Kapitel 37: Shakespeare

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Es wurde dunkler, mit jedem einzelnen Schritt den wir gingen, schien die Dunkelheit undurchdringlicher und gefährlicher zu werden. Noch konnten wir sehen, was sich vor uns befand, fragte sich nur wie lange.

Wir stolperten quer über den alten Sportplatz, der auf unserer Schule immer seltener genutzt wurde, in Richtung der großen Turnhalle, deren Licht gedämmt, aber erleuchtet war.

„Komisch", nuschelte ich. „Normalerweise ist um die Zeit kein Unterricht mehr." Er hörte es nicht. Wie denn auch?

Ich stolperte über einen großen Stein und hätte fast mein Gleichgewicht verloren, balancierte dies aber geschickt aus. Cheerleader- Talent.

Miles schlich einige Meter vor mir. Kurz vor der Turnhalle sank er auf die Knie. „Wenn sie drinnen sind, sollten sie uns nicht gleich sehen."

Ich tat ihm gleich. Der Kieselboden schnitt mir meine Knie auf und meine Hand pochte wieder, als sie mit der klaffenden Wunde durch den Dreck gezogen wurde. Ich biss mir auf die Lippe, um nicht vor Schmerz aufzuschreien. Es tat unheimlich weh, aber die Angst entdeckt zu werden, war momentan tatsächlich größer.

Wir hielten vor der verblassten, roten Wand an und sahen hoch zum Lichtschein, der von einer einzigen Lampe, die sich in der Mitte der Halle befand, zu kommen schien.

„Da wird irgendetwas Bestimmtes beleuchtet", schlussfolgerte Miles und sah mich an.
„Wie im Theater", meinte ich zitternd und wäre am liebsten wieder umgekehrt und nie wieder gekommen. Mir war das alles unheimlich. Miles schien es nicht anders zu gehen, aber er war davon überzeugt, dass uns das weiterbringen würde.

„Ich hab Angst, Miles", gab ich, auch wenn es mir sehr schwerfiel, leise zu und ein Lächeln huschte über seine Lippen. Er hob meine verletzte Hand leicht an, ganz sanft, damit ich mir bloß nicht wehtat und sah mir tief in die Augen.

„Das sind doch nur Spinner", ermutigte er mich und ich fühlte mich tatsächlich gleich besser. „Wir finden sie und schnappen sie. Wir schaffen das. Wir sind doch ein gutes..."

Ein Lächeln schob sich auf meine Lippen. „Miles McAbott, wolltest du gerade Team sagen?", fragte ich breit grinsend. So sehr konnte er mich ja doch nicht hassen.

Auch er konnte ein Lächeln nicht verbergen, versuchte es aber mit allen Mitteln. „Nein. Gar nicht. War ausversehen", redete er sich ziemlich lahm raus.

„Kannst du nicht einmal was Nettes zu mir sagen?", seufzte ich leise, während er meine Lippen studierte.

„Gut", gab er sich geschlagen und wandte seinen Kopf leicht ab, während ich gespannt abwartete. „Du hast eine schöne Stimme."
„Aww", jaulte ich entzückt, bis mir klar wurde, dass das nicht so ganz ernst gemeint gewesen sein konnte. „Fick dich!" Ich schlug ihm leicht gegen den linken Oberarm und er grinste mich breit an.

„Wollen wir jetzt Romeo und Julia nachspielen oder endlich herausfinden, was die Typen von uns wollen?" Die Stimmung zwischen uns war um einiges lockerer, fiel mir auf.

Auch wenn mir die Idee mit Romeo und Julia nicht unbedingt missfiel, erhob ich mich bereit. „Wir kriegen die!"

Dann sah ich durch die Fensterscheibe in die spärlich beleuchtete Halle und mir klappte die Kinnlade herunter. Dieses Mal konnte ich es nicht unterdrücken: Ich musste schreien. Und zwar so laut ich konnte.

Ich hatte ihn doch heute noch gesehen. Mit Beth Taylor, in der Cafeteria. Da hatte er noch ziemlich lebendig gewirkt. Nun lag er da. Die Arme beine von sich gestreckt, den Blick starr an die Decke gerichtet.

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