Und schon wieder mussten wir uns durch eine Menschenmenge kämpfen, was sich jedoch nun als schwieriger erwies, denn die schienen ja alle komplett betrunken.
Von allen Seiten wurden wir zusammengequetscht und angerempelt und wir verloren uns mehrmals in der Menge, zudem konnten wir Chad und auch Savannah nirgends erblicken. Andauernd versperrte irgendein anderer Hohlkopf mit leerem Blick die Sicht, sodass wir nur ziellos durch die verschiedenen Räume des Erdgeschosses irrten, ohne zu wissen, wie oft wir eine Runde liefen.
Mein Kopf war durch das Wasser wieder einigermaßen klar und ich war froh, nicht zugedröhnt hierdurch zu müssen. Natascha wirkte blass und ermüdet, sodass ich sie hauptsächlich hinter mir herzog, während ich ihre schlaffe Hand fest drückte. Es war, als hätte sie keinen eigenen Willen mehr, so fertig schien sie.
Meine Augen suchten verzweifelt den verzerrten Raum ab, der mich immer wieder mit neuen Farben irritierte, aber sie waren nicht da. Sie waren einfach nicht da.
Immer wieder überprüfte ich mein Handy und den Empfang, der hier grottig war, aber keine Nachrichten von den beiden waren angekommen.
Wir wurden schneller, langsamer, blieben zwischen Menschen stecken und fingen uns irgendwann an einer Wand ab, an die wir uns dann außer Puste lehnten und eine gefühlte Ewigkeit nur nach Luft schnappten.
„Wo hocken die nur?", schrie ich gegen die Lautstärke an, während Nataschas blaue Funkelaugen weiter durch den Raum fuhren und alles genau anvisierten.
Sie deutete nach hinten. „Ich glaube, ich hab gerade Chad in der Küche gesehen." Sie wischte sich über die Stirn. Ihre Wangen waren gerötet, sonst war sie blass. „Wow, ich sollte wirklich Wasser trinken. Gehen wir zu ihm."
Ich hatte sie gehört, aber meine Aufmerksamkeit hatte jemand anderes. Und zwar Marica, die an der Wand gelehnt stand und Miles, dessen Arme seitlich neben ihrem Kopf waren und die beiden so noch einige Zentimeter voneinander trennte. Ich biss mir erbost auf die Lippe. „Geh du zu Chad und erhol dich", sagte ich zu Natascha und bewegte mich dabei schon auf die beiden zu. „Ich hab noch was zu erledigen."
Sie verstand sofort, als sie die beiden sah und bewegte sich so schnell sie konnte an mir vorbei, wobei sie mir noch einmal ermutigend über den Rücken strich.
„Hey!", schrie ich, worauf jedoch zuerst nur Marica reagierte und dann Miles sich auch endlich herumdrehte und mich mit großen Augen anstarrte.
„Was?", fragte Marica und wirkte wirklich so, als hätte sie keine Ahnung, was ich denn nun von ihnen wollte. „Ist was passiert?"
Mein Herz wird auseinander gerissen, das passiert, dachte ich, versuchte aber mir nichts anmerken zu lassen. „Ja, oben gibt es Probleme, wir brauchen mal kurz Miles, weil er sich so mit...Rohrreinigen auskennt..." Es klang mehr nach einer Frage als einer Aussage und Miles kniff verwirrt die Augen zusammen, nickte ihr dann aber zu und folgte mir durch die Menge, die ich aufgebracht und so schnell wie möglich durchquerte.
Ehe ich mich weiter vorankämpfen konnte, hatte seine Hand schon mein Handgelenk umklammert und er drehte mich erst zu sich um und drückte mich dann so fest er konnte gegen eine Wand.
Mein Herz begann lautstark zu klopfen und ich leckte mir über die Lippen, als er mir immer näher kam. Innerlich ärgerte ich mich darüber, ihm so schnell zu verfallen. Ich war wie eine 12-jährige, die unsterblich in ihren Mathelehrer verliebt war.
„Was sollte das?"
Das war es. Das war, was er zu mir sagte. Dieser kleine Penner.
„Das sollte ich eher dich fragen", murmelte ich und wandte meinen Kopf ab, um ihn nicht ansehen zu müssen. Zum einen aus Scham, dass ich wirklich gedacht hatte, dass er mich einfach küssen würde, und zum anderen aus purer Wut.
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Gone
Tajemnica / ThrillerAls ihre beste Freundin Josie verschwindet, kann Alicia gar nicht anders. Sie beginnt sofort mit den Nachforschungen. Zusammen mit ihrer Freundin Savannah und einem seltsamen Jungen namens Miles stößt sie auf Geheimnisse, die sie nie erwartet hätte...