„Was ist denn in die gefahren?" Ich wollte ihre Frage zu gerne beantworten, aber mein Körper ließ das fürs Erste nicht zu. So lag ich nur keuchend und halb weinend auf ihrer Couch und starrte die Decke an. Mein Herz schien es nicht zu schaffen, sich zu beruhigen und mein Puls schmerzte mich an meiner pochenden Hand. Schweiß rann an meinem Gesicht hinunter, aber ich hatte nicht die Kraft, ihn wegzuwischen.
Vor meinen Augen wurde alles schwarz und ich schloss sie kurz, um mich wieder runter zu bringen. Es war vorbei. Ich hatte es geschafft und ich war immer noch frei.
Eine Teetasse wurde klappernd vor mich gestellt. „Hier, drink das." Sie war ganz anders, als wir sie damals das erste Mal gesehen hatten. Sie hatte etwas sehr sanftes an sich.
„Danke", keuchte ich und nahm die Tasse in meine zitternden Hände.
„Du armes Ding." Sie strich mir leicht über den Arm. „Was waren das denn für Männer?"
Ich zuckte mit den Schultern. Soweit ich mich erinnern konnte, waren ihre Namen Hub und Simon, aber viel half das nicht. „Ich hab sie wohl bei etwas beobachtet, bei dem sie nicht beobachtet werden wollten." Und statt mich zu verkrümeln hatte ich wieder meine Klappe aufreißen müssen. Das war ja so typisch.
„Deshalb muss man kein kleines Mädchen verfolgen. Du solltest sie anzeigen. Und alleine gehst du mir da nicht mehr raus, ja?" Ich nickte dankbar. Ich wollte auch nicht mehr raus gehen. Ich hatte Angst, sie lauerten irgendwo.
„Um mal das Thema zu wechseln..." Sie wirkte so, als ob sie nicht wüsste, ob sie das jetzt ansprechen sollte, aber sie entschied sich wohl dafür. „Du warst doch das Mädchen, das letztens hier herumgeschnüffelt hat."
Ich nickte. „Tut mir leid, ich dachte, jemand anderes wohnt hier." Schuldbewusst senkte ich den Kopf. Das klang so dämlich.
„So? Wer denn?" Sie schien nicht sauer zu sein, eher neugierig.
„Ein gewisser Derek Shelton. Die Adresse hab ich aus dem Internet."
Eine Weile lang herrschte Stille zwischen uns. Dann stand die alte Frau auf und holte sich ein paar Kekse, die sie mir prompt anbot. Natürlich nahm ich an und stopfte mir den ersten in den Mund.„Nein, hier wohnt kein Derek. Hier wohne nur ich." In ihrem Blick lag eine gewisse Traurigkeit, die ich nicht verstand.
Da ich nicht wusste, was ich sagen sollte, schnappte ich mir einen weiteren Keks und knabberte nervös darauf herum.
„Was ich nicht verstehe", begann die alte Frau wieder. „Wenn du ihn doch nur besuchen wolltest, warum hast du nicht einfach geklingelt und gefragt?"
Ich verschluckte mich und hustete, bis sie mir aufmerksam die Teetasse hinschob, aus der ich schnell einige Schlucke trank. „Ich-ähm- er mag mich nicht besonders. Ich bin...äh...in ihn verliebt. Ist komisch, ich weiß." Mann, diese Frau wäre echt gut für CinemaSins.
Sie kicherte ein bisschen. „Ach so, na dann."
Mein Blick wanderte zur Uhr, die an der Wand hing. „Es ist jaa schon fast 9!", fuhr es mir heraus und sie blickte ebenfalls zur Uhr.
„Ruf am besten jemanden an, dem du vertraust. Alleine gehst du nicht." Sie klang freundlich, aber auch bestimmt.
Ich zückte mein Handy. Es gab nur eine Person, die ich jetzt sehen wollte und auch, wenn es wohl ein Fehler war, schrieb ich dieser.
Ich hol dich ab. Bin in ungefähr 5 Minuten da.
Erleichtert lächelte ich und nickte der alten Frau glücklich zu. „Er kommt vorbei. Er meint, er ist in circa 5 Minuten da."
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Gone
Mystery / ThrillerAls ihre beste Freundin Josie verschwindet, kann Alicia gar nicht anders. Sie beginnt sofort mit den Nachforschungen. Zusammen mit ihrer Freundin Savannah und einem seltsamen Jungen namens Miles stößt sie auf Geheimnisse, die sie nie erwartet hätte...