Kapitel 19: Geständnis

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„Zu allererst: Mein Name ist nicht Amelia. Ich heiße Alicia und bis vor kurzem bin ich noch auf die Ravensky-Highschool gegangen." Damon und Kelly sahen mich verwirrt aus der Ecke an, aber ich zwinkerte ihnen nur kurz zu und fuhr dann mit klopfendem Herzen fort. Er musste es einfach sehen.

„Meine beste Freundin heißt Josephine Baxter, aber jeder nennt sie nur Josie. Und wir waren immer zusammen. Immer. Wir haben, seit sie vor sechse Jahren nach Ravensky gezogen ist, alles Wichtige zusammen erlebt. Unsere ersten Küsse, unsere Beziehungen, das erste Mal, wir haben uns das alles erzählt. Wir hingen zusammen wie Pech und Schwefel.

Und wenn ich heute darüber nachdenke, dann sind wir vielleicht auch Pech und Schwefel, denn wir haben unvorstellbare Dinge getan und Leben zerstört. Und das nur wegen irgendwelchen Lappalien.

Da war dieser Junge. Dieser außergewöhnliche Junge. Er ist unglaublich intelligent und dennoch richtig cool. Nur das hab ich früher nie gesehen. Er heißt Miles McAbott. Josie und ich konnten ihn nie leiden.

Er war eher ein Einzelgänger, jemand, der sich nicht um andere schert. Er hat nie mit uns geredet und wir dachten, weil er heimlich in mich verliebt wäre." Ich lachte unsicher auf. „Blöd, ich weiß. Und ich fand das damals echt ekelhaft. Er hat diese krassen Augen und ich dachte wirklich, er liebt mich total und so. Ich weiß auch nicht, wie ich das denken konnte. Schließlich bin ich nur eine dämliche Cheerleaderin.

Dann kam ein Tag, an dem wir uns in der Umkleidekabine umgezogen haben und wie es der Zufall wollte, marschierte Miles herein. Er entschuldigte sich nicht mehr. Er merkte nur, dass er falsch war und verschwand dann wieder. Das hat mir und Josie dann den Rest gegen.

Ich weiß noch, wie sie zu mir sagte, dass sie nicht wollte, dass der Creep mir weiter nachlief und mich ausspannte. Und ich war so verblendet und total überzeugt, dass er mich liebte. Dumm, ich weiß. Aber wie gesagt, ich bin nur eine dämliche Cheerleaderin.

Wir hatten Chemie und experimentierten in dieser Stunde mit gasförmigem Wasserstoff in einem geschlossenen Glas." Ich biss mir auf die Lippe, als ich mich daran erinnerte. Ich war so dumm. So blind für die Wahrheit.

„Miles war in unserem Kurs und er war ein wahres Chemiegenie. Andauernd träufelte er irgendetwas anderes ins Glas, während ich und Josie keine Ahnung hatten, was wir überhaupt machen sollten. Aber ich hatte meine Rache geplant. Ja, Rache dafür, dass er mich ja anscheinend ausgespannt hatte.

Josie sah nach vorne und nickte mir zu. Er war gerade mit Schreiben abgelenkt. Seine Hand lag jedoch auf einem Reagenzgläschen mit komischer Flüssigkeit darin.

Meine Freundin Savannah, der ich ebenfalls meinen Plan erzählt hatte, wollte mich noch aufhalten. Sie meinte, ich bilde mir alles nur ein und solle ihn in Ruhe lassen, aber ich war vollkommen überzeugt, dass er es verdient hatte." Ich kratzte mir unsicher am Kopf. Wahrscheinlich hatte er längst ausgemacht. Tränen stiegen mir in die Augen und ich wischte sie ab.

„Ich hatte mich informiert. Und zwar über Knallgasreaktionen und Grenzwerte. Wasserstoff, Sauerstoff und ein bisschen Glut und dann „Peng". So hatte ich mir das gedacht. Das Chemiegenie würd ausgelacht werden, weil er einen Fehler gemacht hatte. Das war der Plan, wirklich. Mehr wollte ich nicht.

Und so lief ich vorbei und lief unauffällig ein Stückchen glühende Kohle in sein Reagenzglas fallen. Dann ging ich zurück und Josie und ich beobachteten gespannt das Geschehen.

Er öffnete sein Gläschen mit dem Wasserstoff und schüttete unachtsam die Flüssigkeit mit der Kohle hinein.

Ihr müsste wissen, eine Knallgasreaktion kann nur zur Höchstform kommen, wenn das Verhältnis zwischen Wasserstoff und Sauerstoff 2:5 ergibt und ob ihr es glaubt oder nicht, ich hatte da wohl echt ein Händchen für.

Statt einem kleinen Peng, gab es ein riesiges BOOOOOOM und Miles war danach nicht mehr derselbe.

Man könnte sagen, ich hatte sein Trommelfell gesprengt." Nun liefen mir die Tränen in Strömen aus den Augen. „Er wird nie wieder hören können und das nur wegen mir. Ich bin schuld. Und ich bin schuld, dass seine Mutter ihn und seinen Vater verlassen hat. Ich bin an allem schuld, was ihm Schlimmes passiert ist." Ich versteckte mein Gesicht hinter meinen Händen, doch mir wurde bewusst, dass er mich dann ja nicht mehr „hören" konnte, wenn er denn da war.

„Miles, du bist ein toller Junge. Wirklich." Ich schniefte laut auf und Kelly kam aus der Ecke und drückte mich. „Es tut mir alles so leid."

„Ich bin auf get-a-girl.net, wenn ihr mich wollt. Oder du mich willst. Ich heiße dort Amelia."

Ich wischte mir erneut durch mein Gesicht und mir war egal, wie mein Make-Up danach aussah. „Miles, ich bin dort, wo der Beginn unserer Tragödie war. Aber ich kann verstehen, wenn du froh darüber bist, mich los zu sein. Wirklich. Ich bin raus."

Kelly und ich gingen zurück zu Damon in die Ecke und kuschelten uns aneinander.

„Das Kohlekraftwerk?", fragte Kelly leise. Ich nickte. Wenn sogar sie es verstanden hatte, dann Miles ganz sicher. Jetzt musste ich nur hoffen, dass wir uns tatsächlich darin befanden.



Ich wurde unsanft durch einen Tritt in den Bauch geweckt. Ich krümmte mich zusammen und Kelly versuchte, mir aufzuhelfen.

Prustend erhob ich mich und sah Simon mit funkelnden Augen an. „Musste das sein? Du hättest genauso gut was sagen können!"

Er zuckte nur mit den Schultern und schnappte dann meine Hand. „Komm mit." Er hielt an. „Und gib mir dein Handy."
„Das hat Hub mir schon abgenommen. Er hat es aus dem Auto geworfen, als wir losgefahren sind. Weißt du das etwas nicht mehr?", log ich. Er traute mir natürlich nicht und überprüfte meine Taschen. Als er es nicht fand, zuckte er mit den Schultern und zog mich weiterhin unsanft hinter sich her. „Wir haben einen Käufer gefunden. Er sagt, er trifft sich mit uns im Wald. Ist das nicht aufregend?" Er lachte hämisch. „Will gar nicht wissen, was er dort alles mit einem Ding wie dir anstellt."

Wir stiegen die Leiter hinauf ins erste Stockwerk, wo Hub im abgedunkelten Zimmer wie immer vor einem Bildschirm saß. Ich bezweifelte, dass er in seinem Leben je etwas anderes gemacht hatte. So sah er zumindest nicht aus.

Als er uns hörte, drehte er sich grinsend auf dem Drehstuhl, der sicher bald den Geist aufgeben würde, um und winkte uns zu ihm her. „Da ist ja unsere Kleine. Amelia, wir haben jemanden gefunden, der mehr Bit Coins als alle anderen für dich hingeblättert hat!"

Ich schluckte. Wenn sie mich jetzt wegbrachten, hatte Miles keine Chance mehr, mich zu finden. Das hatte niemand und Kelly konnte ich dann auch nicht mehr helfen.

Simon schob mich bis zu Hub vor und drückte mich dann auf dem Holzstuhl neben ihm. Er zwang mich, auf den Bildschirm zu sehen, wo der Name meines Käufers eingeblendet wurde.

Ein Lächeln strich über mein Gesicht, aber ich versuchte, mich zu kontrollieren und traurig z wirken.

„Na gut, dann gehen wir und bringen dich mal zu deinem Knallgastyp, warum auch immer er so einen Namen hat. Sein richtiger Name hier ist eingetragen als Taube Nuss." Hub lachte gehässig. „Na, viel Spaß mit so einem."


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