Kapitel 32: Krankenbesuch

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„Ich kanns nicht fassen!", staunte Chad und fuhr mit seinen Fingern über die Wand, an der die Namen standen.

„Und ich kann es nicht fassen, dass du das jetzt zum gefühlt 100. Mal gesagt hast", seufzte ich. In meinen Fingern hielt ich die kleine Kamera, die wir im Fotoshop billig gefunden hatten. Sie konnte es mit Miles Technik wohl nicht aufnehmen, aber solange sie uns die Bilder lieferte, die wir wollten, war ich zufrieden. Ich sah mich genau um. Der Platz musste perfekt sein.

„Mann, ist das krass. Da hat es jemand auf uns abgesehen." Chad redete, als befänden wir uns in einem Horrorfilm und er war auch noch begeistert davon. So begeistert, dass er anscheinend vollkommen vergessen hatte, warum wir überhaupt hier waren. Plötzlich verloren seine Augen die Aufregung. „Meinst du, die haben was mit Josies Verschwinden zu tun?" Ernüchtert stellte er die Frage, als fühle er sich schuldig.

Ich zuckte nur mit den Schultern und suchte die Wand nach weiteren Bildern und Zeichen ab. „Weiß nicht. Aber wir werden es hiermit herausfinden." Ich hielt die Kamera hoch.

Er deutete auf die Wand mit den Namen. „Wir sollten sie vielleicht hier oben anbringen. Ich nehme an, spätestens wenn noch etwas passiert, werden sie sich der Wand wieder zuwenden..."

Dann nahm er mir die Kamera ab und platzierte sie in der Dunkelheit der rechten, oberen Ecke, wo ihr rotes Licht dennoch ziemlich auffällig blinkte und er es mit Klebeband abklebte. Mein Blick viel auf die Verpackung. „Der Akku hält bei durchgehendem Benutz 4 Tage. Dann müssen wir die Batterie wechseln."

„Sieht so aus", murmelte er. „Lass uns verschwinden, bevor die Sekte auftaucht und uns als Hexen verbrennt."



Wenn man Baghoo lange genug ansah, war er doch gar nicht so gruselig. Er war eine ältere Version von Baymax. Zumindest versuchte ich mir das einzureden.

Aber er machte mir verdammt große Angst, wie er einen mit den schwarzen Augen durchdrang, direkt in die Seele sah.

Dennoch war es eine andere Sache, die mich am meisten an ihm verstörte: Trotz der Entstellungen erschien er mir so menschlich. So real. Ein Sünder, wie jeder einer ist. Verbannt dazu, immer alleine zu bleiben und Menschen unglücklich zu machen.

Ich schluckte. Er hatte Ähnlichkeiten mit mir. Mit Josie hatte ich die einzige Person gefunden, die zu mir gepasst hatte.

Und deshalb musste ich sie finden.

Ich stieg von meinem Rad ab und stellte es in einen der vorgesehenen Fahrradständer, von denen es hier genug gab.

Das weiße Krankenhaus erstreckte sich vor mir wie eine unendlich große Schlange, die mich gleich verschlingen würde. Ich hatte keine guten Erinnerungen an das hier. Es war vier Jahre her und dennoch erinnerte ich mich an alles. Jeden Schritt. Jeden Gedanken. Und jede vergossene Träne.

Mir stieg wieder eine in die Augen, als ich das Hauptgebäude durch die Schiebetür betrat, aber ich zwang mich, stark zu bleiben und mir nichts anmerken zu lassen, als ich an die Rezeption kam.

Eine Frau, Mitte 30 mit hochgesteckten, rotbräunlichen Haaren und runder Brille, lächelte mich freundlich an. Ich bewunderte sie. Wie konnte sie gut drauf sein, wenn sie hier jeden Tag sitzen musste? „Kann ich helfen?", fragte sie mit heller, klarer Stimme.

Ich nickte, bis mir klar wurde, dass sie auf meine Worte wartete. „Ich bin eine Freundin von Natascha." Es dauerte, bis mir ihr Nachname einfiel. „Natascha Zen."

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