraklasse bot, während wir im Sand, der jetzt nur noch ein braune Masse war, Burgen bauten oder die, nun verrostete, Rutsche heruntersausten.
Mir gegenüber war der alte Kletterturm, dessen Holz sich mit der Zeit verfärbt hatte und der nun tödlich rot erschien. Er hatte oben einen kleinen, runden Eingang, dessen Dunkelheit mir ein gespenstisches Gefühl verpasste. Was darin wohl lauerte?
„Da bist du ja!" Ich war so überrascht, dass ich nicht anders konnte. Ich schrie so laut auf, wie ich nur konnte und sprang von der Schaukel, wobei ich mich während des Sprunges ninjamäßig umdrehte und in seine Richtung gedreht landete.
Verdutzt, aber auch ein wenig amüsiert, betrachtete Chad mich und musste sich ein Lachen verkneifen. Zu seinem Glück.
„Chad!", fauchte ich. „Wie kannst du mich nur so erschrecken? Ich dachte, dir wäre das wichtig!"
„Hey, hey!" Er hielt seine Arme schützend vor seinen Oberkörper. „Ich kann doch nichts dafür, dass du so drauf bist!"
Ich stieg über die Schaukel und ließ mich erneut darauf nieder. Er setzte sich langsam auf die neben mir, die gefährlich quietschte. Seine Augen suchten die Vorrichtung ab, auf der Suche nach etwas, was kaputt sein könnte. Er fand nichts, wandte sich dann zu mir.
„Lange her, dass ich das letzte Mal hier war."
Ich war nicht auf Smalltalk aus. „Ja, super. Rede."
Er seufzte. Dann schubste er sich an und sauste samt der quietschenden Schaukelvorrichtung in die Luft. „Gut, aber unterbricht mich bitte nicht, egal wie es klingt."
„Ist okay."
Er holte tief Luft. „Josie war das tollste Mädchen, das ich je kennengelernt hab. Sogar, als ich noch mit Selena zusammen war, hat sie mir schon gefallen. Was wiederrum Selena wohl nicht so in den Kram gepasst hatte. Sie regte sich immer wieder darüber auf. Ich würde Josie zu lange anschauen. Ich sollte es lassen. Ich hab es versucht, wirklich, die Beziehung zu Selena war mir wichtig." Ich lauschte gebannt. Ich kannte die Geschichte zwar schon, aber es war interessant, sie aus seiner Perspektive zu hören. „ Auf Selenas Geburtstagsparty dann, seid ihr so plötzlich aufgetaucht." Josie wollte nicht, dass wir die einzigen waren, die nicht dort waren. Das ließ sie sich von Selena nicht bieten. Außerdem hatte Selena zuvor einen dämlichen Kommentar zu Josies Frisur gemacht. Josie wollte Rache. „Ich war so betrunken. Und dann so glücklich diesen Engel in Menschengestalt zu sehen." Jetzt übertrieb er. „Wir küssten uns. Und eins hat zum anderen geführt, bis wir schließlich in Selenas Bett gelandet sind."
„Wo sie euch erwischt hat...", beendete ich für ihn den Satz. Ja, das wusste ich und Josie war mächtig stolz gewesen. Selena hingegen war zwei Wochen lang gar nicht erst in der Schule aufgetaucht. Ich war mir nicht sicher, auf welcher Seite ich stand, damals. Selena tat mir ziemlich leid.
Er nickte stumm. „Josie und ich waren seitdem ein Paar." Ich sah auf. Jetzt wurde es interessant. „Natürlich nur im Geheimen, hätte sonst ihrem Ruf ja geschadet. Ich war einverstanden damit."
Wieso hatte sie mir davon nichts erzählt?
Ich kickte missmutig einen Stein weg. Er landete vor der alten Rutsche und blieb reglos liegen. Was hatte sie noch vor mir verheimlicht?
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Gone
Mystery / ThrillerAls ihre beste Freundin Josie verschwindet, kann Alicia gar nicht anders. Sie beginnt sofort mit den Nachforschungen. Zusammen mit ihrer Freundin Savannah und einem seltsamen Jungen namens Miles stößt sie auf Geheimnisse, die sie nie erwartet hätte...