Anna...
Für einen Moment stehen wir einfach nur da. Als könnte sich Wills Körper nicht entscheiden, sie in den Arm zu nehmen oder sie soweit es geht von sich abzustoßen, wackelt er hin und her. Er würde sie gerne umarmen, doch ich sehe in seinem Blick, dass etwas zwischen den Beiden steht. Seine Augen hat er deshalb weit aufgerissen. Er sieht sie an aber gleichzeitig ist er in Gedanken daran, was sie ihm mit seiner Flucht angetan hat.
Auch ihr Blick zeigt Freude, doch gleichzeitig weiß sie nicht, was sie als nächstes tun soll, um ihn nicht zu verärgern. Sie schluckt ein paar Mal schwer, wackelt ebenso mit ihrem Körper, ist bereit ihn einfach in den Arm zu nehmen, doch die unsichtbare Mauer scheint beide daran zu hindern. Die Sehnsucht ist ihr ins Gesicht geschrieben, dennoch kennt sie ihren Sohn, sie will, dass er den ersten Schritt macht.
Die Spannung ist im ganzen Raum spürbar, während er mit einem Arm über mir hängt und mit der anderen Hand das Handtuch immer noch auf seine Mitte drückt.
Als wir uns plötzlich ein klein wenig nach vorne bewegen, keucht Will kurz auf und sieht ihr in die Augen. Auch sie macht einen erleichterten Schritt nach vorn, es dauert nicht mehr lange und sieh treffen sich, was mich ziemlich überrascht.
Will versucht einen weiteren Schritt nach vorn zu machen und ich helfe ihm dabei, sehe ihn mit jedem neuen Schritt an und als sie fast vor ihm steht, will er stehen bleiben. Er zieht seinen Arm ein wenig zurück, sodass ich ihn loslasse und einen Schritt zur Seite mache, denn augenscheinlich will er das alleine klären. Sofort wird ihr Blick weicher, sie presst die Lippen vor Freude zusammen, ist froh, dass sie ihn wiedersieht. Die wahnsinnig große Liebe einer Mutter sprüht plötzlich durch den ganzen Raum, die Mauer scheint endlich verschwunden, als sie ihm liebevoll ihren Arm entgegenstreckt, um ihre Hand sehnsüchtig auf seine Wange zu legen, als Will ebenfalls seine Hand in die Höhe nimmt und sein Blick sich plötzlich von Ausdruckslos und unsicher in grausam verwandelt. Jedes Lächeln, jeder Zweifel ist schlagartig aus seinem Gesicht verstrichen, bevor er ihre Hand plötzlich unsanft zur Seite schlägt und ein paar Schritte nach vorne macht, um dann mit einer unsagbaren Eiseskälte an ihr vorbei zu gehen. Hinter ihr bleibt er stehen und erwartet mich dann. Er dreht sich nicht um, doch ich kann spüren, dass er gerade einen Schlussstrich hinter die Situation gezogen hat.
Sofort verzieht sie ihre Miene, als ihr Arm zur Seite geschlagen wird. Jedes Lächeln, jede Sehnsucht ist im Keim erloschen. Erschrocken steht sie da, schließt für einen Moment die Augen, als hätte sie eine andere Reaktion erwartet, starrt nach vorn und kann wahrscheinlich nicht begreifen, was da gerade passiert ist.
Ich sehe sie entsetzt an, bin hin und her gerissen, mich für ihn zu entschuldigen, doch das kann ich nicht tun. Sie hat ebenfalls, wie meine Mutter, ihr Kind verlassen und hofft jetzt, dass es sie nach all den Jahren wieder liebevoll in die Arme nimmt. Die Enttäuschung ist ihr ins Gesicht geschrieben. Sie dreht sich ein wenig zu mir um, mustert mich plötzlich, weil sie meine angespannte Haltung sieht und scheint dann schnell zu begreifen. »Geh schon, er wartet! «, flüstert sie wissend. Es schwingt Trauer mit in ihrer Stimme, doch versucht sie sich nichts anmerken zu lassen. Ich nicke ihr kurz zu und setze mich dann in Bewegung. Kurzerhand schiebe ich Wills Arm wieder über meine Schulter und stütze ihn dann, während wir auf die große Treppe zu gehen, als ihre Stimme dann doch ertönt.
»Solange dein Vater nicht da ist, bist du der König dieses Clans, William. Ich hoffe, du bist dir dessen bewusst «, sagt sie im ermahnenden Ton und sofort bleibt Will stehen. Ich kann spüren, wie sich sein Körper erneut anspannt, doch ich versuche ihn weiter zu ziehen. Er lässt mich erneut los und macht dann eine kleine Drehung zu ihr herüber.
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Blood Hunter Band 2
FantasyDies ist die Fortsetzung zu meinem ersten Roman "Blood Hunter". Wenn ihr diesen hier lesen wollt, müsst ihr erst den ersten Band gelesen haben ;) Anna und der restliche Trupp haben den großen Angriff gerade noch so überlebt. Doch was wird...